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Der Julianische Kalender
 
Die militärische Maclit der Römer verhalf dem neuen Kalender in kurzer Zeit zu weltweiter Verbreitung, die sich allerdings auf die damalige Welt, die Länder um den Mittelmeerraum beschränkte. Hinzu kam sein klarer und einfacher Aufbau. CÄSAR und seine Berater hatten erkannt, daß ein modernes Staatswesen nicht mehr viel mit der Rechnung nach den Mondphasen anfangen konnte. Zu kompliziert war die erforderliche Schaltung, und der Nutzen, daß die Monate immer mit dem Neumond oder dem Neulicht begannen, war für das bürgerliche Leben äußerst gering. Bauern und Händler brauchten ein Jahr, das die viel stärkeren Einflüsse der Sonne berücksichtigte und möglichst einfach zu handhaben war. All das erfüllte der Julianische Kalender. Die Berechnung nach Mondphasen war ganz weggefallen und die Schaltregel klar und verständlich. So konnte es nicht ausbleiben, daß er überall Eingang und Verwendung fand. Doch zu seinem wirklich weltweiten Siegeszug verhalf ihm die neuentstandene christliche Kirche mit ihrem Oberhaupt in Rom.
Die ersten Gemeinden kannten in den nachchristlichen Jahrhunderten keinen anderen Kalender als den des GAIUS JULIUS CÄSAR. All ihre Feste waren darin festgelegt und so nahmen sie ihn überall mit, wohin sie auch immer gelangten. Während des Mittelalters gab es in Europa nur einen Kalender, ebenso in Nordafrika und Kleinasien -- eine bemerkenswerte Tatsache, wenn man an die Zersplitterung während des Altertums denkt. Während aber die christliche Kirche die Grundlagen des gesamten Zeitrechnungssystems von den Römern übernommen hatte, schuf sie eine Einrichtung des mittelalterlichen und damit auch des heutigen Kalenders selbst: die Methode, die Jahre ab Christi Geburt zu zählen.
 
Tafel 3. Papst Gregor XIII. gab 1582 dem Kalender seine heutige Form. Der „Gregorianische“ Kalender ist inzwischen weltweit verbreitet. Zeitgenössischer Kupferstich von F. Hulsius. Archiv für Kunst und Geschichte
 
 
Tafel 4. Der große Astronom Johannes Kepler war ein entschiedener Befürworter des Gregorianischen Kalenders. Historia-Photo
 
Die christliche Ära

Im Jahre 500 lebte in Rom der Abt DIONYSIOS EXIGUUS. Aus seinem Leben ist wenig bekannt, außer daß er sich mit Kalenderrechnungen und den Schwankungen des Osterfestes beschäftigte. Zu seiner Zeit war es üblich, die Jahre des Julianischen Kalenders nach der sogenannten „Märtyrer-Ära“ zu rechnen, die mit dem Amtsantritt des römischen Kaisers DIOKLETIAN 284 n. Chr. begann. DIONYSIOS EXIGUUS aber fand, daß es würdiger sei, „den Verlauf der Jahre nach der Menschwerdung Christi“ zu bezeichnen als „nach einem Manne, der eher ein Tyrann denn ein Kaiser war“. Es galt also, den Zeitpunkt der Geburt Jesu Christi nachträglich festzulegen. Das gestaltete sich aber zur Zeit des DIONYSIOS EXIGUUS über 500 Jahre später schon überaus schwierig. Die Uberlieferungen waren sehr ungenau und so war der römische Abt mehr auf Schätzungen angewiesen. Er setzte schließlich das 248. Jahr nach DIOKLETIAN mit dem Jahre 532 n. Chr. gleich und nannte die neugezählten Jahre „anni domini nostri Jesu Christi“, die Jahre unseres Herrn Jesus Christus. Schon bald erlangte seine Ära weite Verbreitung; etwa ab 1000 war sie überall in Europa gebräuchlich. Die Päpste benutzen sie offiziell allerdings erst ab 1431.
Unbeabsichtigt schuf DIONYSIOS EXIGUUS durch die Einführung seiner neuen Ära auch eine kleine Erleichterung in der Einteilung der Schaltjahre. Denn sie fielen nun immer in die Jahre, deren Jahreszahl sich ohne Rest durch vier teilen läßt. 1968 ergibt z. B. durch vier geteilt 492 ohne Rest und ist also ein Schaltjahr; 1467 dagegen ergibt 366 Rest 3 und war kein Schaltjahr.
Doch dieser kleine Vorteil wird durch eine viel größere Ungenauigkeit erkauft - der Anfangspunkt der Jahreszählung stimmt nicht. Einer der ersten, der das bemerkte, war übrigens kein Geringerer als der berühmte deutsche Astronom JOHANNES KEPLER im Jahre 1606. Er wies darauf him, daß vor allem eine Berechnung des Sterns von Bethlehem zu einer exakteren Festlegung des wahren Geburtstages von Jesus Christus führen müßte. Nun ist jedoch die Deutung dieses bekannten Gestirns außerordentlich schwierig, und man hat auch schon alle Himmelserscheinungen vom Sternbild der Jungfrau bis hin zu einer Sternschnuppe, von einem kleinen Engel bis zum Kometen Halley dafür vorgeschlagen. Am wahrscheinlichsten dürfte die Erklärung sein, die schon JOHANNES KEPLER gab: Der Stern von Bethlehem war eine enge Zusammenkunft der Planeten Jupiter und Saturn im Jahre 7 vor Beginn unserer Zeitrechnung (Bild 16). Das führt zu dem erstaunlichen Ergebnis: Jesus Christus wurde im Jahre 7 v. Chr. geboren! Doch ganz abgesehen davon, daß man heute die Jahreszählung ohnehin nicht mehr ändern könnte; die Genauigkeit solcher späten Berechnungen ist auch nicht allzu groß und wir müssen eines anerkennend feststellen: So sehr hat sich DIONYSIOS EXIGUUS gar nicht geirrt, als er vor nun mehr als 1400 Jahren den Beginn unserer Zeitrechnung festlegte.
 

