Vorbemerkung: Dies ist ein abgelegter Dissertationsplan, auf dem Stand vom 1990 belassen, wo er auch bleiben wird.
Vorarbeiten zu diesem Thema gab es keine - schon gar nicht von seiten der "Arbeitsstelle", es ist also alles auf meinem Mist gewachsen - lauter zarte Pflänzchen in einer ungelüfteten Suhle.

Die zweifellos zahlreichen Tipp- und sonstigen Fehler gehen auf Kosten von Textbridge, die (physische) Qualität der Scanvorlage und auf meine Unlust, abgelegte tote Sachen auch noch korrekturzulesen oder gar aufzuarbeiten.
Sorry, that was it.


Wer sich trotzdem durchwühlt, wird sehen, der Stoff der "Arbeitsstelle" reicht zu zwei oder drei 30-Seiten-Aufsätzen oder zwei oder drei Dissertationen, zu mehr nicht.
Außerdem ist das Stoff für Komparatisten, weniger für bloße Germanisten. :-)

Oder man guckt mal, wie das Thema in Freiburg behandelt wird: Wirklich "wissenschaftlich"!


BIOGRAPHIEN VON ÜBERLEBENSKÜNSTLERN
Lebensläufe in und aus einer Grenzregion. .

(Exposé zu einer Dissertation, von Hartmut Dietz)



I Eingrenzung (Definition) des Stoffs

II Ziele, Fragen und Methoden der Arbeit


III Sekundärliteratur (in Auswahl)




I DEFINITION DES STOFFS
Mit ,,Grenzregion" ist die deutsch—französische, vom Elsaß über Lothringen und das Saarland bis Luxemburg gemeint. (Aus Gründen der Kontrastierung sollen Exkursionen z.B. in die deutsch—slawische Grenzregion, etwa zu August Scholtis ,,Ein junger Herr aus Bolatitz", oder Horst Bieneks Romanen, nicht ausgeschlossen werden; diese Bemerkung ist hypothetisch, wie die gesamten folgenden Ausführungen.) [Es gibt/gab keineVorarbeiten zu diesem Thema]. Ursprünglich war eine Untersuchung von Autobiographien der genannten Regionen geplant; kursorische Lektüre (z.T, z.T. sind die Texte auch noch zu beschaffen, was B. Isemann und vielleicht auch Marianne Oswald angeht,- s.u.) der gefundenen (etwa 40-50, je nach Definition) Texte legt aber eine Erweiterung des zu untersuchenden Materials (dem zu untersuchenden Genre nach) nahe als auch eine Präzisierung, was Themen~fragen und Stoffe angeht; an umfangreicheren Autobiographien von Autoren sind nicht allzu viele zu finden (bisher), von der Aussagekraft einmal abgesehen: Als Autoren sind zu nennen Friedrich Lienhard und August Schneegans; Hermann Stegemann, René Schickele, Friedrich Spieser, Paul Bertololy, Gustav Regler, Otto Flake und, in Richtung des Memoiren— Typus gehend, Hans Otto Meissner, mgw. auch die Kindheitserinnerungen von Albert Schweitzer und Claus Reinbolt sowie die Erinnerungen von Peter Wust, oder auch, nicht allzu ergiebig, Max Ophüls. Daneben finden sich eine Reihe von Politiker-Memoiren: Aus der wilhelminischen Zeit vom Grafen Dürckheim und einigen Beamten, vom Metzer Bischof (kathol.) und besonders eine Reihe von ,,Rechtfertigungs"-Autobiographien ehemaliger ,,Autonomisten", - oft eher Separatisten mit nazistischer Vergangenheit, in der die Reichs-Ideologie der 30er und 40er Jahre dem Zeitgeist entsprechend in eine konservative Europa—Ideologie umgewandelt wurde, nach der ,,großen Pleite" (Meissner) des NS. An autobiographischen Romanen wären besonders Alfred Pellons ,,Gozell Garin. Chronik eines Lothringer Vaganten, 1942) zu nennen (noch nicht ganz gelesen, ich habe ihn zunächst für einen regelrechten, d.h. üblichen, Roman gehalten), und besonders ,,Die Linden von Lautenbach" von Jean Egen (1983), das wahrscheinlich beste, jedenfalls lesbarste Stück des gesamten Korpus (ohne Regler und Flake unrecht tun zu wollen; s.u.). Bestimmte Beobachtungen an einigen der genannten Autobiographien haben mir, im Zusammenhang mit analogen Erscheinungen der rein fiktionalen Erzählliteratur der Regionen, eine Richtungsänderung der gesamten Arbeit zum Biographischen hin, also inklusive Biographien und ,,biographischer" Romane - der Begriff müßte expliziert werden — als sinnvoller erscheinen lassen; eingehendere historische Untersuchungen, bes. zu der Zeit zwischen den Kriegen und der unmittelbaren Nachkriegszeit (1945 ff.)

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fehlen oder sind mit Mißtrauen zu betrachten, auch und gerade die wenigen deutschen, die m.E. gelegentlich den ,,Zeugen"—Aussagen von deutschen Übberlebenden auf den Leim gegangen zu sein scheinen,— was die Untersuchung von Politiker-Memoiren nicht gerade erleichtert; literarisch sind diese Memoiren (Bickler, Antoni, Ernst, z.T. auch Spieser, der einen Sonderfall darstellt,- s.u.) wenig ergiebig, es sei denn, man könnte wirklich literarisch—formale ,,Lügensignale" dingfest machen an derartigen Rechtfertigungs— und Verdraängungsprodukten (s.u. zu Lügensignalen) Was mir an den Autobiographien vor allem von Friedrich Spieser, aber auch August Schneegans, und in einem speziellen Sinn bei Bertololy, aufgefallen ist, entspricht einer gewissen Tendenz des Genres im allgemeeinen, findet sich aber auch, wie gesagt, in Romanen, so daß es lohnend erscheint, dem Thema zu folgen: Alle Autobiographen (vgl. Sloterdijk) zeigen die Tendenz, das individuelle Leben mit symbolischer Bedeutung zu überhöhen, es zum Repräsentanten eines — irgendwie gearteten — Allgemeinen, Uberpersönlichen zu machen,- Sloterdijk nennt das Phänomen ,,Relevanzproduktion‘ zurück-gehend auf die ,,verstehende Soziologie" des Alfred Schütz (,,Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt", 30er Jahre). Dieses Bestreben äußert sich bei den genannten Autoren (bei Regler und Flake z.B. anders) als Bestreben, sich selbst als Symbolfigur der Region zu stilisieren: Spieser als angebl. ,,Brückenbauer" (s.u.) zwischen den Nationen, Bertololys Landarzt wird zum mythischen Typus des vorindustriellen Menschen,(im Zusammenhang mit der Heimatbewegung zu sehen), Schneegans, der ehemalige ,,Protestler" von 1871 und nachmalige deutsche Diplomat in Italien, sieht sich/möchte gern gesehen werden als Avantgarde seiner Landsleute, was die Verständigung mit Deutschland, das Arrangement mit den neuen,- für dauerhaft gehaltenen -Herren betrifft. Ähnlich hat Friedrich Lienhard seinen Weg vom Elsaß nach Weimar (Goethe!) auch als repräsentativ gesehen; z.T. findet sich bei ihm, ähnlich wie später bei Spieser u.a., ein mehr oder weniger bewußtes Streben danach, deutscher als die Deutschen zu sein,- gewiß nur ein Aspekt an Lienhards Werk und Person. Den Typus des Märtyrers des deutschen Elsaß hat P.C. Ettighoffer in zwei Biographien dargestellt, einmal vor und einmal nach 1933; märtyrerhafte Züge trägt die Heldin des — wahrscheinlich auch autobiographisch bestimmten Romans ,,Der Weg in die Heimat" (1935) der Polly Maria Höfler: Sie stilisiert ihre ,,Jeanne Martin" in Richtung einer deutschen Jeanne d‘Arc, die sich in der Weimarer Zeit der Übergriffe einer Reihe von — nicht englischen Soldaten -sondern jüdischer Herren (erfolgreich) zu erwehren hat; Hitler wird sozusagen zu ihrem ,,Dauphin" — diese Heilige Johanna des Deutschtums ist allerdings eher passiv, weniger kriegerisch als die französische National— heilige (lt. Friedrich Sieburg, ,,Gott in Frankreich‘. Das Motiv würde eine spezielle Untersuchung lohnen, auch bei A. Pellon, der eine Erzählung mit dem Titel ,,Die falsche Johanna" geschrieben hat, vgl. auch ,,Gozell Garin"; bei dieser Variation eines Stücks aus der politischischen Mythologie der anderen Seite handelt es sich um ein Beispiel von ,,Interferenz"— 2 Phänomenen). Diese Beispiele mögen belegen, daß es sinnvoll erscheint, statt gattungsgebunden vorzugehen, Lebensläufe und ihre symbolisch—typische Verdichtung in einzelnen Figuren zu untersuchen, in Autobiographien, Biographien und ,,biographischen Romanen", d.h. Romanen, die in erster Linie den Lebensweg einer Mittelpunktsfigur erzählen; als Beispiel für letzteren wäre etwa auch der (freilich als nazistischer Propagandaroman zu lesende) Roman ,,Zwischen den Mächten" der Anna Maria Falkenstern (=Pseud.) zu sehen (1942). In einer Region mit Identit äsproblemen waren literarische Erfindungen erwarten, die Identität gerade stiften sollen, durch Identi-


