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Der Kalender der Mohammedaner
Die Kaaba in Mekka. Der mohammedanische Kalender zählt seine
Jahre vom Auszug Mohammeds nach Medina, der Hedschra, an. Aufnahme laenderpress
„Siehe, Allah ist Euer Herr, der erschaffen die Himmel und die Erde
in sechs Tagen. Er ist's, der gemacht die Sonne zu einer Leuchte und den
Mond zu einem Licht; und verordnet hat er ihm Wohnungen, auf daß
ihr wisset die Anzahl der Jahre und die Berechnung der Zeit. Und erschaffen
hat Allah dies allein zur Wahrheit. Klar macht er die Zeichen für
ein begreifend Volk.“
Diese kurzen Zeilen aus der 10. Sure des Koran, dem heiligen Buch der
Mohammedaner, zeigen bereits deutlich, welche Konstruktion ihr Kalender
hatte. Der Mond war zum alleinigen Zeitmesser bestimmt, und daher entwickelte
sich bei den arabischen Völkern, die im 8. und 9. Jahrhundert n. Chr.
im Zeichen des Islam ein Weltreich schufen, ein reiner Mondkalender. Der
Kalender der Mohammedaner ist das einzige Beispiel eines weit-verbreiteten
Zeitrechnungssystems, das einmal überhaupt keine Rücksicht auf
den Lauf der Sonne nimmt.
Warum eigentlich „Neu“-Mond?
Jeder Monat beginnt im arabischen Kalender mit dem Neumond. Die Araber
betrachteten als Zeit des Neumondes allerdings nicht den Augenblick, in
dem der Mond dicht und unsichtbar bei der Sonne steht, sondern im Gegenteil
den Moment, in dem er zum ersten Mal als winzig kleine Sichel am Abendhimmel
erscheint. Von dieser frühen Auffassung rührt auch unser Name
„Neumond“. Eigentlich sollte es ja besser Nicht-Mond oder Kein-Mond heißen,
denn der Mond ist ja dann überhaupt nicht zu sehen, da er zu dicht
bei der Sonne steht. Ungefähr 2 bis 3 Tage nach dem Zusammentreffen
mit der Sonne leuchtet er zum ersten Mal wieder als winzig kleine Sichel
am Abendhimmel auf: Also als neuer, als Neumond (Bild 13).
Bild 13. Der Unterschied „Neumond“ - „Neulicht“
Da aber die zeitliche Festlegung der kleinen Sichel nur ungenau möglich
ist, gab man später dem Zusammentreffen von Sonne und Mond denselben
Namen. Für den arabischen Kalender dagegen ist der „richtige“ Neumond,
die kleine Sichel am Abendhimmel entscheidend. Zwölf derartige Monate
wurden dann zu einem Mondjahr zusammengefaßt. Es hatte 354 Tage Länge,
wobei die 12 Monate folgende Namen trugen:
1. Moharrem (30 Tage)
2. Safar (29 Tage)
3. Rebî-el-awwel (30 Tage)
4. Rebî-el-accher (29 Tage)
5. Dschemâdi-el-awwel (30 Tage)
6. Dschemâdi-el-accher (29 Tage)
7. Redscheb (30 Tage)
8. Schabân (29 Tage)
9. Ramadân (30 Tage)
10. Schewwâl (29 Tage)
11. Dsû'l-kade (30 Tage)
12. Dsû'l-hedsche (29 Tage, Schaltjahr 30 Tage)
Mondschaltungen
Als sich das arabische Weltreich immer mehr ausbreitete und der Islam
neue Völker unterwarf, erwies sich der bisherige Kalender aber als
sehr unpraktisch. Zu Beginn jeden Monats mußte man erst aufmerksam
suchen, ob denn schon die kleine Mondsichel aufgetaucht sei. Dann erst
war bekannt, ob ein neuer Monat begonnen hatte. Die arabischen Astronomen
ersannen daher ebenfalls eine Schaltregel. Aber dieses Mal war es eine,
die nicht versuchte, den Sonnenlauf zu berücksichtigen, sondern nur
die einzelnen Tage mit dem Mondumlauf in Übereinstimmung brachte.
