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Zwischenstand: Politische Notizen #3


Kulturpolitik in der Steiermark

Von Martin Krusche

 

Unter steirischen Initiativenleuten neigen viele zur Ansicht, es gebe in Österreich vor allem ein kulturpolitisches Krisengebiet: Kärnten. Kommt unsereiner, bescheidener Waldbauernbub, mal über den eigenen Tellerrand hinaus, erstaunt einen, daß andernorts zwei solche Zonen genannt werden. Genau! Auch die Steiermark. Aber wie? Sind da nicht enorm viele Kulturinitiativen aktiv? Ist da nicht eine effiziente IG Kultur Steiermark? Sitzen nicht sogar Initiativenleute im Landeskulturbeirat?

Landeskulturrefernt Schachner ist kaum das, was sich autonome Initiativenleute wünschen. Was solls? Und viele Leute haben nach einem halben Leben in der Szene noch immer nicht kapiert, daß Politik und Verwaltung zweierlei sind, daß sie als Gegenüber permanenten Input brauchen. Von uns. Das würde natürlich ein Mindestmaß an inhaltlichem Diskus und Organisationsniveau verlangen. Hamma nicht! Dafür eine IG Kultur, deren winziger Nachteil darin besteht, daß ihr Vorstand zwar permanent für die Szene, doch nicht mit ihr spricht. Außer in gelegentlichen Monologen der Frontleute.
Eine aktive Lobby könnte ja nach all den Jahren wenigstens auf kontinuierliche Arbeitstreffen für alle Beteiligten und einen effizienten Informationsverteiler verweisen. Ich sage nur: Informationszeitalter! Da muß ja irgendwas mit Informationsfluß, Evidenz und zukunftsweisendem Kommunikationsverhalten laufen. Zumindest bei der kulturellen Avantgarde dieses Landes. Und die sind doch wir - oder? Aber das läuft nicht.
Von der steirischen IG hört man auf solche Forderungen allerweil: Der Schachner finanzierts nicht. So konnte diese IG auch nichts mit einer bezahlten Sekretärin anfangen. Die hatte ein Jahr lang nicht mal einen Tisch, eine Schreibmaschine und einen Telefonanschluß erhalten. Schuld ist - eh klar: Der Schachner. Und? Da zog einst Wolfgang Brossmann durch die Lande, um in der Szene Basisdaten zu erheben. Während andernorts diese Stoffe ausgewertet und eingesetzt wurden, liegt das Zeug in der Steiermark seit Jahren nutzlos in irgendeiner Schublade. Warum?

Eh klar: Der Schachner wills nicht. Und wenn andere was wollen, kann man schnell feststellen, daß steirische IG-Vorstandsmitglieder ziemlich spitze und harte Ellbogen haben. Man braucht bei solchen Verbündeten wahrlich keine Feinde mehr. Aber wer das thematisiert, sieht sich schnell als Stümper oder Gegner der guten Sache angeschrieben.
Alle, die guten Willens sind, ringen momentan um ein neues Kulturförderungsgesetz. Schachner sagt, die Parteien haben sich nicht einigen können, nun sei der Landtag am Zug. Aber er sehe keine Chance, daß das Gesetz in dieser Legislaturperiode noch in den Vollzug komme. Doch die Arbeit wächst. In den letzten fünf Jahren habe allein die Zahl der Subventions-Antragsteller von ca. 1.300 auf über 2.000 zugenommen. Das schaffe nicht nur ein budgetäres, sondern auch ein administratives Problem.

Manfred Glawogger, Leiter der Kulturabteilung, beteuert, daß man personell längst überfordert sei, alles genau zu prüfen. Da gehe es um Fragen wie "Was ist was?" "Wer ist vertrauenswürdig?" etc. Und man fragt sich: "Was machen wir mit den Neuzugängen? Wer soll sich das anschauen? Woher nehmen wir das Geld?" Dazu bemerkt Schachner, daß gewisse "Gewohnheitskunden", deren Förderungswürdigkeit längst dahin sei, aus der Förderung raus müßten. Aber wer entscheide das inhaltlich? Schachner: "Da muß schon wer sterben, daß eine fixe Position mit einer bestimmten Dotierung rausfällt." Und: "Wie soll ich denn die neu Dazugekommenen versorgen? Jene, die im Budget drinnen sind, geben keinen Millimeter preis."
Wie auch immer. Es steht zur Debatte: Wie sucht man das Neue? Was ist marktfähig? Was ist förderungswürdig? Was scheidet man aus? Wäre ja interessant, wenn die steirische Szene hierzu einige Antworten formulieren würde. Aber da es diese Szene nicht gibt, werden wohl wieder Werner Wolf und Ilse Weber (Obleute der IG) diesen mühsamen Job tun müssen.

Das klingt deprimierend? Na klar! Ich geh auch lieber ins Kino, also solche Beiträge zu verfassen. Ich hätte Euch auch gerne ein bißl mehr Information angeboten. Aber weder geben Politik und Verwaltung aktuellen Stoff von sich aus her, noch ist die IG Kultur Steiermark willens und in der Lage, ein Info-Periodikum einzurichten. Ebensowenig der steirische Landeskulturbeirat, dem Ilse Weber vorsitzt und mit Aramis ein zweites IG-Vorstandsmitglied angehört.

Sollte ich was übersehen haben, bitte ich um Vergebung; ich trage die Information nur allzu gerne nach. Und: Ja, ich bin befangen. Ich war Mitglied der steirischen IG. Ich war Mitglied des Landeskulturbeirates. Ich lege hier also eine subjektive Innenansicht vor - und weiß, wovon ich rede. In der Überzeugung, daß die Zukunft neuen politischen Verfahrensweisen gehört. Wobei Informationsfluß und Kommunikationsverhalten von zentraler Bedeutung sein werden. Dann wird sich auch die paternalistische Liga umstellen müssen. In unseren eigenen Reihen ebenso wie in Verwaltung und Politik.


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