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fikationsangebote an den Leser - diesem Thema nachzugehen, erscheint mir sinnvoller als eine amorphe Masse von Autobiographien chronologisch abzuhandeln. Da ,,Region" ein Auswahlprinzip der Arbeit ist, wäre eine erste mögliche (und sehr grobe) Gliederungsmöglichkeit das Verhältnis (Verhalten) der Autoren zu eben ihren Regionen, zu ihrer Heimat; Verhaltensforscher unterscheiden u.a. zwischen Nesthockern und Nestflüchtern; eine psychologische Analogie dazu stellt wohl Michael Balints Typenpaar Oknophile und Philobaten dar (wäre genauer zu untersuchen), aus literaturwissenschaftlicher Sicht wären Heimatliteratur und pikarische Literatur die beiden Pole. Wie bei allen derartigen Konstruktionen ergeben sich natürlich Mischungsverhältnisse der beiden ,,Idealtypen" (M. Weber): Heimat ist für ihre Autoren oft auch ein Fluchtpunkt, aus der Stadt, der modernen Industriegesellschaft o.ä.; andererseits ist die Flucht aus dem Nest nicht selten eine Vertreibung (s.u.) usw. Als heuristisches Prinzip mag diese Unterscheidung doch nützlich sein, für eine erste grobe Einteilung. Für das erste der beiden Hauptkapitel, HEIMAT, wären folgende Autoren zu betrachten ( Charakterisierung der Werke weiter unten): Lienhard, Bertololy, Spieser, Isemann; unter typologischem Aspekt die beiden Biographien von Ettighoffer, dazu mgw. Pellon (noch nicht ganz gelesen, der Untertitel ,,lothr. Vagant" kann auch in die zweite Richtung weisen) und auch der ,,Muzot" von Mungenast, der ja wohl als Symbolfigur Lothringens gemeint ist; mgw. auch sein erster Roman, ,,Christoph Gardar". Schwer einzuordnen ist Hermann Stegemann, dessen Lebensweg, von Koblenz über das Elsaß in die Schweiz, in die ,,Heimat"-Sparte einzuordnen ist, ebenso wie seine Romane und das hostor. Werk über den ,,Kampf um den Rhein Ein Unterkapitel sollte politischen Memoiren gewidmet sein: Solchen, die sich auf die Kaiserzeit beziehen, wie die des Grafen Durckheim, die des Bischofs von Metz, Benzler, die Alexanders von Hohenlohe sowie die des frühen Autonomisten Zorn von Bulach. Dazu kommen eine Reihe von Rechtfertigungs-Schriften ehemaliger Autonomisten aus den 50er und 60er Jahren: V. Antoni, Robert Ernst, Hermann Bickler. (Spieser ist unter gewissem Aspekt eigentlich ebenfalls hierher zu rechnen, verddient aber eine ausführlichere Behandlung, s.o.). Ein mgw. ergiebiges Unterkapitel sollte, von dem Mißtrauen ausgehend, das den ,,unsicheren Kantonisten" der Regionen von deutscher wie französischer Seite entgegengebracht worden ist, um die Themen Opportunismus, Verrat, Desertion, Kollaboration, Ma1gré-nous u.ä. kreisen. ,,Lorrain vilain, trahit Dieu et son prochain" (zitiert bei Ernst Bertram in seinem Buch gegen Barrès, ,,Rheingenius und génie du Rhin") ist nur zufällig ein französisches Sprichwort, von Antoni bis Mungenast gehen fast alle Autoren auf dieses Thema ein, Louis Bertrand hat etwa 1920 einen Essay mit dem Titel ,,Nous autres Lorrains: La légende de notre mauvais caractère" veröffentlicht. Wieder unter typologischem Gesichtspunkt wäre hier mgw. von dem ,,Hans im Schnokeloch", nicht nur Schickeles, auszugehen. Der Luxemburger Nikolaus Hein hat 1948 eine Novelle m.d. Titel ,,Der Verräter" veröffentlicht, die allerdings 1830, zur Zeit der belgischen Staatsgründung, spielt. Beginnen müßte man wohl chronologisch mit den Memoiren von Schneegans. Passend wäre auch der Roman ,,Der Grenzlandteufel" des nicht mehr identifizierbaren Charles Merckling. Außerdem gibt es einige Erinnerungsbücher ehemaliger Mitläufer und Kollaborateure, so von Stroebelund Wurch, dazu auch Dumser.

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Zum Thema Verrat, doppelte Loyalität o.ä. ist mgw. das Buch der Margret Boveri, ,,Verrat im 20. Jahrhundert" aufschlußreich, das aus existentialistischer Persektive der 50er Jahre sich dem Thema nähert; der im Elsaß geborene Hans Otto Meissner hat einen, allerdings (leider) nicht regionalbezogenen Roman zum Thema geschrieben, über den Spion Richard Sorge, den er aus seiner Tokioter Zeit als Diplomat selbst kannte, und einen Nietzscheschen Macht- und Übermenschen ohne Moral aus ihm gemachte wohl zu Otto Flake sollte ein weiteres Kapitel gewidmet werden, ebenso René Schickele. Das zweite Hauptkapitel, FREMDE, könnte in freiwille und unfreiwillige ,,Nestflüchter" aufgeteilt werden; zu den ersteren wären Hermann Wendel zu zählen, Norbert Jacques, Regler, Meissner, Ophüls, Ruelf, dazu mgw. Marianne Oswald und vielleicht auch Albert Schweitzer. Vertreibung aus der Heimat schildern Abel, Falkenstern, Höfler. Nachtrag: Unter das Opportunismus-Kapitel wäre mgw. auch das Thema Desertion zu subsummieren, mit einem Seitenblick auf Romane von Barrès und Bazin. Das Thema spielt auch bei Falkenstern und Egen eine Rolle. Zum Abschluß wären neuere Werke zu betrachten, besonders Jean Egen, mgw. auch Hang und Römbell (?).