Sie überlegten sich folgendes:
Ein normales Jahr hat 12 Monate, also eine Länge von
12 X 29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten =
354 Tage, 8 Stunden, 48 Minuten,
d. h. einen Uberschuß von 8 Stunden und 48 Minuten über volle
354 Tage. Dieser Zeitraum wird innerhalb von 30 Jahren wieder eingeholt,
denn in dieser Zeit wächst der Uberschuß von 8 Stunden und 48
Minuten auf eine volle Zahl von Tagen an. Wir erhalten
8 Stunden, 48 Minuten X 30 = 264 Stunden = 11 Tage.
Wenn man also 11 Tage innerhalb von 30 Jahren in den Kalender hineinlegt,
hält man die Monatsanfänge mit dem Aufleuchten
der winzigen Mondsichel in Übereinstimmung, ohne jedesmal
den Beginn eines neuen Monats extra durch Beobachtungen festlegen zu müssen.
11 Jahre wurden daher innerhalb der 30-Jahresperiode zu Schaltjahren mit
jeweils 355 Tagen Länge erklärt. Den zusätzlichen Tag schlug
man dem letzten Monat, dem Dsû'l-hedsche zu. Das Ergebnis
war also ein reiner Mondkalender ohne Berücksichtigung der Sonne und
der Jahreszeiten. Er genügte den frühen arabischen Völkern,
die als Nomaden nicht so sehr vom Stand der Sonne am Himmel abhängig
waren. Die Monate ihres Kalenders laufen so ziemlich schnell durch alle
Jahreszeiten hindurch; immerhin ist das Mondjahr ja um 11 Tage kürzer
als das Sonnenjahr. Sie erkennen das deutlich an der Liste der mohammedanischen
Jahresanfänge in den nächsten Jahren:
Am |
beginnt das mohammedanische |
9. März 1970 |
Schaltjahr 1390 |
27. Februar 1971 |
Gemeinjahr 1391 |
16. Februar 1972 |
Gemeinjahr 1392 |
4. Februar 1973 |
Schaltjahr 1393 |
25. Januar 1974 |
Gemeinjahr 1394 |
14. Januar 1975 |
Gemeinjahr 1395 |
3. Januar 1976 |
Schaltjahr 1396 |
23. Dezember 1976 (!) |
Gemeinjahr 1397 |
12. Dezember 1977 |
Schaltjahr 1398 |
2. Dezember 1978 |
Gemeinjahr 1399 |
21. November 1979 |
Gemeinjahr 1400 |
9. November 1980 |
Schaltjahr 1401 |
Die Zahlen der letzten Spalte sind die Jahre der Ära des mohammedanischen
Kalenders. Ihre Epoche ist
Die Hedschra
Im Jahre 622 n. Chr. hatte Mohammed, der Prophet des Islam, in der
alten Stadt Mekka Schwierigkeiten mit seinen Landsleuten. Sie glaubten
seinen Predigten nicht und zwangen ihn, Mekka zu verlassen und nach Medina
auszuwandern. Mit einigen Getreuen trat er diesen unangenebmen Weg an und
schwor sich, so bald wie möglich zurückzukommen und Mekka für
sich und den neuen Glauben in Besitz zu nehmen. Von diesem Zeitpunkt an,
der Hedschra, dem „Auszug“, zählt der mohammedanische Kalender seine
Jahre. Mohammed gelang es übrigens, Mekka 630, wie er sich geschworen
hatte, wieder zurückzuerobern. Von nun an begann unter seinen Nachfolgern
der beispiellose Aufstieg der Araber zur Weltmacht. Von der Hedschra im
Jahre 622 n. Chr. aus gezählt haben wir jetzt das Jahr 1392 erreicht,
das am 16. Februar 1972 beginnt. 622 + 1392 ergeben aber 2014 und nicht
etwa 1972? Der Grund ist einfach: Man muß bei einer Zählung
der mohammedanisehen Jabre sehr genau darauf achten, daß das Jahr
in diesem Kalender nur 354 oder 355 Tage lang ist. Diese Differenz macht
sich natürlich bemerkbar, und zwar so, daß nach 33 unserer Jahre
bereits 34 mohammedanische Jabre vergangen sind. Denn wir erhalten 33 X
365 Tage = 12 045 Tage; 34 X 354 Tage = 12 036 Tage, also nur 9 Tage Unterschied
(ohne Berücksichtigung der Schalttage). Auf diese Art und Weise haben
die mohammedanischen Jahre bereits eine höhere Zahl erreicht, als
man es nach unserem Kalender erwarten sollte. Der mohammedanische Kalender
wird noch heute in der islamischen Welt benutzt, allerdings nur für
religiöse Zwecke.
