Der letzte der sieben Riesenzwerge
Triumph TR 7 Drophead
Wir alle, die Werbetexter eingeschlossen, haben diese Zeilen einige Monate lang für einen brauchbaren Gag gehalten, dabei war's die Wahrheit und nichts als sie. Ein paar neue TR 7-Roadster stehen zwar noch auf Lager und wer sie erwischt, wird wohl irgendwann ein gutes Geschäft machen, und sei's nur das wichtigste, das mit der Lebensqualität, aber im Grunde ist es aus und vorbei und Sense. Mit Triumph ist es zu Ende. Die Cabrios der Modellreihe TR sind zur endgültigen Legende freigegeben. Der goldene Lorbeerkranz Kennung der Liebkindmarke harter Sportfahrer wandert auf das Grab seiner selbst. Man hat mir vor einiger Zeit den ersten offenen TR 7 in die weit ausgebreiteten Arme geworfen. Respekt vor dem edlen Instinkt: So wurde diesem Roadster der Abschied durch einen harmvollen Tester zuteil, der selbst in seiner siebten Entwicklungsstufe steht, der wie der TR anfangs für ein Gerücht gehalten wurde, später für einen Konservativen, bald schon für einen Reaktionär, sodann für einen Sentimentalen und einen Narren und schließlich für einen Totenvogel und Nachrufspezialisten. Es kann sich nur mehr um Stunden handeln, bevor sie diese Etiketten durch jene eines Schwachsinnigen ergänzen. Dabei wäre eine fehlerfreie, präzise Zuordnung seit geraumer Zeit möglich: Schon lange, bevor die TR-Serie ins Koma kam, war ich auf Grund zahlreicher anderer Kondolenzfälle ein trauernder Hinterbliebener, der nie mehr so richtig bei Trost sein wird. Drei Stunden, bevor ich den TR 7-Drophead zurückgegeben hatte, erfuhr ich die Nachricht vom Todesurteil, das über die gesamte Marke vom rationalisierungswilligen Leyland-Konzern ausgesprochen wurde. Die Nachricht stand in der "Schweizer Automobil Revue" war daher über jede Unkorrektheit erhaben und versetzte mich in wütende Trauer. Mein erster Sportwagen war schließlich ein roter TR 5 gewesen, mit dem ungebärdigen Sechszylindermotor und einer unvergeßlichen Straßenlage. Sie pendelte um den Wert Null, was aber keineswegs den Tiefpunkt darstellte, denn im Herbst änderte sie sich mit der Außentemperatur ins reine Minus, und machte vor allem auf nassem Laub den Isaac Newton durch restlose Aufhebung der Schwerkraft lächerlich.
Seinen Neffen also haben sie nun verdammt, der letzte seines Namens zu sein.
Die erste Handlung des Tages war für das innere Gleichgewicht ebenso unentbehrlich wie für Henry Miller ein junges Fischweib vor dem Frühstück
Mein tiefer Ingrimm ob dieser vorwitzigen Entscheidung derartiges gehört vors Parlament oder auf die Liste der Volksabstimmungen befähigte mich zu einer kurzschlüssigen Tat, die weder geschmackvoll noch gottesfürchtig, für das innere Gleichgewicht aber ebenso unentbehrlich war wie für Henry Miller ein junges Fischweib vor dem Frühstück: Ich gab mir, es war grad Mittag, die erste Ölung des Tages in Form einer gestrichenen Flasche Seagrams Royal Crown". Mir ging's also noch ganz gut beim Trauern und so gab ich auch meinem silbernen TR 7 einen passenden tiefen Schluck, was ich, nach dem dritten Becher Gerstenschnaps, geschmacksicher als letzte Ölung bezeichnete: Ein Häuberl vom zweitbesten Öl Synthetics wären hier schmaler Stil gewesen , in Erinnerung an alte TR-Zeiten ein Löfferl Oberöl und zum Schluß ein Fingerhütchen von der Königlichen Krone nebst dem Saft eines Himmelschlüsserls.