 Bild 16. Der Stern von Bethlehem war wahrscheinlich eine enge Zusammenkunft der Planeten Jupiter und Saturn. Das Bild zeigt die Bahnen beider Planeten und die drei Konjunktionen im Jahr 7 v. Chr. Die dritte enge Konjunktlon trat am 4. Dezember ein (nach E. PohI)
 
Wann wurde Cäsar ermordet?
 
Die Kette der Besonderheiten und Merkwürdigkeiten der neuen christlichen Ära ist damit aber noch nicht beendet. DIONYSIOS EXIGUUS gab ihr ein weiteres Merkmal, das bis heute Anlaß zu Streitereien und Ungewißheit blieb. Getreu der damals üblichen Zählung nannte er das erste Jahr der neuen Zählmethode, das Jahr der Epoche also, Jahr Nurnmer 1 -- nicht etwa Jahr 0! Denn die Null galt damals gar nicht als Zahl und konnte somit auch nicht zur Bezeichnung verwendet werden. Lange Zeit ging alles gut, so lange nämlich, bis man bemerkte, daß viele wichtige Ereignisse auch vor der Epoche der neuen Ara stattgefunden hatten. Man mußte auch Jahre v. Chr. zählen; doch die Null hatte immer noch nicht den Rang einer Zahl erhalten, und das Jahr vor dem Jahr 1 bekam die Bezeichnung 1 v. Chr. Wir haben daher folgende Reihe der Zählung:
... 3 v.Chr.    2 v.Chr.   1 v.Chr.    1 n.Chr.    2 n.Chr.  ...
Zwischen dem Beginn des Jahres 2 v. Chr. und dem des Jahres 2 n.Chr. liegen also nur drei Jahre und nicht etwa (2 + 2) 4 Jahre. Daher aufpassen:
Will man die Jahre zwischen einem Datum vor und einem nach Christus bestimmen, so muß von dem Ergebnis immer 1 abgezogen werden!
Von 10 v. Chr. bis 1972 n. Chr. sind also nicht 1982, sondern nur 1981 Jahre verstrichen! Und wann war der 2000. Jahrestag der Ermordung CÄSARs (44 v. Chr.)? An den Iden des März, also am 15.3., aber nicht 1956, sondern erst 1957, denn 1957+44-1 ergibt genau 2000.
Die exakten Astronomen machen diese verwickelte Zählung übrigens nicht mit, sondern führten nachträglich doch ein Jahr 0 ein. Um nun nicht heute mit der Jahreszählung in Konflikt zu geraten, setzten sie ihr Jahr 0 vor den Beginn der Ära. Also hätten wir die Kette:
 
bürgerlich: 3 v. Chr. 2 v. Chr. 1 v. Chr. 1 n. Chr. 2 n. Chr.
astronomisch: -1 -1 0 +1 +2
 