Der Kalender der Juden
Die wichtigste Einrichtung in unserer Zcitrechnung ist zweifellos
die Woche. Al1e Kalender, alle Stundenpläne und Termine sind nach
ihren Tagen eingerichtet. Ihre große Bedeutung verdankt die siebentägige
Woche nicht zuletzt ihrem ehrwürdigen Alter von beinahe 4000 Jahren.
Sie wurde zum ersten Mal im jüdischen Kalender zwischen 3000 und 2000
v. Chr. in Gebrauch genommen.
Woher die siebentägige Woche stammt, ist bis heute ein Rätsel
geblieben. Wahrscheinlich spielte bei ihrer Entstehung eine Rolle, daß
man die Zahl sieben in Kleinasien als heilig verehrte und es somit nahelag,
auch einen Zeitraum aus ihr zu formen. Namen hatten die Tage der jüdischen
Woche allerdings noch nicht. Lediglich unser Samstag wurde als Sabbat bezeichnet.
Die restlichen Tage erhielten nur Nummern.
Das sechsfache fahr
Genau wie bei uns war auch im jüdischen Kalender die Woche die
wichtigste Zeiteinheit. Die Monate dagegen waren, wie ihr Name ja eigentlich
auch sagt, voll und ganz nach dem Lauf des Mondes ausgerichtet. Das wird
bereits im Alten Testament im 104. Psalm, Vers 19, ausgedrückt:„Du
hast den Mond gemacht, das Jahr danach zu teilen; die Sonne weiß
ihren Niedergang.“
Die Mondmonate begannen mit dem Neumond und hatten je nachdem eine
Länge von 30 oder 29 Tagen. Bis hierher ist der jüdische Kalender
noch verhältnismäßig einfach und leicht zu überschauen,
doch die Juden versuchten außerdem, eine große Zahi von Besonderheiten
ihres Glaubens und dann auch den Sonnenlauf zu berücksichtigen. Heraus
kam ein Kalender, der zu den kompliziertesten gehört, die jemals ersonnen
wurden; nur die verschiedenen Kalender der Inder übertreffen ihn noch
in dieser Hinsicht.
Da das Jahr mit dem Sonnenlauf übereinstimmen sollte und gleichzeitig
mit dem des Mondes, bediente sich der jüdische Kalender also des Lunisolarjahres.
Um Mond- und Sonnenlauf halbwegs in Übereinstimmung zu halten, hätten
durchaus zwei Jahre gereicht, ein Gemeinjahr mit 12 und ein Schaltjahr
mit 13 Monaten. Bei den Juden kamen jedoch noch die sogenannten „Ausnahmefälle“
hinzu: So durfte z. B. der Neujahrstag, der in den Herbst gelegt wurde,
nicht auf einen Sonntag, Mittwoch oder Freitag fallen. Falls dies doch
der Fall sein sollte, mußte der Neujahrsbeginn um einen Tag verschoben
werden, wodurch natürlich das vorausgegangene Jahr um einen Tag länger
wurde, als es hätte sein sollen. Im ganzen existieren fünf solcher
Ausnahmeregeln (Dechijoth genannt), und wenn man sie alle berücksichtigt,
ergibt sich die erstaunliche Zahl von gleich sechs verschieden langen Jahren!
Es gab das abgekürzte Gemeinjahr mit 353 Tagen Länge, das ordentliche
Gemeinjahr mit 354 und das überzählige Gemeinjahr mit 355 Tagen.
Außerdem noch ein abgekürztes Schaltjahr mit 383, ein ordentliches
mit 384 Tagen und schließlich ein überzähliges Schaltjahr
mit 385 Tagen Länge. Wir haben sie einmal mit Monatsnamen und Monatslänge
in einer Tabelle zusammengefaßt (Bild 14).