Obwohl die Triumphs mit dem Himmel eigentlich nichts zu schaffen haben. Dort nützen sie uns nichts. Es müßte natürlich heißen: Fahr zur Hölle, Silberner. Dort treffen wir uns ja alle, der James Dean und sein Porsche und die alten Corvetten und die Thunderbirds jener Jahre, in denen sie diesen Namen verdienten, und die Alvis-Roadster und all unsere rasenden Motels, der Puch 650 TR Puderdose, you remember ? und "petty" MG-A und mein Gott, selbst der kleine Triumph-Herald, in Emergency-Fällen auch für vier geeignet und der offene, riesige 300er-Mercedes, den wir des Tages als Limousine für Staatsempfänge hergeborgt haben und am Abend als Araberzelt für fortschrittliche Klassentreffen.
Die Pompfüneberer, die den Wagen um fünfzehn Uhr holten, waren aus der Art geschlagen. Sie waren pünktlich, trocken um die Augen und auch sonst schlugen sie Nasses aus. Dafür krachte der TR 7-Drophead noch einmal hart mit der Ersten, weil die nüchternen Weichlinge zu zart gekuppelt hatten. Ich fand das sehr schön als letzten Gruß, und als der Auspuff am Horizont, der ein wenig aus dem Wasserlot lief, verschwand, drehte ich mich um und ging schlafen.
Leisten konnte ich mir das. Der Test war geschrieben, bevor ich besagte Nachricht bekam und er lautet wie folgt, und es wurde kein Wort geändert, weil ja eh kein Wort was ändert.
Am Vorabend der ersten Ausfahrt waren die ersten Touristen über mein Stammwirtshaus hergefallen. Mit schweren Flügelschlägen und heiseren Rufen der Erleichterung taumelten sie in die hölzernen Nischen. Schweiß von ihren Federn troff auf meine Lieblingsplätze, auf die Hocker und auf die Theke. "Guck mal, der Kaiser", sagte ein schönes, aber schwachsinniges Weib, und zeigte mit lackierten Krallen auf des Wirten Großvater, der goldgerahmt über der Gaccia hängt.
Die Okkupation hatte Tradition, war ganz und gar unausweichlich, eine Abwehr auch chancenlos. Meine einzige Guerillabewegung war ein lautes "Zahlen" ohne bitte. Mein Wirt verstand sowieso. Mit einem letzten warmen Blick, der in den Winkeln schon der Kälte seiner Gier aufs Touristengeld wich, schob er mir einen Gratis-Grappa übers feuchte Holz, sagte fahrig Nimmsleicht und Gutenacht.
Früh zu Bett gezwungen zu werden, habe ich eigentlich nur in vier Fällen gern, darunter in den folgenden dreien: eine weite Reise anderntags anzutreten, mit 5 Uhr früh am Schalter in Schwechat, oder ein neues Motorrad oder ein neues Auto im Stall, für den Morgensport. Letzteres traf zu und so trollte ich mich ohne Groll. In der Garage trat ich auf den TR 7 zu, dachte kurz nach, was mir die erste Ausfahrt am nächsten Tag bescheren könnte, und holte dann die alte Underwood heraus, auf der ich normalerweise nur mehr Anweisungen für meine Mechaniker schreibe, der erste Paragraph lautet dabei immer, hier werden die Hände gewaschen vor der Reparatur, die Autos, die ich fahre, sind schließlich keine Massenware. Aber diesmal brauchte ich keine Anweisung für Mechaniker. Der Wagen hatte mit exakt 3067 Kilometer gerade die nötigste Einfahrzeit hinter sich und angeblich keine Kinderkrankheiten gezeigt, was mich zwar argwöhnisch macht und mir nicht einmal sonderlich sympathisch ist, aber ich mußte es glauben. Was ich schreiben wollte, war ein Waschzettel für Neugierige. Die Zeiten sind vorbei, da ich die staubigen Fragen jedes idiotischen Glühers sehr gern und mit unendlicher Geduld beantwortet habe. Und so schrieb ich in Versalien für Sonnenbrillenträger und gesperrt für Gleichgewichtsgestörte und rot unterstrichen für Debile und mit Rufzeichen für Temperamentlose dieses hin:
1. Nein, er geht keine 200 ! Messungen ergaben im Schnitt 175 km/h, bergab mehr, bergauf weniger.
2. Nein, er schafft es nicht unter 10 ! Auf hundert braucht er genau 11,5 Sekunden, das gilt aber nur für tatterfreie Händchen, weil Fünfganggetriebe (vom Rover, jawoll !) enge Stufen haben.
3. Nein, er ist nicht so teuer, wie er von vorn und vom breiten Hintern her aussieht! Er ist nur so teuer wie von der Seite: 216.000 Schilling inklusive MWSt.
4. Richtig, er braucht Benzin ! Und zwar Super, weil er auf 1:9,25 verdichtet ist: 7,5 Liter bei 90, 9,2 bei 120 und 12,5 in der Stadt, was jeden interessiert, den die DIN 70030 interessiert.
5. Abermals richtig: Er hat PS ! Genau 106, macht 78 Kilowatt, das Ganze aus 2 Liter Hubraum minus einem Stamperl.
6. Ob eine Frau das Verdeck schließen kann ? Wenn Sie so viele kennen wie ich: ja. Eine derhebt mich, aber ich nicht sie. Die andere, die wir beide gut kennen, die mit den hervorragenden Fingernägeln, braucht einen Chauffeur.
Oh ja, ich bin mit dem Wagen sehr zufrieden, und dabei bin ich schon 30 Kilometer mit ihm gefahren.
Im Gegensatz zu meinen schreibenden Freunden, die Weltmeister der kurzen Form sind, neige ich zu einer gewissen seriösen Ausführlichkeit. So geriet mir auch der Notizzettel etwas zu geräumig für die Windschutzscheibe. Ich klebte ihn auf die rechte Beifahrertür. Als ich anderntags beim ersten Wirtshaus stehen blieb, trat einer von links heran und fragte, geht er 200 ? Nein", sagte ich, er geht dreihundert, aber nur auf der Pasterze, irgendwas mit dem Vergaser ist nicht in Ordnung, er braucht dünne Luft, haben Sie zufällig welche bei sich ?" Ich zeigte ihm dann, wie satt eine Beifahrertür ins Schloß fällt und ging auf einen Roßbacher mit Güssinger und ließ den Wagen stehen und fuhr mit dem Taxi heim.
Der Test beginnt also strenggenommen am zweiten Tag und ich habe das alles nur vorweg genommen, weil ich das mit den technischen Daten und der Fragerei nicht mehr hören kann, nicht einmal von mir.
Von der Seite schaut er aus wie kein anderer. Da wirkt er unendlich jung
AIso der zweite Morgen. Es war fünf Uhr, lIse Buck war noch nicht auf und auch sonst versprach es ein blendender Tag zu werden.
Dieses Summen in den Ohren, wie Meeresbrandung von weit her, zeigte mir an, daß es ein guter Tag werden würde, und es wurde der erste heiße des Jahres. Dieser ist mein wahrer Geburtstag. Die innerlich erstarrte Zeit der Kälte weicht endgültig einem Hochsommer, und es ist unvergleichlich, mit klappernden Holzpantoffeln rund um diesen Wagen zu gehen, der fast so breit ist wie lang, so daß man meint, man ginge im Kreis, und so geht man, klapp, klapp, von einem Druckknopf zum anderen, einer auf jeder Seite. Dann macht man die breiten Türen auf und greift nach den Hebeln über der Windschutzscheibe, die elegant verdeckt sind, zieht sie auf, schaltet das Radio lauter und gibt das Verdeck nach hinten. Und weil die Buck immer noch nicht da ist, opfert man gut gelaunt der Schönheit dieses Autos und fischt nach dem Schlüssel für den Kofferraum. Dortselbst liegt eine fast üppige und wie lange brauchten die Engländer, das zu begreifen großzügig zugeschnittene Abdeckplane für das zurückgekippte Verdeck.