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Kommentierte Bibliographie der Primartexte: (unvolist., kursorisch, in der o.a. Reihenfolge)


1 Nesthocker

ABEL, Hans Karl: Was mein einst war.
Poesie und Prosa. Stgt. 21918.Schildert das Leben auf seinem im 1. Weltkrieg von den Deutschen zerstörten Landgut bei Mctzeral/Elsaß, A. war vor allem wohl Dialektdichter. Von besonderem Interesse ist sein Roman ,,Die elsässische Tragödie. Ein Volksroman" (erste Version 1911,? Neu 1918 u.d. T. ,,Ruf in der Nacht"). Gecshildert wird, ausgehend von einem elsassisch— französischen Sündenfall, eine Art Reinigungs— oder Entwelschungsprozeß in Form einer Familiengeschichte, die der Hoffnung auf ein allmähliches Wiederdeutschwerden des Elsaß beim Autor entspricht; Glaube an den primär deutschen Chjaraktcr des Elsaß, ohne Aggressionen gg. Frankreich, aber durchaus auch mit Kritik an Deutschland. Wäre u.a. für Deutschland— und Frankreichbild interessant:

Der junge Deutsche am Ende des Romans, ein Musiker und Naturliebhaber, entspricht in etwa dem Deutschland—Bild der Mme. dc Stael, sein Großvater, ein ehem. napoleon. Soldat, ein frankophiler Elsässer, eher dem frz. Deutscnlandbild der Zeit,— wenn er auch nicht direkt als ,,Militarist" geschildert wird, sondern als Nachkomme eines frz. Soldaten, der eine elsäss. Bäerin verführt hat (s.o. ,,Sündenfall").

FALKENSTERN, Anna Maria: Zwischen den Mächten. Bln. 1942.(Name ist wohl Pseudonym ?) Schildert den repräsentativ gemeinten Lebensweg eines jungen Elsässers von etwa 1920 bis 1938, dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reicn, mit ex post- Prophezeiung oder mgw. auch Appell, da ein formaler ,,Anschluß" nie erfolgte. Militärdienst, Desertion, Gefangenschaft, Autono— mismus usw. sind zahlr. Motive, die auch in anderen — auch späteren, vgl. Egen — Romanen aus der Region erscheinen Ebenfalls aufschlußreich für das dt- Frankreichbild. Typus des Märtyrers, darin Höfler vergeichbar. (Thema Desertion vgl. auch Bazin und Barrès).

HÖFLER, Polly Maria: Der Weg in die Heimat. Mchn. (Eher) 1935.Der Roman soll in der aus Lothringen 1918 ausgewiesenen Jeanne Martin/Johanna Martin eine Symbolfigur des ,,Grenz— landmenschen" schaffen; aggressiv ist der Roamn weniger gegen Frankreich (mit Ausnahme der frankophilen Lothringer in Metz, ihrer Heimatstadt) als gegen die Gleichgültigkeit der deutschen Landsleute, und gegen das Weimarer System, das sich in Höflers Augen auf eine Galerie jüdischer Herren reduziert, vom Kommunisten über den Gecshäftsmann (Vergewaltigung) zum Intellektuellen, die ihr auf den Fersen sind; Anklänge an Jeanne d'Arc: Hl. Johanna des Deutschtums, gelegentlich, nicht ganz durchgeführt; Hitler ihr ,,Dauphin", auf den sie — anders als die histor. Johanna ,gewartet hat, wie auf einen Messias. Ihre ,,Grenzland"—Mentalität erinnert an die Front—Etappen—Gegensätze der Kriegsromane; ähnliches auch in sudetendeutschen Romanen der Zeit zu finden.
H.s zweiter Roman, Andrè und Ursula, 1937 (?), erzählt eine tragisch endende deutsch—französische Liebesgeschichte; interessant ebenfalls für das Frankreichbild.

LIENHARD, Friedrich: Jugendjahre. Erinnerungen
(1917). 0.0. 1917, 1919. Nach dem Goetheschen Muster; Pntwicklungsroman: Vom Sohn des elsass. Dorfschullehrers über das Theologiestudium zur Dichtung. Beispiel dafür, wie mit mehr oder weniger Gewalt das Goethesche Muster aufrecht erhalten wird. Entwicklung zur ,,Persönlichkeit"; die Darstellung deckt Unstimmmigkeiten eher zu; seine Entwicklung, eine Art Weg nach Innen, ist auch als Flucht vor dem autoritären Vater lesbar (Prügel, Versöhnung auf seinem Totenbett, wo der Vater dann doch die ,,Leistung" des Sohnes noch anerkennt. Synkretist. bildungsbürgerlichre Idealismus aus Goethe, Luther, Richard Wagner, mit nationalistischen Tönen. Auch seine ,,Heimatkunst" ist ihm im Rückblick nur Stufe auf seinem Weg nach ,,Weimar". Dichter und Priester will der entlaufene Theologiestudent sein. Auch relig. Muster: ,,Seelenkämpfe" in Tagebuchform geschildert, zum ,,Durchbruch" zur Poesie. Nebenabsicht: Deutschheit des Elsaß belegen, ähnlich Spieser u.a., auch Reaktion auf reichsdeutcshes Mißtrauen. Goethe-Parallelen: Vom Elsaß nach Weimar.
BERTOLOLY, Paul: Im Angesicht des Menschen. Aus dem Leben eines Landarztes. Mchn. 1956.- B. erzählt fast ohne alle Orts- und Zeitan— gaben; er war Artzt in Lembach/Els. Allein die beiden Weltkriege sind als Zäsuren erkennbar. Seine Literaturproduktio nicht erwähnt; der Landarzt wird zum mythisch überhöhten Symbol der vortechn. und vorindustriellen Epoche; anekdot.novellist. Erzählen: Ärztliche Diagnose an oft grotesken Einzelfällen wird zur kulturkonservativen Epochendiagnose; teilw. Schwulst; trotz der Episodenreihung, z.T. thematisch gegliedert, Reste eines Entwicklungsschemas rekonstruierbar: Ein von seiner kirche wegen Sonderdogmen gemaßregel— ter protest. Pfarrer wird mit seinen Lehren zu einer Art Erzieher B.s; es steht weniger seine bäuerliche Klientel im Vordergrund als vielmehr eine Reihe von Stadtflücht— lingen wie B. selbst ( er war wohl auch vor der deprimierenden Vorstadtpraxis seines Vaters in einem Stzraßburger Arbeitervorort aufs Land geflohen); betont seine ,,eigentlichen" geistigen Interessen, der Arztberuf ist eher Handwerk, Stofflie ferant, mit Zügen von Charlatanerie. - Literar. gelegentl. an Schnitzler erinnernd: Letzte Liebe einer krebskranken Dame. Seine Hinwendung zu seinesgleichen (Pfarrer, Maler usw.) und der gelegentlich kalte Blick auf seine Bauern lassen eine gewisse Desillusionierung vermuten, was seine länd lich—"heimatlichen" Ausgangspositionen betrifft. Mgw. Einfluß von Klages: Geist als Widersacher der Seele? Landarzt wird zum Symbol des vorindustriellen Zeitalters, Nähe zu ,,Heimatkunst" ?

