Sanctum / Lupus In Fabula Saviour Machine / Legend Part I Swans / Soundtracks For The Blind Various Artists / Mysteria Mithrae Various Artists / Terra Serpentes (2CD)
So geheimnisvoll wie das Cover und so märchenhaft wie der Titel präsentiert sich auch die Musik dieses Silberlings.
Im ersten Moment zornig und böse ("In Two Minds", "Decay", "Nightmare"), im nächsten Augenblick liebevoll und anmutig
("Little Scamp With Horns", "The Door"), in anderen Dimensionen schwebend ("Crescens", "Salvation") oder einfach nur schräg
und bizarr ("Too Real"). Sanctum bietet eine solche Fülle berauschender Gefühle, daß man keinen Moment ruhen
kann, ohne hin- und hergerissen zu werden. Sogar der potentielle Soundtrack für den kommenden James Bond-Film wird geliefert
("Inner Sanctum"). Neben diesem Abwechslungsreichtum sei auch noch auf die souveräne Frauenstimme hingewiesen, die sich
wie ein roter Faden durch die CD zieht und das gesamte Werk zusammenhält. Grandioses Werk aus dem Hause Cold Meat
Industry !
Es hat eine Weile gedauert, bis diese CD und ich zusammengefunden haben. Zu sehr waren für mich zunächst die Äußerlichkeiten ausschlaggebend, die
mich glauben machten, es handle sich hierbei um ein Heavy Metal-Album. Das schwarze Cover mit der silbernen Aufschrift, das Label Massacre Records und
die wenigen Berichte, die ich über das Projekt gelesen hatte, haben mich vor einem Kauf abgeschreckt.
Wie unrecht hatte ich doch ! - "Legend" ist ein Epos mit einer sehr pompös angelegten Instrumentierung und einem göttlichen Sänger, der mich anfangs sehr an
David Bowie erinnerte. Von diesem Vergleich habe ich mittlerweile doch etwas Abstand genommen; es wirkt wie David Bowie, aber die Stimme an sich klingt
anders; tiefer und sauberer.
"Legend Part I" ist Teil einer Trilogie über die Prophezeihungen des Nostradamus. 1999 wird schließlich der letzte Teil dieser Trilogie erscheinen; ein wichtiges
Datum für alle, die an die Prophezeihungen des Nostradamus glauben... nun ja, auch denen, die nichts mit diesen hellseherischen Dingen am Hut haben, möchte
ich das Werk ans Herz legen. Es weißt alle Merkmale auf, die ein gutes Dark-Rock-Album haben muß.
Sopor Aeternus / The Inexperienced Spiral Traveller
Sopor Aeternus / Voyager - The Jugglers Of Jusa
Ein weiteres Projekt, das landläufig zum Umfeld der neuen deutschen Todeskünstler gezählt und über das die Meinungen sehr weit
auseinander gehen, ist der ewige Schlaf von Varney; wie wir mittlerweile erfahren haben, rein biologisch gesehen doch ein feminines Wesen.
Den Gegener von gängigen Klischees wird es auch hier leicht gemacht : Schon die Aufmachung des Digipack-Covers samt Booklets läßt
keine Fehlschlüsse zu, in welchem Genre Sopor Aeternus operiert. Doch wird jeder zugeben müssen, daß die Gestaltung (mal abgesehen
von ihrem Inhalt) äußerst professionell ist. Schon allein die Imprägnierungen im Booklet, die erst in sichtbar werden, wenn man sie in einem
bestimmten Winkel ins Licht hält, sind eine Augenweide.
Doch all das soll nicht von der Musik ablenken. Die beginnt sehr mystisch-ambient begleitet von einem Digeridoo. Das anschließende
´Question(s) beyond Terms´ wird allmählich zu einem Gewebe aus Glocken, Flöten, Dudelsack, Trompeten und Pauken gestrickt. Weiter
geht es (wie bereits vom Vorgängeralbum bekannt) sehr mittlealterlich bis dann schließlich im vierten Track der Gesang einsetzt und im ersten
Moment an Jethro Tull erinnert; nicht gerade ein Vertreter der gotischen Zunft.
Das Titelstück schließlich läßt zumindest erahnen, woher Sopor Aeternus das Ma(r)ken(l)zeichen "Neue deutsche Todeskunst" bezogen haben.
Über den Text mag man geteilter Meinung sein, dennoch kann man dem sehr repetitiv angelegten Song eine gewisse Melodiösität nicht absprechen -
wie eigentlich der ganzen CD dieses Prädikat zukommt. Ob nun Akustik-Gitarren-Untermalung (Memalon), Trompeten, Geigen oder Xylophon - die Songs
sind durchweg eingängig und keineswegs depressiv gestimmt wie das Cover möglichweise vermuten läßt.
´Voyager - The Jugglers Of Jusa´ ist ein limitiertes Remix-Album von ´The Inexperienced Spiral Traveller´, wobei man die Alternativ-Versionen
ebenfalls durchweg als gelungen bezeichnen kann. Angereichert ist das Ganze durch eine sehr eigenwillige (und echte Kraftwerk-Fans abschreckende)
Version von ´Das Model´.
Das soll´s also gewesen sein ! - Ein letztes Mal beglücken uns Michael Gira und Jarboe mit einem musikalischen Werk,
daß das Schaffen der Swans in seiner gesamten epischen Breite noch einmal Revue passieren läßt. Swans : das
steht für ein sich langsam aufbauendes Erdbeben, eine glühende Masse Lava, die sich in jedem Moment in einem
Vulkanausbruch entladen und Tonnen von Energie freisetzen kann. Beispielsweise in der englischen Fassung des von
"Die Tür ist zu" bereits bekannten "Hilflos Kind" oder dem vorab auf 10´´ erschienenen "Animus". Auch "The Sound" darf bei
dieser Aufzählung nicht fehlen. Endlose Loops, die nie langweilig werden, die einen vielmehr in eine Art Trance versetzen.