Speichenradln wären wie eine Yakbutterkerze statt Neonlicht in der U-Bahn
Ohne sie geht es natürlich auch, mit ihr ist es sehr viel schöner. Die blaue Farbe für all das, für die Sitze, das Verdeck und die Plane, ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber gerade noch nicht amerikanisch, und ergänzt den Silberlack eigentlich recht hübsch. Und ein offener Wagen ist ja eigentlich immer schön, die Abstufungen sind eher geschmäcklerisch. Von vorn schaut der TR 7 aus wie teuerstes und schnellstes Italien. Von hinten auch, wenn er auch ein bißchen hochkommt mit der Unterkante - und die Rückleuchten, wie mein Neffe meint, ein wenig schneidiger sein könnten. Von der Seite schaut er aus wie kein anderer. Da wirkt er unendlich jung. Da braucht er noch ein wenig Verständnis. Die Keilform ist ein bißchen halbstark und man wartet eigentlich drauf, irgendwo an der Flanke ein Antiatomzeichen zu finden oder eine aufgesprühte Kleinigkeit oder ein altes Blechabzeichen, wie es früher die Marines im Südpazifik getragen haben, beim Angriff auf Midway, und wie es heute die Softies unter den Punks tragen, beim Angriff auf den Mittelstand. Aber im Gegensatz zum Coupé, das mit der totalen Keilform auffuhr, ist sie jetzt hinten sanft nach unten verflossen, was besser ist, als man auf Grund der wenigen Millimeter Korrektur vermuten möchte. Jetzt wirkt er nicht mehr so zurückgebürstet ein Vokabel, das in einem frühen TR-7-Test der AUTOREVUE, als es noch keinen offenen gab, auftauchte und mir wegen der einzigartigen Richtigkeit des Wortes in Erinnerung blieb. So wie das Auto jetzt dasteht, ist es wahrscheinlich überhaupt in Ordnung, nur ich passe nicht zum TR-7-Profil, ich und meine Hawara, der Teddy zum Beispiel. Jenseits der Dreißiger, allesamt, haben wir zwar die midlife crisis untertaucht, weil das Bleigewicht eines ausgefüllten Lebens und der über Erwarten freundlichen Damen uns bisher daran hinderte, an die Oberfläche zu kommen und genügend Sauerstoff zu kriegen, um richtig nachzudenken und zu schrecklichen, depressiven Erkenntnissen zu kommen. Unsere midlife crisis zeigt sich wahrscheinlich darin, daß wir vor unserem Beisl auf den Gehsteig treten, den Gspritzten in der Hand, das Triumph-Cabrio von der Seite anschauen und sagen, nicht ganz mein Fall.
Aber, mein Gott, was erwarten wir ? Speichenradln wären da wie eine Yakbutterkerze statt Neonlicht in der U-Bahn und wir müssen überhaupt aufpassen, daß uns die blinde Verehrung der Stilmittel der fünfziger und sechziger Jahre nicht als Impotente der achtziger Jahre ausweist, die den Hüftknick am MGA nur deswegen verehren, weil sie damals sowas noch selbst konnten.
Ich habe daher ein tiefes Mißtrauen zum Urteilsvermögen meiner Clique gefaßt. Mir ist es wesentlicher geworden, was meine kleinen Freunde sagen, die noch ihrem Führerscheinalter entgegenfiebern. Robert findet den TR 7 in Ordnung, was in der kühlen Sprache heutiger Youngsters ein Adelsprädikat ist, und Nini meint überhaupt, ein anderes Auto käme fortan nur dann in Frage, wenn ein Fernseher eingebaut wäre, in Farbe und mit Video, denn eines ist klar, der Muppet am Piano klimpert auch die Trauer über einen verlorenen TR 7-Drophead weg wie nix.