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SPIESER, Friedrich: Tausend Brücken. Eine biographische Erzählung aus dem Schicksal eines Landes. Hg. von Agnes Gräfin Dohna-Schlobitten. Stgt. u.a. 1952 u.o. (neu 1990) Aus dem Titel ist bereits dreierlei, wenigstens, herauszulesen: Die Richtung seiner Selbststilisierung in Richtung ,,Vermittlung" (eine Schwindelei, an die er mgw. selbst glaubt); seine Absicht, in der eigenen Biographie die des Landes (= des Elsaß) zu erzählen; und schließlich sein Feudalismus, gemischt mit grotesk narzißtischen Zügen: Die Herausgeberin, eine ostpreußische Grafentochter, ist Spiesers Ehefrau (gewesen?, der Autor selbst ist vom Kürschner noch nicht als tot gemeldet) und Finanzier seiner Projekte. 5. ist der Sohn eines altelsäss. protestant. Pastors — mit alldeutschen Neigungen - aus der Nähe von Zabern, 1903 geboren. Neben den antifrz. Affekten des Vaters, der nebenher auch Sprachforscher und -pädagoge war, ist der Kontakt zur Jugendbewegung ein prägender Faktor gewesen, daneben auch die Bekanntschaft mit den Autonomisten der 20er Jahre; er studierte in Grenoble (!), promovierte aber in Marburg über Volkslieder in Lothringen (Pinck) und wurde zum völkischen Propagandisten und Verleger (Straßburger Monatshefte seit 1937; daneben Autoren wie B. Isemann -sein ehemaliger Lehrer —, Ettighoffer u.a.~ 5. ließ, mit Geld aus dem Reich und dem seiner Frau, die Ruine der Hünenburg im nördl. Elsaß wiedererrichten - was von den Franzosen als antifrz. Demonstration (zurecht) verstanden wurde; er zog mit seinen Wander—Genossen des von ihm gegründeten Erwin-von-Steinbach-Bundes durch die Lande und propagierte die deutschen Volkslieder des Elsaß - ebenfalls eine Provokation; er war eng befreundet mit dem Gründer der deutlich an der SS orientierten ,,Elsaß—Lothringischen Jungmannschaft des Hermann Bickler (s.u.) und hatte Komtakt zu Robert Ernst (s.u.). Daß die Franzosen einen bloßen Propagandisten, dessen ,,Volkstums"-Ideologie gelegentlich wie eine fixe Idee wirkt, zweimal zum Tode verurteilten (1939 und 1945), hat seinem Geltungsbedürfnis nicht gerade geschadet, wirkt aber grotesk - auch angesichts der real geringen Bedeutung seiner völkischen Autonomisten (der weitaus größere Teil der Heimatrechtler war katholisch geprägt und ließ an der Treue zu Frankreich keinen Zweifel); die VolkstumsIdeen können aber — angesichts des französischen Zentralismus — auch als Angriff auf das Staatsprinzip und die Einheit Frankreichs angesehen werden, und sind dann weniger harmlos (vgl. Bretonen, Aquitanien, Basken, Korsen usw.). Seine ,,Brücken"—Funktion als Vermittler beschränkte sich im Anpreisen dieser Volkstumsideologie, sein Frankreich-Bild, wie es sich seinem Buch entnehmen läßt, ist sehr dürftig. Nach 1940 wurde seine Ztschr. immer mehr zu einem offiziösen NS-Organ - die vor 1940 so peinlich genau eingehaltene (jedenfalls betonte) ,,Loyalität" zu Frankreich enthüllte sich als das , was sie war: Heuchelei, Mimikry. - trotzdem hat der Elsässer S. auch an dem NS öffentlich Kritik geübt; nicht an der Idelogie, aber an der Parteiorganisation und ihrer Verwaltung des Elsaß; möglicherweise mit Rückendeckung der SS, deren Mitglied er war.

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S. ist in mancher Hinsicht ein typisches Phänomen: Der Außenseiter, der sich als Mittelpunkt sehen möchte. Außenseiter ist er erstens als pro-deutscher Autonomist innerhalb der durch die laizistische Politik Frankreichs vor allem bestimmten Autonomiebewegung; 5., Bickler und Karl Roos und ihr Anhang waren zahlenmäßig gesehen, eine Splittergruppe, mit dem politischen Katholizismus allein durch die Sprachenfrage verbunden. Außerdem war der protest. Nordelsässer im überwiegend, katholischen Elsaß wohl noch einmal Außenseiter. Ob 5., der aus der Nähe von Zabern stamm den typischjen alemannischen Dialekt, den er in seinem Buch gern gebraucht, so gesprochen hat, wäre eine weitere Frage. Sein Buch ist - literarisch genommen - ein kurioses Konglome: sehr verschiedener Einflüsse; es trägt Züge des Bildungs-romans, soweit eine innere Entwicklung seiner ,,geistigen" Interessen, vom Volkstumsgedanken (ahistorisch) über parapsychologische Phänomene (er berichtet von eigenen Wunderheilungen) bis zur Astrologie geschildert wird,immer wieder gestört durch böswillige Störungen französische~ seits - gewissermaßen per aspera ad astra, buchstäblich. Romantisch-märchenhaft ist vor allem der erste Teil; in dem 5. seiner späteren Frau ,,sein" Elsaß bei einer Wanderung zeigt, und zugleich seine Jugendgeschichte nachholt; der Märchenprinz zeigt seiner Prinzessin sein ,,Reich"; ein grotesker Narzißmus, von der Bedeutung seiner Person absolut überzeugt (Sonnenfinsternis bei der Geburt — vgl. den Anfang von ,,Dichtung und Wahrheit" mit Jupiter, Venus usw. mischt sich mit feudalistischen, antibürgerlichen Zügen: gegen das frankophile Strarßburger Bürgertum — aus völkischen ,,Heimatkunst"- und ideologisch—konservativen Gründen: Frankreich ist ihm vor allem identisch mit den Ideen von 1789, wobei 5. den frz. Zentralismus mit der ihm verhaßten ,,Gleichheit" identifiziert ( der Zentralismus stammt aber gerade aus der Zeit des feudalen Absolutismus.) Ein weiterer literarischer Aspekt des Buches — näher zu untersuchen - wäre der Einfluß Ad. Stifters, eines im böhmischen Grenzland aufgewachsenen Dichters, was S. aber nicht thematisiert; weniger der Nachsommer als vielmehr ,,Witiko" ist ihm dabei interessant,- er tauft auch einen seiner Söhne nach ihm, einer mgw. sehr ,,opportunistischen" Figur.

ISEMANN, Bernd: Die Reise in das Ich. Autobiogr. Roman, etwa 1954-56 entst., unveröffentlicht. Suche nach dem Nachlaß. Autor wohl doch stärker als in dem ,,Killy"-Lexikon-Artikel in die Nähe der Heimatkunstbewegung zu rücken. (Nachtrag1998: Die Beschaffung des Manuskripts war eine Geschichte für sich: Der rasende Halef und der milieugeschädigte Professorensohn haben mir mal kurz die entsprechende Post verschwinden lassen, was für mich natürlich etwas peinlich war).

ETTIGHOFFER, P.C. (PAUL COLESTIN)
: Von der Teufelsinsel zum Leben. Das tragische Schicksal des Elsässers Alfons Paoli Schwartz. Köln 1932. Neu Gütersloh 1940 (140 000 Ges. aufl.). Geht um den Streit um eine Staatsangehörigkeit; Sch. ist, wie der 2. Vorname zeigt (Paoli;der Nationalheld der Korsen) auf korsischem, d.h. frz. Boden geboren, aber von elsässisch~ Eltern, nach 1871, nach frz. ,,ius soli" also frz. Staatsangehöriger, solange die Eltern nicht Einspruch erheben; Sch. diente im Krieg bei der dt. ,,Geh. Feldpolizei", also der militär. Spionageabwehr (Zweisprachigkeit) und h—8— Kontakte zu frz. Kollaborateuren. Nach 1918 wurde er in Kehl von Erz. aufgegriffen und als Hochverräter angeklagt, von elsäss. Richtern zur Deportation nach Guyana verurteilt; nach langen Verhandlungen 1930 freigelassen. Symbolfigur, Märtyrer. Ähnlich auch E.s 2. Biographie:

ETTIGHOFFER, P.C.: Erschossen zu Nanzig. Das aufrechte Leben und heldenhafte Sterben des Karl Roos
(U.titel mgw. nicht ganz authentisch). Straßburg (Hünenburg—Vlg. — F. Spiesers —)1942. Eindeutig nazistische Tendenz; was aber E.s Entnazifizierung nicht verhindert hat, wie die im Archiv vorhandenen Materialien aus dem Berlin Document Center belegen. R., ein fanatischer Propagandist des nichts als deutschen Elsaß, Autonomist mit eindeutig separatistischer Tendenz, wurde von den Franzosen 1940 als Spion in ,,Nanzig" (=Nancy) hingerichtet, sein Leichnam nach dem Frankreichfeldzug feierlich heimgeholt und bei Spiesers Hünenburg beigesetzt. Wie der in Spionagefälle verwickelte‘Schwartz zeigt, noch durch Ettighoffers propagandistischen Text hindurch, auch der ,,deutsche" Roos zweideutige Züge: in den 20er Jahren hat er für die französische Schulverwaltung an der Saar gearbeitet, nachdem ihm die Franzosen im Elsaß seine Privatschule enteignet hatten. Beide Stücke Ettighoffers könnten auch unter der Rubrik ,,Opportunismus" abgehandelt werden; ,,Verrat" o.ä. E. hat mgw. noch weitere einschlägige Stücke geschrieben, über den Ruhrkampf und seine Gefangenschaft in Frankreich. PELLON, Alfred: Gozell Garin. Chronik eines Lothringer Vaganten. Ludwigshafen u.a. 1942. Autobiogr. Roman, in dem u.a. auch Hermann Wendel, als Korpsstudent auftritt. Soweit gelesen bisher, etwas zweideutige Haltung des Autors: Durchaus prodeutsch, die Popularität der reichsdt. Verwaltung, des Kaisers wohl doch übertriebe der ,,Daniel" am Metzer Dom ist ihm durchaus nicht peinlich; andererseits auch Züge einer lothringer Identität, wie schon der Name der Hauptfigur belegt: Gozell=erstes lothringer Rittergecshlecht, ,,Garin" < Loheran - garin, nach P. der mythische Namengeber des Landes, Lohengrin (Wagner spielt in dem Roman eine gewisse Rolle, als Repräsentant deuts Kultur). Der in Metz geborene Paul Verlaine (par hazard, als Soldatenkind/~wird zum typ. Lothringer stilisiert, als Mischung aus frz. Geistigkeit und deutscher Romantik. Der gelesene erste Teil eine Künstlerautobiogr. in erster Linie, trotz des Titels wenig ,,Vagantenhaftes" (bis 1918) Metz und das Lothr. Land Handlungsort. Mgw. auch unter Vertriebenen-Romane einzuordnen ?

MUNGENAST: Der Zauberer Muzot,
der gewiß auch seine Heimat repräsentieren soll in ihrer Vitalität, trägt doch auch ,,opportunistische"Züge, bzw. die des Überlebenskünstlers: Die Preußen machen ihn zum Krüppel, er macht später gute Geschäfte mit ihnen, ebenso wie später, durch Vermittlung sein frankophilen Schwiegersohns mit den zurückgekehrten Franzosen. Außerdem ist sein Gegenspieler, der alte Sansterre, für M.s Frankreichbild interessant (s.u.)


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STEGEMANN, Hermann: Erinnerungen aus meinem Leben und meiner Zeit. Stgt. 1926. Krieg als Metapher des eigenen Lebenskampfes, deshalb sein Werk über den ersten Weltkrieg als sinngebenden Lebens-mittelpunkt dargestellt; die Autobiographie wahrscheinlich durch Kritik an den Kriegs-Büchern erst motiviert, als Verteidigungsschrift. Das literar. Werk St.s, auch sein Verh. zum Elsaß, wörüber er zahlr. Zeitungsaufsätze geschrieben hat, tritt in den Hintergrund der Darstellung; die Hälfte seiner über 500 S. gilt den 4 Jahren des Weltkriegs.
DÜRCKHEIM-MONTMARTIN, Eckbrecht: Erinnerungen eines elsässischen Patrioten. Hg. von Guido Knörzer.Stgt. 1922. Noch nicht gelesen, deckt fast das ganze 19. Jh. ab; beendet 1887.
BENZLER, Willibrord: Erinnerungen aus meinem Leben. Mit Nachträgen und Belegen hrsg. von Pius Bihlmeyer. Beuron 1922. Verf. war von Wilhelm II. protegierter kathol. Bischof von Metz, wurde 1918 unter entwürdigenden Umständen des Landes verwiesen.
ERNSTHAUSEN, A. Ernst von: Erinnerungen eines preußischen Beamten. Bielef./Lpzg. 1894.
HOHENLOHE, Alexander von: Aus meinem Leben. Ffm 1925. Sohn d. ehem. Reichskanzlers Hohenlohe-Schillingsfürst; war Reichstagsabgeordneter für elsäss. Wahlkreise.
ZORN von BULACH, Claus von: Aus meinem Leben. Was ich gesehen, gehört, erlebt habe, verbunden mit "Gedanken über die Elsässer Frage". Osthausen/Els. (Selbstverl.) 1926. Ders. Erinnerungen aus meinem politischen Leben. Gerstheim/Els. (Selbstver.) 1928.
ANTONI, Victor: Grenzlandschicksal — Grenzlandtragik. Lebenserinnerungen und menschliche Betrachtungen eines Lothringers zu den politischen Irrungen und Wirrungen seiner Zeit (!). Finstingen/SB (Selbstverl.) 1957. A. war Bürgermeister von Finstingen (Fénétrange), gehörte zum Autonomismus katholischer Provenienz; ,,Nanziger" (d.h. wurde mit Bickler, Rossé u.a. in Nanzig von dt. Militär a.d. Gefängnis befreit, nachdem sie von den Franzosen als Spione verurteilt worden waren.) Rechtfertigungs-Memoiren, die gern vom Persönlichen weg zum Historischen gehen; gehörte zu denjenigen, die 1940 in der Deklaration von Drei Ähren für einen Anschluß des Elsaß an das Reich eingetreten sind, was den Autonomismus bisheute diskreditiert. (Nicht die eigenen ,,Wirrungen", sondern die ,,seiner Zeit").
ERNST, Robert: Rechenschaftsbericht eines Elsässers. Bln. 21954. Ebenfalls apologetischer Natur, wie aber eigentlich alle

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Autobiographien. 1900-1945. In frz. Gefängnis geschrieben; war zunächst wg. Landesverrats angeklagt, ähnl. Schwartz, dann als Kriegsverbrecher.

Stammt aus einer dt.-elsäss. Familie in Straßburg; 1914 im ,,Schicksalsrausch" (Th. Mann) Entscheidung für Deutschland. Nach d. Krieg Kontakte zu konserv. Gruppen (,,Juni-Klub"z.B.), schnell Verbandsfunktionär der Vertriebenen Elsaß-Lothringer, der Auslandsdeutschen—Organisationen überhaupt, mit g<ten Kontakten zum AA, steuerte wohl auch (finanziell) die Heimatrechtsbewegung mit, jedenfalls den völkischen Teil (Spieser, Bickler). Blieb auch nach 1933 und den entsprechenden Gleichschaltungen seiner Verbände (z.T. auch Auflösungen) an der Spitze; machte sich Hoffnungen, mit oder neben Otto Meissner e.Art Reichsstatthalter im Elsaß zu werden; wurde aber lediglich dem Gauleiter Wagner in Straßburg als Berater ohne Kompetenzen beigeordnet, zeitw. Oberstadtdirektor von Straßburg.
Ehrgeiziger Verbandsfunktionär, nicht immer glaubwürdig, zweideutig, wie fastr alle hier zu untersuchenden Autoren.

