Vortrag auf der 14. Jahrestagung der Gesellschaft für Tropenökologie (GTÖ), Bremen

Riff kaputt!? Ein Situationsbericht aus den Tourismuszentren am nördlichen Roten Meer und Golf von Aqaba

Kochzius, M.
Centre for Tropical Marine Ecology, Fahrenheitstr. 1, 28359 Bremen, Germany

Das schnelle Wachstum des Tourismus im nördlichen Roten Meer und Golf von Aqaba sowie die ambitionierten Wachstumspläne stellen eine große Gefahr für die Korallenriffe dar. Neben den direkten Schäden durch Taucher hat der Tourismus weitere potentiell bedrohliche Auswirkungen auf die Riffe: Auffüllung des Riffdaches zur Landgewinnung; Sedimentation durch küstennahe Baumaßnahmen; Abwasser; Verschmutzung durch Müll; Übernutzung der fischereilichen Resourcen. Zahlen aus der Literatur und aus unveröffentlichten Berichten, sowie jüngste persönliche Beobachtungen vor Ort ergeben ein alarmierendes Bild: Im Jahre 1997 haben etwa 5,7 Millionen Touristen das nördliche Rote Meer in Ägypten, Israel und Jordanien besucht. In diesen Ländern standen Mitte der 90er Jahre etwa 83.000 Hotelzimmer zur Verfügung and Entwicklungspläne sehen einen Anstieg auf 223.900 im Jahre 2002 vor. Zur Zeit sind rund 19% der Riffe in Ägypten, 100% in Israel und 50% in Jordanien durch Tourismus beeinträchtigt. Sollte die Tourismusindustrie wie geplant weiter ausgebaut werden, dürften in Zukunft 30% der ägyptischen und 100% der jordanischen Korallenriffe einer touristischen Nutzung ausgesetzt sein. Die dramatisch ansteigende Zahl von Tauchgängen in den Korallenriffen wird zu einer Belastung, denn schlecht ausgebildete Sporttaucher beschädigen die zerbrechlichen Korallenkolonien. Die Belastungsgrenze für ein Korallenriff liegt nach Dixon et al. (1993) sowie Hawkins und Roberts (1997) bei 4000-6000 Tauchgängen pro Tauchplatz und Jahr (T/T/J). Diese Zahl wird derzeit in Eilat (Israel) mit 16.666 T/T/J bei weitem überschritten und ein Anstieg ist in Zukunft zu erwarten. In Sharm El Sheikh (Ägypten) war die Belastungsgrenze Mitte der 90er Jahre bereits mit 20.941 T/T/J überschritten und Hochrechnungen zeigen einen weiteren Anstieg auf bis zu 78.649 T/T/J. In Aqaba (Jordanien) fällt diese Entwicklung schwächer aus, doch wird auch hier Hochrechnungen zur Folge die Tragfähigkeit mit durchschnittlich 12.471 T/T/J überschritten werden. Im Zuge eines Anstiegs der Touristenzahlen wird auch die Bevölkerung zunehmen, was den Druck auf die Korallenriffe zusätzlich erhöht. Auf dem Sinai ist zu beobachten, daß die Infrastruktur (Trinkwasser- versorgung; Abwasser- und Müllentsorgung) mit der Tourismus- und Bevölkerungsentwicklung nicht mithalten kann. Daher kann man letztlich den Bevölkerungdruck als die größte Bedrohung für die Riffe ansehen. Dem kann effektiv nur durch eine gründliche Planung der Tourismusentwicklung auf Grundlage einer adäquaten Infrastruktur entgegengewirkt werden. Hier gilt es zu ermitteln, wieviele Hotels pro Küstenkilometer überhaupt tragfähig sind. Fazit: Sowohl Über- als auch Unterwasser muß die Belastung durch Restriktion sowie Planung auf ein (er)tragbares Maß gebracht werden, da sonst die Zerstörung der Korallenriffe zu befürchten ist. 

zurück
back

© Marc Kochzius

1