Versetzen wir uns kurz in die alten, öligen Zeiten. Wir fuhren damals die englischen Langhuber, Stoßstangenmotoren von außerordentlicher Unkultur, die behutsam warmgefahren werden mußten. Wir schlichen bei Antritt einer Reise gute zehn Minuten mit niedriger Drehzahl in tiefen Gängen durch unbewohntes Geläuf, weil's so lächerlich aussah, mit einem Healey 3000 um die Ecken zu kriechen, wie ein Gestörter. Manche haben die Prozedur psychisch nicht verkraftet, sind nach den ersten Hohnrufen verdutzter Passanten mit roten Ohren voll draufgestiegen und haben die Karre drei Häuserblöcke weiter beim nächsten Mechaniker abgegeben. Wenn die Aggregate warm waren, vertrugen sie zwar immer noch keine Jubel-Drehzahlen, aber sie hatten diesen unvergleichlichen Biß, der aus dem Keller kam, und jenes Langhuberröcheln, das du mit keinem Sonderauspuff der Welt einem modernen Quadrathuber entlocken wirst.
Beim 2-Liter-Motor des TR 7 fängt der rote Bereich erst in den vorwitzigen Höhen der Siebentausender an, sein Sound hat mich nicht befriedigt (dieser indes ließe sich mit modifiziertem Topf verfeinern), aber er hat, was wir anzuerkennen haben, wenigstens noch einen mechanischen Choker und eine kurze störrische Kaltlaufzeit.
Deutsche Tester monierten, die starre Hinterachse neige zum Versetzen, was aber natürlich gut ist. Wenn wir nur mehr Autos fahren, die kein Eigenleben aufweisen und zur Generation der Leitgestrahlten zählen, verkümmern unsere Instinkte und wir werden keiner schwarzen Katze mehr ausweichen können, die jählings unsere Bahn kreuzt.
Dennoch kam das enorm hohe Maß an aktiver Fahrfreude, das ich verspürte, überraschend. In der Mittelklasse der Traumwagen lag er darin mit dem Lotus Esprit gleichauf, dieser wie jener 2000 Kubik und ein Fünfganggetriebe. Der Lotus war insgesamt kultivierter und bissiger. Dafür ist der Drophead offen und so wird jede Geschwindigkeit um 40 km/h schneller, weshalb der TR 7 subjektiv der Rasanz des Lotus gleichkommt. Dies ist freilich auch eine Frage der gewählten Strecke. Wer mit offenen Autos die langweiligen Autobahnen befährt, verwöhnt wahrscheinlich auch Zaubermäuse mit einem Ausflug nach Jesolo und ist jedenfalls selbst schuld, nie das zu spüren, was dieser TR 7 am besten kann: Mit einer glücklichen Symbiose aus Beschleunigen in den Gängen zwei, drei und vier, zartem Driften und aufheulendem Herunterhakeln inklusive Einschleifen mittels tip toe eine Gegend zu durchkreuzen die den richtigen Rhythmus aus engen und schnellen Kurven bietet, und aus Geraden, die gerade so lang sind, daß man die Fünfte nicht braucht.
Womit wir zu einem geografischen Geheimtip aus dem Raum Wien kommen, einer Strecke ohnegleichen, deren fahrerischer Reiz internationale Vergleiche nicht scheuen muß.
Wir Globetrotteln streiten uns zuweilen herum, welche Weltgegend die schönste von allen sei. Einfach ist das nicht. Es fällt ja schon schwer, bei Weibern auf einen Nenner zu kommen, obwohl das leichter ist, weil ihr Appeal wenigstens unabhängig von Wind und Wetter ist, es sei denn, sie stehen im Regen und dann sieht die eine hinreißend aus und die andere, die im Trockenen gleichwertig war, nicht.