Bild 14. Die jüdlsonen Monate
Man kann sich leicht vorstellen, daß bei einer so kompliziert
aufgebauten Regel die Umwandlung eines jüdischen Datums in eines unseres
Kalenders außerordentlich schwierig ist. Um z. B. festzustellen,
ob ein abgekürztes Gemeinjahr oder ein überzähliges Schaltjahr
einander folgten, mußten die jüdischen Kalendermacher umständliche
und komplizierte Berechnungen anstellen. Es würde viel zu weit führen,
wenn wir hier diese genauen Berechnungsmethoden erläutern würden.
Wir wollen uns vielmehr damit begnügen, in der zweiten kleinen Tabelle
den Jahresbeginn und die Jahresform der jüdischen Jahre in den nächsten
Jahren unseres Kalenders anzugeben.
Am beginnt |
das jüdische |
9. September 1972 |
abgekürzte Schaltjahr 5733 |
27. September 1973 |
überzählige Gemeinjahr 5734 |
17. September 1974 |
ordentliche Gemeinjahr 5735 |
6. September 1975 |
überzählige Gemeinjahr 5736 |
25. September 1976 |
abgekürzte Gemeinjahr 5737 |
13. September 1977 |
ordentliche Schaltjahr 5738 |
2. Oktober 1978 |
überzählige Gemeinjahr 5739 |
22. September 1979 |
überzählige Gemeinjahr 5740 |
11. September 1980 |
abgekürzte Schaltjahr 5741 |
Die Erschaffung der Welt
Die Jahreszahlen, die Sie in der kleimen Übersicht des jüdischen
Kalenders eben gefunden haben, rühren von der sogenannten „Weltära“
dieses Kalenders her. Sie kam während des Mittelalters auf, wurde
also erst später dem jüdischen Kalender einverleibt. Ihre Epoche
fällt mit nichts weniger als dem „Tag der Erschaffung der Welt“ zusammen.
Die Welt sollte nach Vorstellung der alten Kalendermacher genau am 7. Oktober
3761 v. Chr. entstanden sein. Auf dieses genaue Datum kamen sie durch folgende
Überlegung: Von Adam bis zum Auszug der Israelis aus Ägypten
setzte man eine Zeitspanne von 2448 Jahren an und von da bis zur Zerstörung
Jerusalems durch römische Truppen unter TITUS noch einmal 1380 Jahre.
Zusammen ergibt das 3828 Jahre. Den Fall Jerusalems legte man auf das Jahr
68 n. Chr. (richtig wäre 70 n. Chr. gewesen), so daß die Welt
genau 68 - 3828 = 3760 Jahre vor Christi Geburt entstanden sein mußte.
Aufgrund einer kleinen Verschiehung unserer Jahreszahlen müssen wir
aber noch eins dazuzählen und erhalten somit das Jahr 3761 v. Chr.
als Epoche der jüdischen Weltära. Warum dies eine Jahr? Das hängt
mit der Entstehung unseres eigenen Kalenders zusammen, und Sie werden es
sofort sehen, wenn wir jetzt seine Entwicklung vom Kalender der Römer
ausgehend beschreiben.
Der Kalender der Römer
Zehn Jahre lang hatten die Griechen vergeblich die Stadt Troja in Kleinasien
belagert, zehn Jahre lang wogte der Kampf, über den HOMER in seiner
Ilias berichtet, unentschieden hin und her. Da gelang ihnen endlich mit
der berühmten Kriegslist des trojanischen Pferdes die Einnahrne der
Stadt. Furchtbar war die Rache der Sieger. Das mächtige Troja versank
in Schutt und Asche und kaum einer seiner Einwohner überlebte. Nur
dem Helden Äneas gelang mit seinem Sohn und einer kleinen Schar von
Kriegern die Flucht. Nach vielen Irrfahrten landeten sie an der Westküste
Italiens in der Nähe der späteren Stadt Rom, wo der Sohn des
Äneas die Stadt Alba Longa gründete.