BICKLER, Hermann: Ein besonderes Land. Erinnerungen und Betrachtungen eines Lothringers. Lindhorst 1978.Autonomist völkischer Prägung. War in seiner frz. Militärzeit (1930 etwa) beim ,,Deuxième Bureau" in Kehl, nach seinem Abgang aus Straßburg, wo er nicht den erhofften Einfluß geltend machen konnte, als SS- und SD-Mann (!) nach Paris. Gründete, nachdem der erste Schub des Autonomismus verebbt war (um 1930), die ,,Elsaß—Lothringische Jung-mannschaft", ein Gemisch aus Jugendbewegung und elitärer Volkstums-SS. Ztschr. ,,Frei Volk". Freund Spiesers, dessen Generation. Kehler und Pariser Episode natürlich nicht erzählt, bricht 1940 ab. (Gelernter Rechtsanwalt).
SCHNEEGANS, August: 1835-1898. Memoiren. Ein Beitrag zur Geschichte des Elsaß in der Ubergangszeit. Bln. 1904. Hg. von Heinrich Schneegans. Urspr. antipreuß. Journalist im Elsaß (?), 1870 im Parlament von Bordeaux, fühlte sich von Frankreich im Stich gelassen; ließ sich als Protestler in den Reichstag wählen; ging allmählich ,,realistisch-opportunistisch" zur deutschen Seite über, schließlich als dt. Konsul nach Italien.— Auch Verf. heute vergessener Erz. u. histor. Romane.
MERCKLING, Charles: Der Grenzland-Teufel. Straßb. 1929.Interessant unter typolog. Aspekten; ungleiches Brüderpaar: der (whrscheinlich) prodeutsche kleine Beamte als positive Figur (Schilderung des Milieus), dem der Halbbruder gegenüber:hat früher die Deutschen ausgebeutet als Kriegsgewinnler, und nun die Franzosen, bzw. Elsässer; Schieber im großen Stil (zeittyp. Figur, nicht nur im Elsaß); wird schließ—

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lich wg. erot. Konkurrenz erschossen; Schlüsselroman in mancher Hinsicht, mgw.: Der Staatsanwalt im Colmarer ,,Komplott-Prozeß" 1928 hieß Fachot, Mercklings Grenzland-Teufel ,,Richot" (natürlich auch ein sprechender Name für den Sich-Bereichernden); auf Fachot wurde, wie auf Richot, ein Attentat verübt, das d*e reale Figur überlebte; Fachot wurden auch finanzielle Manipulationen zu seinem eigenen Vorteil im Zusammenhang mit Enteignungsverfahren vorgeworfen,- ähnlich ,,Richot". Da der Autor mehr Haß als literar. Phantasie - oder genauere Kenntnisse der ,,Geschäfte" hat, ist der Roman leider nicht sehr spannend.
M. hat außerdem noch einen Roman pazifistischer Tendenz geschrieben, der mit einem schönen Weltuntergang endet, ein Versuch, die elsäss. Satire-tradition fortzusetzen.
STROEBEL, Josef: Erinnerungen eines Kollaborateurs. Lebensweg eines Elsässers unter wechselnden Herren. Bad Neustadt a.d. Saale. 1983. Karriere eines kleinen NS-Funktionärs, der natürlich nur das beste für seine Landsleute wollte...; Sprache ein kurioses Gemisch aus vulgärer Alltagssprache und den ideolog. Zeitungsphrasen von einst. Könnte, da vollkommen unliterarisch, Objekt für die projektierte Suche nach ,,Lügen"-, d.h. Verdrängungssignalen sein.
WURCH, JOSEF: Grenzlandschicksal des Elsasses. Seine Glanzzeit - seine Tragik. Erlebnisroman (!). Straßb. (Selbstverl.) 1973. Ähnl. wie Stroebel, aber literarisch gecshickter; ebenfalls der Typus des kleinen Funktionärs, z.T. auch SD-Mitarbeiter, Spitzel. Haß auf Rob. Ernst und den kommunist. Autonomisten Hueber. In Er-Form gecshrieben, aber wohl nicht, um Distanz zu sich selbst zu schaffen, sondern um im Sinne des ,,Erlebnisroman den Relitätsbezug offen/fiktionalzu halten.
DUMSER, Jean: Bekenntnisse eines waschechten elsaß—lothringischen Autonomisten. Straßb./Nancy 1929.Ein ehem. ,,insider" des Autonomismus erzählt; entweder wg. erot. Konkurrenz oder auch ,,gekauft"; gezielt wohl auf den Colmarer Prozeß, nachträglich, wenn das Datum stimmt. D. versucht nachzuweisen, daß die Heimatrechtler von außen, über die Schweiz, im grunde aus dem ,,Reich", finanziert worden sind (wahrscheinl. durch R. Ernst); in diesem Golmarer Prozeß wurden einige Heimatrechtler auf der Basis schlechten Materials als Landdesverräter verurteilt; mgw. wollte Dumser (oder sollte?) nachträgl. Material, das den Justizskandal in einem günstigeren Licht erscheinen ließ, liefern. Spieser nennt ihn einen ,,Verräter", was wohl für die Wahrheit seiner Angaben spricht< Dumsers!)
HEIN, Nikolaus: Der Verräter. Lux. 1948.Nov., die einen scheinbaren ,,Verräter" (das sind immer die anderen) zum Märtyrer und Nationalhelden stilisiert. Spielt 1830, als Belgien sich von den Vereinigten Niederlanden löste, und Luxemburger Tendenzen in die belgische Richtung sich zeigten. Stadt—Land—Ggs..


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Nestflüchter

FLAKE, Otto: Es wird Abend. Bericht aus einem langen Leben. Gütersloh 1960. Neuausg., verm., Ffm 1980. Nüchterner, metaphernioser ,,Bericht", wäre gut mit Regler zu kontrastieren. Nüchternheit könnte aber genauso als Verdrängungs-Methode betrachtet werden wie Reglers oft ausufernde Bildhaftigkeit. Ein Ansatzpunkt, um diese prätendierte ,Nüchternheit" ,,aufzubrechen", wäre seine Darstellung der Zürcher Zeit im Umkreis des Dadaismus; die beiden Roamne aus dieser Zeit, ,,Nein und Ja" und ,,Stadt des Hirns" (vgl. Farins Diss. über diese ,,Lauda-Romane", nach der Hauptfigur) wollte F. später nicht mehr gelten lassen, wegen allzu expressionistische Züge, angeblich; zu vermuten ist vielmehr, daß die radikale Egozentrik dieser Stücke — der Mensch als ,,um sich selbst kreisender Kosmos" ist eine Leitmetapher in dieser Zeit bei dem sonst doch so nüchternen Flake — hat später der ,,bürgerlich" gewordene F. zum Ideal der ,,Souveränität" abgemildert; der frühe Radikalismus mag ihm peinlich geworden sein.

F. war in seiner Zürcher Zeit u.a. befreundet mit Walter Serner, dessen Hochstapler—Ideal — einer gegen den Rest der Welt — dem frühen Flakesclien Solipsismus vergleichbar wäre. F. hat Serner in ,,Nein und Ja" porträtiert und eine, allerdings kurzlebige, Ztschr. mit ihm zusammen herausgegeben, ,,Der Zeltweg". Ein weiterer Ansatzpunkt wäre ein Vergleicn der Autobiographie mit dem Roman ,,Fortunat"; nach dessen Muster: ,,Europäer", ,,Souveränität" usw., hat Flake sicn als ,,Mann von Welt" (Titel eines Roman—Teils) selbst stilisiert/phantasiert. ,,Bürgerlich" (vgl. Max Weber über bürgerl. Hausbücher u.ä. in ,,Der Geist des Kapitalismus u. die prot. Ethik") ist auch F.s Methode, an gewissen Abschnitten sein Leben in Soll und Haben zu summieren, seine literar. Verdienste in Geldform aufzuführen. — Weiterer Ansatzpunkt: Der Selbstmord des Vaters, gegen den F. mgw. lebenslang angeschrieben hat,— er hat selbst in den 50er Jahren einen Versuch unternommen: Wette gegen den Tod.

(Nachtr.: Zur ,,solipsist." Seite mag auch sein Interesse am Marquis de Sade zu rechnen sein, noch im großen Essay der 20er Jahre.) Flake als Typus des Vermittlers au dessus de la melée - Europäer; trotzdem auch heimat—, landschaftsgebunden.