"Lamu", sagt Herbert, "über Lamu, Afrika, geht nix". Und weil er dabei sein zutiefst österreichisches Lieblingswort verwenden kann, fügt er neuerdings hinzu, "was schöneres sehe ich nimmer, g'wiß nimmer". Ich kontere für gewöhnlich mit ordinärer jüdischer Körpersprache und sage: "Kann sein, kann sein auch nicht. Ich tippe eher auf Kweilin, ihr wißt ja, in Shanghai rechts ab, wenn ihr von Peking kommt, oder in Kanton links hinauf, von Hongkong ausgesehen."
In solchen Momenten falle ich ihnen wunderbar Nerven, weil St. Pölten kennen sie ja ganz gut, die Bloßfüßigen, aber China haben sie natürlich nie geschaut. Ich bleibe bei der Version, Kweilin sei der schönste Fleck Erde, weil sie sich gar so ärgern, aber sicher bin ich mir nicht, ob ich recht habe. Die abgerundeten Kegelstumpfberge, die sich in unendlichen Ketten den Fluß Kweikiang entlangziehen, habe ich nur auf Ansichtskarten in aller Pracht gesehen, obwohl ich einen Tag dort entlang fuhr. Aber wir hatten die Nacht davor Stud-Poker gespielt, bis uns die Sirene zum Hafen rief. Und so sah ich die Kegeln wie in einer amerikanischen Nacht, die beim Filmen so erzeugt wird, daß man ein Schwarzfilter vors Kameraauge setzt und den armen Schauspielern mit 4000-Watt-Lichterln voll ins Gesicht fährt, damit man wenigstens sie noch sieht.
Aber nicht nur, weil ich kein brauchbarer Zeuge bin, entziehe ich Kweilin insgeheim die Spitzenstellung. Sondern weil ich aus Überzeugung und als vollblütiger Patriot seit jüngstem eine andere, eine österreichische Stelle nennen kann, dem TR 7 sei Dank. Sie befindet sich etwa 20 Kilometer weit außerhalb Wiens inmitten einer jener Strecken, die für Autos vom Schlage der offenen Triumphs wie geschaffen sind.
Von Mödling in den Wienerwald kommend, windest du dich nach Heiligenkreuz die Serpentinen hoch, die sich gleich nach dem Stift breitflächig dem ausgedrehten zweiten Gang bieten. Die letzte Kurve geht nur mehr mit Halbdampf, sonst ringelt man sich ein und fährt über die Böschung in der Diretissima zurück, was ungefähr so ein Gefühl sein muß wie die Mausefalle am Hahnenkamm. Nachher geht's eine gestreckte Gerade bergauf, auf der man kaum die Fünfte erreicht. Oben am Hügel wählt man die Abzweigung nach Mayerling.
Wenn das idyllische Wirtshaus Marienhof zur Linken auftaucht, empfiehlt sich eine erhebliche Stauchung des Geräts, was mit den vorderen Scheibenbremsen ausgezeichnet geht, sofern man die Wadeln eines Außendeckers vom FavAC hat. Hinter dem Marienhof bietet sich eine einmalige Gelegenheit, den dankbar auf den silbernen Sportwagen niederstarrenden Terrassengästen leutselig zuzuwinken, was mit unbewegtem Gesicht gar nicht so einfach ist, da die zwei engen Schlängelkurven starke Handarbeit erfordern, was im Gegensatz zum TR 3 zwar mit einer Hand geht, aber nur gerade noch. In Mayerling, im Garten des Gasthofs vor dem Jagdschloß, wird echtes Cornetto Heidelbeer geboten. Das paßt mit seinem künstlichen Aroma hervorragend zur Vermarktung vom guten Rudolf und seiner armen Mary und wer die Habsburger wirklich gern hat, nimmt doch besser einen Becher vom Roten.