Eine seiner Nachkommen war die schöne Rhea Sylvia, die von ihrem
Onkel gezwungen wurde, dem Thron zu entsagen und ihr Leben als Jungfrau
der Götter weiterzuführen. Der Kriegsgott Mars vermählte
sich aber dennoch mit ihr, und sie schenkte Zwillingen Romulus und Remus
das Leben. Der grausame Onkel ließ beide aussetzen, doch die Götter
schickten eine Wölfin herunter von den Palatinischen Hügein,
die mit ihrer Milch die beiden hilflosen Knaben nährte. Groß
geworden rächten sie das Schicksal ihrer Mutter, töteten den
treulosen Onkel und gründeten eine eigene Stadt, dort wo sie die Wölfin
auf wunderbare Weise gerettet hatte. Doch sie konnten sich nicht über
die Führung ihrer neuen Stadt einigen, und erst nachdem Romulus seinen
Bruder Remus im Zweikampf getötet hatte, konnte er mit dem Bau beginnen.
Die Stadt, die er und seine Gefährten errichteten, nannten sie Rom.
So geschehen im Jahre 1 der Ara des römischen Kalenders: ab urbe condita
(a. u. c.), von der Gründung der Weltstadt Rom an.
Der altrömische Kalender
Der Zeitpunkt der sagenhaften Gründung Roms wurde jedoch erst
viel später zum Ausgangspunkt der römischen Jahreszählung
gemacht -- und ist dementsprechend ungenau festgelegt. MARCUS TERENTIUS
VARRO hieß der Mann, der erst 43 v. Chr. auf die Idee kam, die Jahre
von einem festen Zeitpunkt aus zu zählen. Ihm zu Ehren nennt man die
ganze Zählmethode die Varronische Ära; ihr Ausgangspunkt 1 a.u
c. = 1 ab urbe condita ist gleichbedeutend mit dem Jahre 753 v. Chr. Vor
VARRO waren die Jahre von den Römern meist nach den Namen der in ihnen
amtierenden Konsuln bezeichnet worden, also z. B.: Im Jahre des Konsulats
von PUBLIUS MANILIUS und GAIUS PAPIRIUS CARBO (gleichbedeutend mit 634
a. u. c.). Das ist aber auch so ziemlich alles, was wir sicher über
den alten römischen Kalender wissen. Alle anderen Überlieferungen
sind ungenau und lückenhaft. Insbesondere trifft das auf die Einteilung
und die Länge des Jahres zu. Ursprünglich soll der römische
Kalender nur 10 Monate gehabt haben mit den Namen
Martius (31 Tage) |
Sextilis (30 Tage) |
Aprilis (30 Tage) |
September (30 Tage) |
Maius (31 Tage) |
Oktober (31 Tage) |
Junius (30 Tage) |
November (30 Tage) |
Quintilis (31 Tage) |
Dezember (30 Tage) |
Zählt man alle Tage zusammen, ergibt sich die erstaunliche Länge
von 304 Tagen, die sich weder durch die Bewegung des Mondes noch der der
Sonne erklären läßt und daher viele Forscher zu gewagten
Vermutungen verleitete. Unter dem König NUMA POMPILIUS kamen dann
noch zwei weitere Monate hinzu, und zwar
Januarius (29 Tage) |
Februarius (28 Tage) |
Die Jahreslänge wurde durch verschiedene Umverteilungen der Tage auf
355 Tage festgelegt. Es war also ein reines Mondjahr entstanden.
Das Kalendermonstrum
Später, zur Zeit der Republik, versuchten die Römer, auch
den Sonnenlauf in ihrem Kalender zu berücksichtigen. Aber ihre Versuche,
eine genaue Übereinstimmung zu finden, blieben erfolglos. Schließlich
gab man dieses Vorhaben ganz auf, und heraus kam nach vielen Versuchen
ein Kalendergebilde, das der bedeutende Chronologe F. K. GINZEL einmal
mit Recht ein „sonderbares chronologisches Monstrum“ nannte. Es bestand
aus vier Jahren, zwei Schalt- und zwei Gemeinjaliren mit folgenden Längen:
1. Gemeinjahr |
355 Tage |
2. Schaltjahr |
378 Tage |
(Schaltmonat = 23 Tage) |
3. Gemeinjahr |
355 Tage |
4. Schaltjahr |
377 Tage |
(Schaltmonat = 22 Tage) |
|
1465 Tage |
Die Monate hatten nun plötziich folgende Längen:
Martius (31 Tage) |
September (29 Tage) |
Aprilis (29 Tage) |
Oktober (31 Tage) |
Maius (31 Tage) |
November (29 Tage) |
Junius (29 Tage) |
Dezember (29 Tage) |
Quintilis (31 Tage) |
Januarius (29 Tage) |
Sextilis (29 Tage) |
Februarius (28 Tage) |
Daran sieht man sofort, daß das neue Jahr mit dem Mondlauf nicht
mehr viel zu tun hat, denn dann müßten sich Monate von 29 und
30 Tagen Länge abwechseln; es dürfte keine von 31 Tagen Dauer
geben. Ein richtiges Sonnenjahr war es aber auch nicht, denn die Anzahl
von 355 Tagen im Gemeinjahr und von 378 oder 377 im Schaltjahr paßt
an sich nur zu einem Mondjahr. Erst nach Ablauf sämtlicher vier Jahre
des Zyklus stimmt der Kalender mit dem Sonnenlauf halbwegs überein
-- aber auch hier wieder nicht genau, denn viermal die Lange eines Sonnenjahres
(4 X 365,2422 Tage) ergibt rund 1461 Tage und nicht 1465. Dieser römische
Kalender enthielt also von allem ein bißchen und von keinem etwas
Genaues, ein wirkliches Monstrum. Das Eigenartigste kommt aber erst noch:
Der Schaltmonat, Mercedonius genannt, wurde nicht etwa an einen normalen
Monat angehängt, sondern mitten in den Februar hineingelegt. Im Schaltjahr
dauerte der Februar 23 Tage, dann kam der Mercedonius mit seinen 22 oder
23 Tagen und danach ging der Februar weiter mit seinen restlichen 5 Tagen!
So viel Ungereimtheiten findet man wirklich in keinem anderen Kalender
und es wundert daher auch kaum, daß er gegen Ende der Römischen
Republik immer mehr in Unordnung geriet und die höchsten Priester,
denen die Kontrolle des Kalenders oblag, zu willkürlichen Schaltungen
übergingen und das Jahr verlängerten oder verkürzten, ganz
wie es ihnen beliebte.
Wenn nicht die Monatsnamen wären, könnte man wirklich nicht
verstehen, daß dieses Kalendermonstrum Grundlage für unseren
heutigen Kalender wurde. Die römischen Namen aber lassen sofort die
Herkunft unserer heutigen Monatsnamen erkennen. Nur der Quintilis und der
Sextilis passen nicht ganz himein -- doch davon später. Immerhin wird
deutlich, daß ursprünglich der März den Jahresbeginn darsteilte,
denn die letzten Monate sind mit Zalhen bezeichnet: September der Siebte
(aber nur vom März aus gerechnet), Oktober der Achte (von lat. octo
= acht, septem = sieben), usw. Die anderen Monate sind nach Göttern
benannt. Januarius etwa nach dem doppelköpfigen Janus, der zwei Gesichter
hatte, oder Junius nach der Gottmutter Juno.
Römische Datierungen - eine vertrackte Sache
Um nun in den einzelnen Monaten die Tage zu bezeichnen, ersannen die
alten Römer ein höchst kompliziertes System, das noch heute zu
den Schrecken aller Lateinschüler gehört. Man sagte nicht etwa
1., 2., 3. März usw., sondern legte zunächst einmal Festpunkte
in jeden Monat. Das waren die „Kalendae“ (von calare = ausrufen; der erste
Tag eines Monats wurde ursprünglich öffentlich ausgerufen), die
den ersten Tag jedes Monats bezeichneten (daher rührt unser heutiges
Wort Kalender!), dann die „Nonae“ und schließlich die „Idus“. Sie
entsprachen dem 5. und dem 13. Tag jedes Monats, außer im März,
Mai, Quintilis und Oktober -- da waren sie der 7. und 15. Tag. Wollte man
also etwa sagen: Am 1. Mai war das und das, so mußte man sinngemäß
formulieren: an den Kalenden des Mai, oder am 13. September: an den Iden
des September, oder am 5. Quintilis: an den Nonen des ..., nein, der Monat
Quintilis stellt ja eine Ausnahme dar; hier müßte das Datum
anders lauten, denn die Nonen sind hier erst der siebte.