REGLER, Gustav: Das Ohr des Malchus. Eine Lebensgeschichte. Köln 1958.Neu: Ffm 1975.Eine ,,Überprüfung" seines manifest ,,historischen" Gehalts anhand von Detailforschungen erscheint mir nicht sehr erhellend (und aussichtsreich), u.a. weil sie die Gattung Autobiographie verkennt: In ihr wird gerade keine ,,dokumentarische" Literatur zu sehen sein, charakteristisch ist für sie doch die literarische Stilisierung des Erfahrungs— und Erlebnisnaterials. Reglers Untertitel zeigt in seiner becsneidenen Unbescheidenheit — eine Lebensgeschichte meint ja wohl die Lebensgecshichte der ersten Jahrhun— derthälfte, an seinen Verleger Witsch hat er von der Geschichte ,,meiner Generation" egsprochen — die Richtung einer mögl. Untersuchung an: Gliederung parallel zur "großen" Geschichte. Sein Weg von rechts nach links, schließliche ,,Rückkehr" (?) zum Individualismus (von dem er wohl nie ausgegangen ist), oder nicht doch Rückkehr zu sienen ursprünglichen ,,metaphysischen Bedürfnissen" (Schopenhauer), wie sie sich in ,,Hellseher u. Charlatane‘ und in seinem Interesse an dem indischen ,,Guru" (?) Krishnamurti, in seiner Indienreise ebenfalls, zeigen. Sein auf Wendepunkte hin pointierendes Erzählen, auf Damaskuserlebnisse hin, wenn man es religiös wenden möchte:

Schon zu Anfang die Flucht vor den Autoritätspersonen (Festnahme in Merzig) in die Kirche, in der sein ganzer Leben schon in nuce enthalten ist, was sich u.a. in der Schilderung von den ,,blauschwarzen Fliesen" der Polizei am Blutsonntag des 1. Mai 1929 wiederholt mit dem darauffolgenden Eintritt in die Partei wiederholt; in der Schilderung seiner Kriegserlebnisse und der Trennung von seiner ersten frau sind ähnliche Wendepunkte zu sehen (in letzterem Fall sein Austritt aus der bürgerlichne Gesellschaft).

Aller sozialen und geographischen, auch politischen, Grenzüberschreitungen ungeachtet, scheint mir R. sich doch in der Grundstruktur gleich geblieben zu sein, vor allem in seinem ambivalenten Verhältnis zur Autorität: Flucht vor ihr, Suche nach ihr, und auch Versuche, selbst sie zu spielen.

SCHICKELE, René: Die Heimkehr. Strasb. 1938. Übs. a.d. Frz. von Ferdinand Hardekppf. Urspr. als ,,Le Retour" von Sch. in frz. Sprache geschrieben. Vorw. von Hermann Kesten.
Formal das wohl interessanteste Stück, inhaltl. ohne intimere Kenntnis des Schickeleschen ,,Systtems" schwer durchschaubar. Nicht chronologisch erzählt, Dialog—, Gedicht— Essay— und Feuilleton—Formen. Jugenderinnerungen, aber auch polit. Abrechnung mit Deutschland, dem NS (,,Fünrer" als ,,Ekzema—Kranker" wie Nietzsche...); andeut.weise Rückkehr zu Mytnos, Religion; Tod der Mutter als pers. Trennung vom Elsaß - Schluß des Buches; ,,Wiedergeburt" in der Provence, deren Landschaft, neben der des Elsaß, eine große Rolle spielt; das mittlere Kapitel,"Der Wald", enthalt die eigentl. Jugenderinnerungen: Landschaft, Mutter u.ä.; der deutcshe Vater spielt kaum eine Rolle. Rückkehr wohin: zur ,,mère patrie" Frankreich? In die Provence als in eine dem Elsaß vergleichbare ,,Jugend"— lanschaft des Wiedergeborenen?
Dialogpartien in Analogie zu Gerichtsverfahren: Eine profrz. ,,Feuerzunge" und der mildere ,,Pompier" streiten sich um seine Seele (?).
Neben diesen Jugenderinnerungen noch der ,,Hans im Schnokeloch", aus typologischen Gründen, mit hineinzunehmen!

WENDEL, Hermann: Jugenderinnerungen eines Metzers. Strasb. 1934.
Schildert mit vitalist. Zügen die Bohème—Jugend des Sohnes aus preuß.—kleinbürgerlicher Familie, mit schlußendlicher Flucht: Gegenstück zu Schülertragödien aus der geleichen Zeit. Metz wird zu Wendeis ,,Klein—Paris" (wörtlich), prägend für seine frankophilen Neigungen.

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Teils thematisch gegliederte Schilderung der Garnisonsstadt Metz, teils Erinnerung an an die persönl. Dinge; ehr zu feuilletonist. Memoiren als zu Autobiograpnie neigend. Wirft, gerade mit dem Vitalismus, der anti— bürgerlichen Haltung, ein gewisses Licht auf W.s späteren ,,Sozialismus" — er war Reichstagsabgeordnerter dere SPD von 1912 bis 1918.

Nachtrag 1998: Einer der interessanteren Autoren; vgl. den folgenden Artikel im "Literaturlexikon"
Wendel, Hermann, auch: Leo Parth, Karl Max, * 2. oder 3. 3. 1888 Metz, 10. 10. 1936 St. Cloud bei Paris; Grabstätte: Paris, Friedhof Père Lachaise. — Journalist, Biograph, Essayist.

Für den Sohn eines preuß. Postheamten wurde Metz zu seinem »Klein-Paris» (Jugendcrinnerungen eines Metzers. Straßb. 1934); der junge Bohemien bewunderte Verlaine u. Lilieneron u. war befreundet mit Renè Schickele u. Otto Flake; der Korpsstudent u. Reserveoffizier ,>rettete sieh zu den Sozialisten« (Flake), wurde unter Anleitung Franz Mchrings sozialdemokratischer Journalist u. war 1912—1918 Mitgl. des Reichstags, in dem er noch 1914 für eine dr.—frz. Verständigung eintrat. Nach dem Krieg ohne Amt, sehrieb W. unter anderem für die ,,Frankfurter Zeitung>‘ über polit. u. literar. Themen. Den oft bereisten Balkan beschrieb er z. B. in Kreuz und quer durch den slawischen Süden (Ffm. 1922). Sein auf Quellen— studien beruhendes Hauptwerk ist die DantonBiographie (BIn. 1930. Neudr. Mchn. 1988); in der Darstellung des Revolutionärs u. seiner Zeit entwarf er das Vorbild einer Synthese aus polit. Idealismus u. Pragmatismus.

WEITERE WERKE:: August Bebel. Ein Lebensbild für dt. Arbeiter. Bln.1913. . Ncuausg. Offenbach 1948. — Heinrich Heine. Ein Lebens- u. Zeitbild. Dresden 1916.— Aus drei Kul— toren». Bln. 1922 (Ess.). — Kämpfer u. Künder. Ebd. 1928 (Ess.).- Die Marseillaise. Biogr. einer Hymne. Zürich 1936.
LITERATUR: Rainer Stübling: >Vive La France!> Der Sozialdemokrat H. W. Ffm,. 1983.- Roswitha Bauer: H. W. als Südosteuropapublizist. Neurwied 1985. — Helmut Scheuer: Ein Grenzfall - In: H. W.: Danton. a. a. 0.
Hartmut Dietz
(Eine weitere interessante Biografie bietet der greuliche Schriftsteller
Max Lay, der aus einer Berliner Hugenottenfamilie stammte und u. a. für das "Literarische Büro", die deutsche Propaganda in Straßburg, arbeitete.)

JACQUES, Norbert: Mit Lust gelebt. 1950. (Luxemburger, Doktor-Mabuse-Erfinder)
OPHÜLS, Max: Spiel im Dasein. Eine Rückblende.Stgt. 1959. RUFIF, Shlomo: Ströme im dürren Land. Stgt. 1964.
Autor war Oberrabiner in Saarbrücken, in den dreißiger Jahren nach Palästina geflüchtet.
MEISSNER, Hans Otto: Völker, Länder und Regenten. (0.0., o.J., wahrsch.um 1956. Zuerst zweibändig als So schnell schlägt Deutschlands Herz und So schnell dreht sich die Welt, beide Giessen 1951.
Memoiren—Typus, vermeidet persönl. Reflexion; Anekdotier; M. ist in Straßburg geboren als Sohn des nachmaligen Staatssekretärs ,,unter Ebert, Hindenburg und Hitler", Otto Meissner; wirkt. gelegentlich als oberflächlicher Sproß seiner Oberklasse, der unter dem NS nicht allzu sehr gelitten hat; der NS kommt kaum vor, außer etwa als dunkler Hintergrund eines glänzenden Abends in Hitlers Reichskanzlei — fast die einzige Stelle, an der die KZs erwähnt werden; NS war ,,eine große Pleite"; wird aber ärgerlich, wenn die amerikanischen Sieger ihn und seinen Vater etwas ruppig anfassen; Diplomat; Soldat in Rußland (freiw.), Konsul während des Krieges in Italien; nach 1945 Reiseschriftsteller, gelegentl. etwas arrogant wirkender Europäer ohne exotistische Anwandlungen; Flucht vor der Massengesellschaft in die Natur.Neueste Version seiner Erinnerungen (bisher erschienen): Straßburg o Straßburg. Eine Familiengeschichte. Stgt. u.a.1986 Junge Jahre im Reichspräsidentenpalais. Ebd. 1988.In stürmischer Zeit. Als Diplomat in London, Tokio, Moskau, Mailand. Ebd. 1990.