Dazu eine tiefe (wenn nicht eine der tiefsten) Männerstimmen und eine mit einem natürlichen Vibrator ausgestatette
Frauenstimme, die Ausgeglichenheit wie Rebellion gleichermaßen zum Ausdruck zu bringen vermögen. Die Swans leben
auf "Soundtracks For The Blind" nochmal ihr ganzes Dasein aus und verlassen uns so auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.
Warum nur ?
Hier glaubte ich zunächst eine weitere CD aus der Sampler-Reihe von Cthulhu-Records in Händen zu halten, weist doch die
optische Aufmachung und die Zusammenstellung der Bands eindeutig die Handschrift dieses Labels auf. Doch nach näherem
Hinsehen muß man feststellen, daß dieser Release französischen Ursprunges ist (Athanor). Dies´ trübt jedoch
den Inhalt wenig. Dafür garantieren bereits bekannte Namen wie Blood Axis, Endura, Allerseelen oder Les Joyaux de la Princesse,
die ja oft im Zusammenhang mit der Doppel-Cassetten-Produktion mit Death In June genannt werden. Thematisch dreht sich alles um
die Gottheit Mithras, die Sinnbild ist für Stärke, Mut, Enthaltsamkeit, Selbstdisziplin aber auch Gewalt. Gerade letzterer
Gesichtspunkt macht es mir schwer, mich in die Gedankenwelt der Anhänger des Mithras-Kultes hineinzuversetzen. Sicherlich
wird diese Philosophie mein Weltbild auch nicht beeinflussen, da dieses doch etwas anders aussieht.
Nichts destotrotz versammeln sich auf dieser Compilation wieder eine ganze Reihe schöner musikalischer Perlen. Von den
obligatorischen folkloristischen Elementen (Ernte) über die ebenfalls immer vorhandenen düsteren Songs (Endura) bis hin
zu krachig-rhythmischen Soundcollagen (Allerseelen, gefällt mir außerordentlich gut !) ist alles vorhanden, was diesen
Sampler als Nachfolger von ´The Lamp Of The Invisible Light´ und ´Im Blutfeuer´ als würdig erscheinen läßt.
Wenn von World Serpent-Bands (kurz : WSD) die Rede ist, so sind hiermit meist die bekanntesten Vertreter wie Current 93 oder Sol Invictus
gemeint, womit dann auch ein bestimmter Musikstil verbunden wird. Daß World Serpent darüber hinaus viel mehr zu bieten hat, beweist diese
Doppel-CD-Compilation, die die gesamte Bandbreite des WSD-Repertoirs abdeckt.
Sehr erfreut war ich zunächst von dem Coil-Stück ´Heartworms´, der Coil endlich mal wieder in ihrem alten Stil mit gewohnt schrägem Gesang
von John Balance und konfusem Text ("...there´s to much blood in my alcohol...") präsentiert. Vermutlich handelt es sich dabei aber um ein Stück
aus dem Archiv.
Arkkon bieten eine sehr experimentelle Soundcollage, die sicher auch bei den Freunden der Trance-/Ambient- oder Chill Out-Szene
Anklang finden dürfte. Martyn Bates schließlich beweist uns mit seiner sanften Stimme, daß auch er sein Handwerk gelernt hat (ich möchte jetzt keinen Vergleich zu Martin Gore herstellen,
da ich nicht genau weiß, ob diese Assoziation nicht doch nur vom gleichen Vornamen herrührt); fast ein A-Capella-Stück, lediglich einige Musen
sorgen für Background. Chris & Cosey bieten uns schließlich mit ´One Minute More´ ein für sie typisches Stück; äußerst sphärisch und sequenzig. Von
Bryin Dall hatte ich bislang noch nichts gehört; sein ´May You Never Be Alone Like Me´ könnte aber sehr gut als eine ruhige Gothic-Rock-Ballade
bezeichnet werden wie sie auch Love Like Blood hätte schreiben können. Gesanglich orientiert sich Dall allerdings mehr an Nick Cave. Ein bißchen
in diese Richtung gehen auch Loretta´s Doll, die allerdings einige Blubbersounds in ihr ´Love Is Regret´ eingebaut haben.
Auf Current 93, Kapo!, Elijah´s Mantle, Moon Lay Hidden Beneath a Cloud, Nature And Organisation, Orchis, Sol Invictus und Strength Through Joy braucht man hier
eigentlich nicht näher eingehen, da sie für sich charakteristische Stücke zum Sampler beitragen; teilweise auch nicht gerade die Besten.
Schräg und interessant ist da schon eher Roger Doyle, der sicher auch gut auf die ´A Storm Of Drones´-Compilation gepaßt hätte. Die Lemon Kittens
liefern einen schrägen Rhythmus mit schrägem Gesang und im Hintergrund einen Sample, den man von Death In Junes ´The Fog Of The World´
bereits kennt - genau hinhören, er ist da !
Zum Schluß möchte ich auch Boyd Rice und Tiny Tim nicht unerwähnt lassen. Ersterer begibt sich mit seinem abgespacten Hammond-Orgel-Stück irgendwo
in die Zeit der 50er/60er Jahre (genial !), während letzterer seinem Ruf als Trobadour mit Klampfe (sorry, nicht böse gemeint) treu bleibt.
Insgesamt also eine sehr abwechslungsreiche Zusammenstellung, die auch dadurch Aufwertung erhält, daß die meisten Stücke sonst
nirgendwo anders erhältlich sind.
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