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CD-Kritiken

November 1998

Mother Destruction / Hagazussa (CD)

Mehr Dance statt Trance könnte die Kurz-Formal zum neuen Album von Patrick O´Kill und Amodali lauten, wobei der Schritt vom letzten Studioalbum "Pagan Dance" trotz der langen Pause nicht so groß ist, daß er nicht nachvollziehbar wäre.
Im Gegensatz zu den Live-Performances, auf denen Amodalis rituelle Gesänge die Atmosphäre der Stücke maßgeblich mitgestalten, dominieren auf der CD "Hagazussa" die Tribal-, Jungle- und Breakbeat-Percussiongewitter von Patrick, die um einige exotische Samples und Loops angereichert wurden.
Auf dem 4.Track "Kalamaya" sind die Gesangsspuren Amodalis dann erstmals dezent in ein Geflecht aus orientalischem Dub eingeflochten. Die nachträglich verfremdeten Stimm-Samples werden mehr in Form von Effekten verwandt, was den Songs einen zusätzlich mystischen Touch verleiht.
War es auf Sixth Comm´s "Grey Years" noch der "Shark Fuck", so nähert sich Amodali auf "Teczoid, Honey Man" wieder mehr den menschlichen Sexualtrieben. Oder soll der "Motherfucker" eher Naturverbundenheit zum Ausdruck bringen ? - Wie dem auch sei, in jedem Fall geht das Stück gut ab.
Mehr in die Ambient- und damit letztendlich wieder in die Trance-Richtung gehen "Vanaheim" und "Calyx", die mich noch am ehesten an die ersten Mother Destruction-Performances anno 94 mit den Runen-Projektionen erinnern.
Den grandiosen Abschluß bildet schließlich das explosiv-aggressive "To Odr", daß Mother Destruction von einer mehr krachigen Seite zeigt. Zudem ist bei diesem Stück Amodalis Stimme größtenteils "naturbelassen", so wie wir sie von den Konzerten her gewohnt sind, was das Stück auch gleich um Einiges energiegeladener macht.
Eine wirklich gelungene Fortsetzung der beiden Pagan Muzaks.

Kirlian Camera / The Ice Curtain

Nach nunmehr 18 Jahren im Musik-Business ist es für Angelo Bergamini an der Zeit, Bilanz zu ziehen und uns mit "The Ice Curtain" eine Rückschau auf das Schaffen seines Projektes Kirlian Camera zu ermöglichen.
Das Material verteilt sich auf zwei CDs, von der sich die erste CD überwiegend mit den in den 90er Jahren erschienenen Werken befaßt. Hier versammeln sich dann auch ein Großteil der bekannten Hits wie "Eclipse", "Heldenplatz", "The Desert Inside" oder auch "Twilight Fields"; teilweise in remixter Form, was im Falle der Soundcheck-Version von "In The Endless Rain" (gesungen von der neuen K.C.-Sängerin Barbara Boffelli) sogar zu einer klaren Steigerung gegenüber der Ursprungsversion geführt hat. Im Falle von "Eclipse V4" kam es sogar zu einem Quasi-Duett von Emilia Lo Jacono und Barbara Bonfelli, da Angelo die neuen Gesangsparts von Barbara mit Refrain-Samples von Emilia kreuzte.
Die zweite CD dagegen beinhaltet die größtenteils nicht mehr erhältlichen Releases der 80er Jahre in unveränderter Form, die durchweg einen poppigeren Charakter aufweisen wie etwa die von Simona Buja gesungenen Tracks "Blue Room" und "Ocean", die mich persönlich an andere Größen aus dieser Zeit wie z.B. Propaganda erinnern. Auch die Ursprungsversion von "Eclipse" aus dem Jahr 1984 ist hier nochmals vertreten und man hat so die direkte Vergleichsmöglichkeit zur 98er Version auf CD1. Der Stilwandel wird hier (nicht nur aufgrund der fehlenden Gitarren in der 94er Version) recht gut deutlich, auch wenn Bezüge zur Jetzt-Zeit schon damals vorhanden waren (z.B. in "Tor Zwei" oder "Celephais", letzteres in einer stark verkürzt-verrauschten Version).
Minimal waren sie im Prinzip schon immer, jedoch haben K.C. im Laufe der zwei (fast) vergangenen Jahrzehnte an eigenem Profil gewonnen, was diese Compilation sehr deutlich macht.