Die astronomischen Jahre vor Christus sind also immer urn 1 niedriger. Mit dieser Methode braucht man nun keine besonderen t)berlegungen mehr anzustellen. Da dem Jahr 44 v, Chr. bei den Astronomen -43 entspricht, ergibt sich sofort für den 2000. Jahrestag der Ermordung CÄSAR8: - 43 + 2000 = 1957. Daraus erklärt sich jetzt auch die Lage der Epoche des jü-dischen Kalenders, die wir auf S.45 mit 3761 v. Chr. angaben, obwohl zurückgerechnet die Erschaffung der Welt 3760 Jabre vor Christi Geburt stattgefunden haben soll. Wir müßten dort aber genau sagen: 68 - 3828 = -3760, und das Jahr -3760 (astronomisch) entspricht eben dem Jahr 3761 v. Chr. (bürgerlich).

Der Gregorianische Kalender
 
Ein Intermezzo - Die Woche
 
Ständig änderten sich in den letzten Jahrtausenden der Geschichte die Kalendersysteme. Alte wurden durch neue ersetzt, diese wieder reformiert, Tage darin ausgelassen, neue Schaltungen ersonnen usw. In den Übergangszeiten war das Chaos zwischen alter und neuer Rechnung häufig vollkommen. Auch die Ären wechselten oft, begannen mit falschen Epochen, wurden später nach rückwärts ergänzt -- und auch dann noch falsch. Nur eine Einheit der Zeitrechnung hat alle Zeiteinflüsse ohne jede Unterbrechung, ohne jede Reform überstanden: Unsere Woche. Seit über 2000 Jahren wird sie ohne Fehler weitergezählt.
Schon eimmal ist uns bisher die Woche begegnet, und zwar im Kalender der Juden. Von hierher übernahm sie das Christentum und verhalf ihr zu ihrer weiten Verbreitung. Interessanter und in ihrer Entstehung ebenfalls noch ungeklärt sind außerdem die Namen der einzelnen Wochentage.
Daß sie etwas mit den Sternen zu tun haben, insbesondere mit den Planeten, erkennt man bereits bei einer ersten Betrachtung. Sonntag deutet auf die Sonne, Montag auf den Mond -- die anderen Planeten sind schon schwieriger aus den Namen herauszuhören. In anderen gängigen Sprachen ist das viel einfacher. Vergleichen Sie dazu einmal die folgende Liste:
 
Planet Wochentage
deutsch englisch französisch
Sonne Sonntag Sunday Dimanche
Mond Montag Monday Lundi
Mars Dienstag Tuesday Mardi
Merkur Mittwoch Wednesday Mercredi
Jupiter Donnerstag Thursday Jeudi
Venus Freitag Friday Vendredi
Saturn Samstag Saturday Samedi
 
Im Deutschen und Englischen treten an die Stelle der römischen Planetengottheiten zum Teil die entsprechenden germanischen, etwa Jupiter = Donnar (Donnerstag) und Venus = Freja (Freitag). Wie die Wochentage nun gerade in dieser Reihenfolge ihre Planetennamen erhielten, ist unbekannt. Fest steht nur, daß die Planetenwoche schon sehr früh entstand und sich erstaunlich schnell durchsetzte. Bereits in den ersten Jahrhunderten nach Christus war sie im römischen Weltreich allgemein üblich. Die frühe Kirche bekämpfte die Benennung der Tage nach Planeten als heidnisch, konnte ihre Verbreitung aber nicht verhindern. Nur einige Teilerfolge verbuchte sie für sich, die insbesondere auf Kosten des Saturn gingen. Der Tag des Saturns wurde häufig wieder zum Vorabend des Sonntag oder zum Sabbat wie bei den Juden. Auch der Tag des Merkur mußte im Deutschen der „Mitte der Woche“, dem Mittwoch, weichen.
Die übrigen Wochentage aber blieben davon verschont, ihre Zählung und Benennung blieb beim Volk verwurzelt und überdauerte sogar ohne Beeinträchtigung die nächste große Korrektur auf dem Weg zu unserem heutigen Kalender: Die Gregorianische Kalenderreform im Jahre 1582.
 