Es lautete original geschrieben so: ante diem III Nonas Quintiles;
am dritten Tag vor den Nonen des Quintilis. Man mußte also jeweils
vorwärts zum nächsten Festpunkt rechnen (nie zum Zurückliegenden),
aber dabei den Ausgangs- und den Endtag mitzählen. Also: 5. + 6. +
7. Tag = 3, drei Tage vor den Nonen des Quintilis. Oder der 27. Oktober
ergäbe:
27. + 28. + 29. + 30. + 31. + 1. = 6, also 6 Tage vor den Kalenden
des November: ante diem VI Kal. Nov. Und vielleicht noch ein Beispiel:
4. Januar. Ante diem II ... leider falsch, denn am Tag genau vor dem Festpunkt
wendeten die Römer wieder etwas anderes an. Dieser Tag hieß
einfach „pridie“ (= der Tag davor). Also ergäbe sich für den
4. Januar: pridie Nonas Januarias. Doch der 6. Januar dann nicht etwa postdie
Nonas, sondern wieder ganz genau gerechnet: am 8. Tag vor den Iden des
Januars. Könnten Sie sich eine noch kompliziertere Datierung vorstellen?
Wohl kaum und sicher werden Sie jetzt fragen, warum sie überhaupt
vorgestellt wurde. Nun, nur hiermit lassen sich viele noch heute anzutreffende
Bezeichnungen erklären, z. B. das französische Wort für
Schaltjahr „année bissextile“, das doppelt-sechste Jahr?? Oder die
immer wieder zu hörende und im ersten Augenblick unverständliche
Behauptung, der 24. und nicht der 29. Februar sei der Schalttag unseres
Kalenders. Und ein wichtiges Datum der Weltgeschichte werden Sie jetzt
sofort übersetzen können: Was geschah an den Iden des März
44 v. Chr.? Der März ist einer der besonderen Monate, also sind die
Iden gleichbedeutend mit dem 15. März. In Rom geschah an diesem Tag
ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung: GAIUS JULIUS CÄSAR,
der Erneuerer des römischen Kalenders, wurde ermordet.
Die Julianische Kalenderreform
Im Jahre 46 v. Chr. kam GAIUS JULIUS CÄSAR nach langer Abwesenheit
als Diktator zurück nach Rom. Eine endlose Kette von Feldzügen
gegen seinen großen Widersacher POMPEJUS, aber auch eine Reihe glänzender
Siege lag hinter ihm. Der Triumphzug übertraf alles Dagewesene, ganz
Rom lag ihm zu Füßen. Doch auch die Mißstände, die
während seiner Abwesenheit eingerissen waren, hatten ein gefährliches
Ausmaß angenommen. Der neue Diktator mußte sie beseitigen.
Eines dieser Probleme war die völlig durcheinandergeratene Zeitrechnung.
Gegen Ende der römischen Republik waren die Priester dazu übergegangen,
je nach Bedarf Schaltmonate einzulegen, um Übereinstimmung mit dem
Sonnenlauf zu erreichen. Aber auch die Priester waren damals in Rom bestechlich.
So geschah es oft, daß Beamte, die ihre Ämter gerne etwas länger
verwaltet hätten, die Priester durch hohe Schmiergelder dazu veranlaßten,
einfach noch einen oder gar zwei Monate zum Jahr dazuzulegen -- Verhältnisse
also, die sich mancher Zeitgenosse wohl auch heute noch wünschen würde.
Der Kalender war dadurch ganz und gar in Verwirrung geraten und CÄSAR
ver1ängerte, um die gröbsten Fehler zu beseitigen, das Jahr 46
v. Chr. gleich um 3 Monate, so daß es die außergewöhrliche
Länge von 445 Tagen hatte -- das längste Jahr in der ganzen abendländischen
Geschichte. Gleichzeitig sollte von nun an jedes Jahr 365 Tage lang sein
und alle vier Jahre ein Schaltjahr von 366 Tagen eingelegt werden. Damit
war die im Grunde noch heute gültige Schaltregel geschaffen worden.