And Also The Trees / The Silver Soul

Vor And Also The Trees kann ich immer nur wieder den Hut ziehen. Während andere Bands aus dem Gothic-/Dark Romantic-Genre weiterhin auf einer vorgezeichneten Linie aus fest definierten Sounds und Songstrukturen ihre Stücke zusammenbasteln (hier und da schon mal mit einigen modernen, allgemeinverträglichen Einflüssen versehen), haben die Trees seit ihrem 93er Album "The Klaxon" immer mehr ihren eigenen, durch die 50er-Jahre-Shadows-Gitarren-beeinflußten Stil verfeinert und mit "The Silver Soul" zu einem vorläufigen Höhepunkt gebracht.
Als Gegenpart zum 96er "Angelfish", in dem es mehr um das glorreiche Amerika der 50er Jahre ging, widmet man sich nun den dunkleren, schmutzigen Seiten dieser Ära. Dennoch gerät das Werk nie in eine abgrundtief schwarze Stimmung, wofür die zur Bewegung anregende, angetwistete Melange aus flirrenden, manchmal etwas countryhaft wirkenden Gitarren, einem groovenden Baß, flottem Schlagzeug-Spiel und dezenten Hammond-Orgel-Einsätzen sorgt. In "The Cyclone" wird es gar ein wenig flamencomäßig und spanisch.
Doch zu keinem Zeitpunkt verlieren die Trees ihre eigene romantische Note, zu der natürlich nicht zuletzt wieder einmal Stimme und Texte von Simon Hugh Jones beitragen.
Auch das traditionsgemäß von den vielen Alben her bekannte Instrumental ist mit "Where The Souls Meet" mit wabbernden Gitarren vertreten.
Das Besondere an den Trees ist, daß sie es trotz des von mir sonst so verschmähten Blues-Sounds, den ihr Album zweifelsohne hat, schaffen, mich voll in ihren Bann zu ziehen. Das macht "The Silver Soul" mal wieder zu einem der Alben des Jahres.

Tor Lundvall & Tony Wakeford / Autumn Calls

Nicht ohne Grund steht der Name Tor Lundvall gleichberechtigt neben Tony Wakeford alias Sol Invictus auf diesem Silberling, denn nach den Informationen des CD-Booklets war er der Initiator dieses fast durchweg instrumentalen, sehr klassisch-ambient orientierten Klanggebildes, das quasi eine akustische Umsetzung seiner Gemälde und Bilder darstellen soll.
Wer schon einmal mit Tors Kunst in Berührung gekommen ist, wird sicher sehr schnell einen Zusammenhang zur gebotenen Musik finden. Der Titel der CD ist Programm; der Herbst in all seiner Vielfalt, mal trist, mal bunt, wurde hier zu Schall geformt. Geigen, Harfe, Oboe, Flöte, Synthscapes und auch das in letzter Zeit sehr oft bemühte Didgeridoo treffen hier sehr sphärisch-kühl, aber doch verträumt aufeinander.
Es sind sehr kurze Impressionen, die Stücke schwanken größtenteils zwischen 1:30 und 2:00 Minuten. Doch die Wechsel sind fließend. Hier und da wird es schon mal sehr experiemntell; wie etwa in "Shearing", in dem Geigen und Gitarren aufheulen wie bei einem aufkommenden Sturm. Doch im nächsten Moment wird es wieder ruhig ("Clear View From Above") und wir können in die Ferne blicken.
Tor Lundvall beschreibt nordische Landschaften, deren Reize und Schönheit sehr oft im Verborgenen liegen, zweifelsfrei aber doch vorhanden sind, wenn man nach ihnen sucht. "Das Offensichtliche verdeckt meist das Wesentliche".
Zu guter letzt noch ein Hinweis für diejenigen, die auf Tonys Gesang auf "Autumn Calls" warten : Diese Leute müssen sich bis kurz vor Schluß der CD gedulden, denn erst in "Autumn Calls" selbst gibt sich der Barde für einen kurzen Wimpernschlag die Ehre.