Der offene TR 7 macht weit mehr her als er kostet, speziell wenn er mit der Schnauze nach vorn quer zum Zaun steht. Dies als Tip für Geizkrägen, denen es nur um Wirkung geht. Ich zähle nicht zu jenen. "Der da", sage ich zur schönen Kellnerin, "ghört mir und dir auch, für einen Tag mit anschließendem Frühstück, wennst willst". Sie will nicht und schaut kurz und verächtlich auf mein verfilztes fünfgangfarbiges Haar und da sehe ich erst, wie grundhäßlich sie ist.
Man nimmt nach dem Kaffee die Strecke retour, hinauf jetzt, beim Marienhof wieder vorbei, und die Abzweigung nicht nach Heiligenkreuz, sondern nach links Richtung Alland und dann kommst du zu einer kleinen Paßhöhe und das Land reißt auf bis zum Horizont und eine Surfwelle Laubwald geht über in eine Flutwelle Nadelwald, und dahinter noch eine und noch eine. Wenn es jemals eine Farbperspektive gegeben hat, dann diese Abstufung vom Grün einer Flasche, die mit Mouton Rothschild gefüllt ist, bis zum wässrigen Lindgrün ganz hinten, wo du Baden bei Wien vermuten kannst.
Und da steht man dann ziemlich gläubig, und setzt sich dann auf die aggressive, warme Motorhaube und schaut sich krumm, und einer um den anderen fährt vorbei und schaut neidisch auf den TR 7, statt daß er neidisch wäre auf das, was er bietet und was wir längst zum Motto unserer Cabrio-Leidenschaft gemacht haben: Den Panoramablick, den du in verlöteten Autos nie haben wirst und die Gewißheit auf der Welt zu sein.
Preis 216.000 Schilling |
Motor Reihenvierzylinder mit obenliegender Nockenwelle (45 geneigt). Hubraum 1998 ccm, Bohrung x Hub 90,3 x 78 mm. Leistung 78 kW (106 PS) bei 5500/min. Maximales Drehmoment 16,5 mkp bei 3500/min. Verdichtungsverhältnis 9,25:1. Fünffach gelagerte Kurbelwelle. Zwei SU-HS-6-Vergaser. Wasserkühlung mit Visco-Lüfter. Literleistung 53,1 PS/I. Leistungsgewicht 9,95 kg/PS. Elektrik: Batterie 12 V 40 Ah, Drehstromlichtmaschine 12 V 40 AI1. |
Kraftübertragung Heckantrieb. Einscheiben-Trockenkupplung. Vollsynchronisiertes Fünfganggetriebe mit Mittelschaltung. Untersetzungen: 3,32 2,09 1,40 1,00 0,83. Retourgang: 3,43:1. Achsuntersetzung: 3,9. |
Fahrwerk Selbsttragende Karosserie. Vorderachse: Unterer einfacher Querlenker und McPherson-Federbeine (Schraubenfedern mit Koaxialdämpfern). Hinterachse: Starrachse mit Schraubenfedern, 2 Längs- und 2 Schräglenker, Teleskopdämpfer. Vorn und hinten Kurvenstabilisator. Zweikreisbremssystem. Vorne Scheiben-, hinten Trommelbremsen, mit Bremskraftverstärkung. Bremskraftbegrenzer für die Hinterräder. Stahlfelgen 5,5 J. Gürtelreifen 185/70 HR 13. |
Abmessungen und
Gewichte Länge/Breite,'Höhe 4065/1680/1250 mm, Radstand 2160 mm, Spur v/h 1410/1405 mm, Gewicht 1055 kg. Tankinhalt: 54,5 Liter. |
Fahrleistungen 0 80 km/h 7,6 sec 0 100 km/h 11,5 sec 0 120 km/h 16,8 sec 40 100 km/h 14,5 sec |
Benzinverbrauch Nach ECE-Norm (Super) bei Tempo 90/bei Tempo 120/Stadtzyklus: 7,5,'9,2/12,5 Liter/100 km. Verbrauch in der AUTOREVUE-Testzeit: 13,2 Liter/100 km. |
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02.10.1998.