Das zu Ehren CÄSARs als „Julianisch“ bezeichnete Jahr hatte eine durchschnittliche
Länge von 365 Tagen und 6 Stunden, denn der Schalttag, im vierten
Jahr auf 4 Jahre umgelegt, ergibt jeweils 6 Stunden (24 / 6 = 6) und war
nur 12 Minuten zu lang gegenüber der tatsächlichen Jahreslänge
von 365d 5h 48m. Erfunden hat CÄSAR das neue Jalir und den neuen Kalender
allerdings nicht. Wahrscheinlich geht es zurück auf das Dekret von
Canopus, das er bei seiner Eroberung Ägyptens kennenlernte (vgl. S.
22).
Schalttag: 24. oder 29. Februar?
Doch die Kalenderreforrn CÄSARs ging noch weiter. Da plötzlich
das Jahr 10 Tage länger war, mußten diese Tage irgendwie verteilt
werden. Aus verschiedenen Gründen, die zum Teil mit den römischen
Festen zusammenhingen, entschied er sich für die noch heute gültige
Verteilung von 30 und 31 Tagen langen Monaten. Ihre Reihenfolge kann man
sehr leicht mit Hilfe einer Hand ableiten: Eine Erhöhung steht für
31 Tage, eine Vertiefung dazwischen für 30 bzw. 28 Tage (s. Bild 15).
Bild 15. Die Länge der Monate im heutigen Kalender können
wir leicht mit Hilfe elner zur Faust geballten Hand ableiten
Schaltmonat sollte der Februar sein, doch auf welchen Tag sollte der Schalttag
folgen? Bei unserer heutigen Zählweise müssen wir notgedrungen
einen 29. Februar anhängen, doch CÄSAR wollte gerade das vermeiden.
Er wollte die fest im Volk verwurzelten Datierungen nicht ändern und
entschloß sich daher zu einem Ausweg. Er zählte einfach einen
Tag doppelt, und zwar den auf den 23. Februar folgenden, an dem in Rom
das große Fest der Terminalen gefeiert wurde und außerdem der
obskure alte Schaltmonat Mercedonius begonnen hatte (vgl. S. 48). Und nun
lassen Sie uns einmal die eben gewonnenen Kenntnisse über die Datierung
der Römer anwenden: Vom 24. Februar müssen wir zum 1. März,
den Kalenden des März, vorwärts zählen:
24. + 25. + 26. + 27. + 28. + 1. = 6, also ante diem sextum (VI) Kalendas
Martias. Und der 24. Februar sollte doppelt gezählt werden und so
den Schalttag bilden, der zweite 24. Februar sozusagen. Zweimal heißt
auf lateinisch bis, und so erhalten wir die Bezeichnung des Schalttages:
ante diem bis sextum Kalendas Martias. Und schon hätten wir
genau erklärt, woher der seltsame Name „année bissextile“ für
Schaltjahr im Französischen rührt. Als sich später die Datierung
der Monatstage mit Nummern durchsetzte, blieb aber die Vorstellung verwurzelt,
daß der Schalttag der Tag nach dem 23. Februar sein mußte.
Deshalb findet man noch heute, z. B. in Heiligenkalendern der Kirche, den
24. Februar als Schalttag verzeichnet. Schließlich verlegte CÄSAR
auch noch den Jahresbeginn vom März auf die Zeit, zu der die römischen
Konsuln schon immer ihr Amt angetreten hatten -- auf den 1. Januar. Dadurch
waren jetzt eigentlich die Monatsnamen September (= der siebte), Oktober
(= der achte) usw. sinnlos geworden. Und schließlich erhielt er eine
Belohnung für seine Mühen. Ihm zu Ehren benannte der römische
Senat den Monat Quintilis um in Julius und CÄSARS Nachfolger AUGUSTUS
ließ den Sextilis in August umtaufen. Der neue, „Julianische“ Kalender
war endgültig vorhanden.
Fortsetzung
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