Various Artists / Ant-hology

5 Jahre Ant-Zen - das heißt : 5 Jahre Industrial der gehobenen Klasse. Und doch nicht nur Industrial wie diese Werkschau zum Jubiläum eindrucksvoll beweist.
Neben einigen älteren, seit langem vergriffenen Exponanten aus der Zen´schen Schmiede, wird auf der Doppel-CD "Anthology" auch Live- und unveröffentlichtes Material geboten.
Den Auftakt machen Moata Omen mit ihrer Hommage an J.R.R.Tolkien´s "Herr der Ringe"; zumindest einige Fetzen des Ringspruchs sind trotz starker Verzerrung eindeutig wiederzuerkennen.
Imminent Starvation gehören mittlerweile ja auch schon zu den größeren Acts der Industrial-Club-Szene und ihr Beitrag "Tentack" wird sich sicher einen Weg durch die Discotheken dieses Landes stampfen. Ohrwurmcharakter ist garantiert.
Noisex liefert dagegen für meine Begriffe ein etwas lauhes Stück ab, wohingegen Ars Moriendi mit dem alten Act16 "Endlich!" ziemlich manisch daherkommen. Könnte durchaus auch aus dem Hause Arafna stammen.
P.A.L. knüppelt uns ebenfalls ein bisher ungehörtes Stück in die Ohren; leider fehlen auch hier ein bißchen die Ecken und Kanten. Hypnoskull alais Patrick Stevens liefert einen weiteren Mix seiner "Rhythmusmaschine" ab, auch da hätte ich ein neues Stück mehr begrüßt.
Es folgt ein "Klassiker" von Stigma, indem die Maschinen toben - Produktivität : 100%.
Nun beginnt es zu fiepen - Morgenstern durchbrechen zum ersten Mal für einen Augenblick den Reigen der brachial-kaputten Sounds, um schließlich in eine Donner-Percussion zu überführen.
Synapscape lassen mit ihren Rhythmus-Sequenzen den Körper wieder ordentlich zucken, Sigillum S dagegen zeigen sich etwas struktur- und profillos.
Was DKF zu Beginn ihres "Ethnatic" gesampelt haben, wird wohl auch nur eingefleischten Spezialisten vorbehalten sein, insgesamt aber doch ein fieses Stück mit viel Pfeifen und verzerrten Vocals. Asp verarbeiten Didgeridoo-Samples in ihrer aus kurzen Krach-Loops bestehenden, stampfenden Hymne. Die Live-Version von Sonars "Dislocation" ist im Vergleich zur 10´´-Version enttäuschend; die großen Namen bekleckern sich auf dieser Compilation nicht gerade mit Ruhm.
Zum Ende des 1.Teils bieten uns Vromb noch ein fast 11-minütiges Rhythmus-Stück, das weniger brachial, dadruch aber auch abwechslungsreicher wirkt.
Nach Pineal Glands kurzem "Intro" wird mit der "U-Bahn-Fahrt" von Stromlinie der ruhigere Teil dieses Samplers eingeleitet. Ein faszinierendes Stück Zukunft auf Schienen.
T.G.V.T. hat´s der Herzschlag angetan, der mit orientalischen Elementen angereichert wurde. Düster und soundtrackartig wird es bei "Stone Glass Steel", wenn man mal von dem Telefongelaber über irgendwelche wichtigen Industrial-Releases absieht.
Auf dem zweiten Beitrag von Synapscape (im Asche-Remix) steht man kurz vorm Mord; nur wer hier wen umlegt, das weiß so recht wohl keiner. Sehr schön ist auch das Trommelstück "The Black Lodge" von Das Schreckenskabinett, welches ursprünglich von der 4 Belgians-Single stammt. Und geradezu orchestral wirkt das schwebende "Awakening" von Nightmare Lodge, das im Rahmen dieser Zusammenstellung sehr angenehm überrascht. Irgendwann muß man ja auch mal entspannen...
Der Beitrag von Mondblut stammt mal wieder aus den Anfangstagen des Labels (Act10) und bemüht als Sample-Gast keinen geringeren als den Massenmörder Manson.
Für Ah Cama Sotz ist "The Howl of the Werewolf" ein untypisch unrhythmisches Stück; mehr so in Richtung Megaptera - doomig, aber gut.
Auch die restlichen Beiträge der zweiten Anthology-CD sind der ruhigereren Schiene zuzordnen, wobei mir noch das an Wal-Gesänge erinnernde Stück von Telepherique und die Hybrids ganz gut gefallen.
Diese Kopplung ist nicht nur was für den hargesottenen Industrial-Fan; wer einen Einstieg in dieses Genre finden will, ist mit Anthology ganz gut beraten.

Weitere Rezensionen vom Mai 98



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Zuletzt aktualisiert am 17.Oktober 1998


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