OSWALD, Marianne: Je n' ai pas appris à vivre. Paris 1948.Autorin um 1903 in Saargemünd geboren als M. Collin; als Chansonsängerin in den 20er Jahren in Berlin, nach 1933 emigriert anch Paris; Gustav Regler erwähnt sie kurz in ,,San of Nomansland" als ein Symbol der 30er Jahre in Paris. War in den 50ern ,,productrice" bei ORTF; der autobiogr. Roman ist nach W.H. Recktenwald angebl. zweimal übersetzt worden, ohne Publikation. Wäre, der Generation nach neben Höfler und Thomas zu stellen., (Vorwort von Jacques Prèvert)..

EGEN, Jean: Die Linden von Lautenbach. Kehl u.a. 1983. Autobiogr. Roman, von etwa 1920 bis 1945 Mit pikaresken Zügen, Humor, ohne ,,gemütlich" zu werden (,,Gspernst").

Auflösung deutsch—französicsher Stereotype: Aus dem preuß. Unteroffizier wird ein Musik— und Poesieliebhaber mit Neigung zu den elsässischen Leibesfreuden, ein Antimilitarist (ohne Ideologie), mit wieder komischen Zügen; aus dem Vater des Helden, profranzösisch, ein aufschneiderischer Tartarin de Tarascon; die erste Hälfte des Buches erzählt die Jugend-geschichte des Autors in anekdoticsher Form; die zweite Hälfte komprimiert seinen Weg durch den 2. Weltkrieg in einen piKarischen Lebenslauf, weniger anklagend als etwa Andrè Weckmann, mit mehr grotesken Zügen, aber nicht weniger ernst im ganzen. (Video im Archiv)

WEITERE mgw. brauchbare TITEL:

APPELL, Paul: Souvenirs dun Alscien. 1858—1922. Paris 1923. ARP, Hans: Unsern täglichen Traum heute. Dichtungen und Betrachtungen aus den Jahren 1914—1954. Zürich 1955
BAUMANN, Charles: Zwischen Rhein und Vogesen. Hinter den Kulissen der Politik. Gefährliche Spione. Straßb.-Neudorf (Selbtverl.) 1928. (Umkreis des Zorn von Bulach).
BRENTANO, Lujo: Elsässer Erinnerungen. Bin. 1917.
CLAUDE, Pierre: Elsaß—Lothringer in Feldgrau. Straßb. 1931.
CURTIUS, Friedrich: Deutsche Briefe und elsässische Erinnerungen.
Frauenteld 1920.— Vater von E.R. Curtius, prot. (?) Pfarrer in Straßb. , vgl. Robert Ernst.
DRUMM, Paul: Von der 111 zum Lot ins Exil. rlulhouse 1946. ERNST—
WElS, Agnes: So war es in Lothringen. Ffm 1957.
FALCK, Maria: Sturm über dem Rhein. Tagebuch einer Elsässerin aus dem Jahre 1918. In: Elsaß—Lothringen Heimatstimmen 1935, S. 329— 368.
HEITZ, Robert: Souvenirs de jadis et de naguère. Wörth 1963. HERBER, Edmond: Elsässisches Lust— und Leidbuch. Erinnerungen seit 1918.
Hagenau 1926.
HEUSS—KNAPP, Elly: Ausblick vom Münsterturm. Erlebtes aus dem Elsaß und dem Reich. Bin. 1934.
KOESSLER, Alfred: Unser Elsaß. Aus meinem Tagebuch. Straßb. 1028.
LALANCE, Auguste: Meine Erinnerungen 1830—1914. Paris/Nancy 1914.Philanthrop. Fabrikant; Protestler von 1871 ff, a.d. Elsaß ausgewiesen; etwas unglaubwürdiger, vielleicht von frz. Seite ausgenutzer ,,Friedensengei" kurz vor 1914.
NOELDEKE, Arnold: Jugenderinnerungen an das deutsche Elsaß. Hbg. 1934.
de PANGE, Jean Comte: Mes Prisons. Paris 1945. Lothr. Graf und Europäer, eines seiner letzten Bücher, ,,VAuguste Maison de Lorraine", m.e. Vorwort von ,,Othon de Habsbourg" versehen; von Friedr. Spieser als ,,Vermittler" zw. Deutschland und Frankreich als ungeeignet gesenen, trotz des Adels; Briefwechsel mit Peter Wust; Bücher über Goethe im E. Elsaß. Gymnasium in Saargemünd nach ihm benannt; Bibliogr. in der UB.

POINCARE, Raymond: Au Service de la France. - Gebürt. Lothringer, das vielbändige Werk 1928 ff. in 3 Bde ins Deutsche übersetzt.
REDSLOB, Robert: Entre la France et l'Allemagne. Paris 1933. Elsässer, war Rechtslehrer in Deutschland vor 1914 (?).
REINACHER, Eduard: Am Abgrund hin. Fragmente der Lebenserinnerungen.Weinheim 1972.
REINBOLT, Claus: Im Schatten des Münsterturms. Aus Kindheit und Jugendzeit.Wörth 1953.
REINERT, Werner: In diesem Land. St. Ingbert 1989.
SCHNEID, Sadi: SS—Beutedeutscher. Weg und Wandlung eines Elsässers.Lindhorst 1979. (Bearb.vom Verlag).Gecshichte eines jungen Elsässers, der in die SS eintrat, angebl. an Kreigsverbrechen beteiligt war usw. Typus Wurch/Stroebel, Rechtfertigungsschrift, im selben Verlag wie Bickler.
SCHWEITZER, Albert: Aus meiner Kindheit und Jugendzeit. Straßb. 1928.Aus meinem Leben und Denken. Lpzg. 1932.Selbstdarstellung. Lpzg . 1930.
Zwischen Wasser und Urwald. In: Ges. Werke, Bd. 1, Mchn. 19??
STRAUB, Karl Willy: Erinnerung an das Elsaß. Ein Zeitdokument. Lahr 1966.(Schriftsteller, Zeit: vor 1914, ,,besonnte Vergangenbheit"). (Muß auch für SZ geschrieben haben)
STÜRMEL, Marcel: Dr. Ricklin. ein Lebensbild. Colmar 1931.Über einen frühen Autonomisten, schon der Kaiserzeit, aus kathol . —autonomistischor Perspektive.(Bi ographie)
TRITTELVITZ, Bernhard: Meine Patienten, die Kumpels ,und ich. 27 Jahre Arzt an der Saar. Lpzg. 1934.Autor stammt von der Insel Rügen; kommt als Knappschafts— arzt, und Teil der preuß. Oberschicht an der Saar, in den tiefen Süden; was eher komisch—beschaulich beginnt, entpuppt sich schließlich als Propagandastück für die Deutsche Front von 1935, mit deutlichen NS—Zügen.
WUST, Peter: Gestalten und Gedanken. Rückblick auf mein Leben. Mchn. 1950
ZEMB,Joseph: Chanoine Eugene Muller 1861 - 1948. Zeuge seiner Zeit.Colmar 1960.

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