Ein Kalender geht vor
 
Erinnern wir uns: Im Jahre 46 v. Chr. hatte GAIUS JULIUS CÄSAR seinen Julianischen Kalender geschaffen. Alle vier Jahre wurde in ihm ein Tag zugelegt. Nach der Einführung der neuen christlichen Ära waren es immer die, deren Jahreszahl sich ohne Rest durch vier teilen ließ. Ein Tag auf vier Jahre verrechnet, ergibt pro Jahr 24 / 4 = 6 Stunden. Das sogenannte Julianische Jahr dieses Kalenders hatte also eine Länge von 365 Tagen und 6 Stunden. Doch in Wirklichkeit dauert das Jahr, also der Umlauf der Erde um die Sonne, nur 365 Tage, 5 Stunden und 48 Minuten - das Kalenderjahr war also um 12 Minuten zu lang. Dieser Betrag scheint zunächst nicht sehr ins Gewicht zu fallen; in ein paar Jahrhunderten aber macht er sich schon deutlich bemerkbar. Im 16. Jahrhundert etwa war er bereits auf 10 Tage angewachsen. Der Frühling begann nun schon am 11. März anstatt am 21. März (Beachten Sie die Regel, die wir zu Beginn ermittelten: Das Julianische Jahr ist zu lang, daher weichen die Jahreszeiten zurück). Eine solche Differenz mußte natürlich auffallen -- allerdings nur den Astronomen. Im normalen Leben merkte man kaum, daß der Frühling zu früh begann, zumindest nicht bei nur 10 Tagen. Nein, es war etwas ganz anderes, das vielen Menschen sofort zeigte: mit dern Julianischen Kalender stimmt etwas nicht und das schließlich auch der Hauptanlaß zur Kalenderreform war: Unser gutes, altbekanntes Osterfest.
 
Das schwankende Osterdatum
 
Neben Weihnachten bildet Ostern zweifellos das wichtigste Fest der christlichen Kirche. Doch während Weihnachten immer am 25. und 26. Dezember gefeiert wird, läuft das Osterdatum ständig hin und her. Verantwortlich hierfür ist der Mond, der sich beim Osterdaturn noch einen letzten Rest seiner einstmals beherrschenden Stellung als Zeitmesser erhalten hat. Und das kam so:
Im Jahre 325 n. Chr. tagte in Nikäa in Kleinasien in der heutigen Türkei das erste Konzil der frühen Christenheit. Eine seiner Hauptaufgaben war die Festlegung des Osterdatums, um das es damals sehr viel Streit in den verschiedenen Kirchengemeinden gab. Deshalb entschloß man sich zu einer festen Osterregel: Ostern sollte immer am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlimgsanfang gefeiert werden. Der Grund dafür findet sich in der Bibel. Nach der Überlieferung wurde Jesus Christus am jüdischen Passahfest gekreuzigt und stand am darauffolgenden Sonntag von den Toten auf. Das Passahfest aber fiel nach ddem jüdischen Kalender immer auf den ersten Vollmond nach Frühlingsanfang. Nun war jedoch die verwickelte Mondbewegung damals nur sehr ungenau bekaunt, und um das Osterdatum dennoch auf große Zeiträume vorherberechnen zu können, entschloß man sich zu eimem einfachen, abgekürzten Verfahren. Der Frühlingsanfang wurde ein für allemal auf den 21. März festgelegt, und die Mondphasen sollten mit einer schematischen Rechnung bestimmt werden.
Doch jedes abgekürzte Verf ahren hat natürlich Mängel, und so wichen auch die vorherbestimmten Ostervollmonde immer stärker von der Wirklichkeit ab. Das aber war viel auffälliger: Die Gläubigen sahen im Frühling einen Vollrnond am Himmel leuchten, aber Ostern fand trotzdern nicht am darauffolgenden Sonntag statt -- der provisorisch berechnete Vollmond fiel auf einen anderen Tag und ergab dadurch natürlich auch ein anderes Osterdatum. Dieser Fehler wurde schließlich so auffällig, daß sich die Kirche in Rom, zur Änderung des Kalenders entschloß!
 
Was geschah im Oktober 1582 in Rom?
 
Der Mann, der unserem Kalender im Jahre 1582 seine heutige Gestalt gab, war Papst GREGOR XIII., der von 1572 bis 1585 amtierte. 1576 hatte er eine erste Kommission aus mehreren Astronomen bestimmt, die nach vielen Vorarbeiten ihm schließlich 1581 einen vollständigen Entwurf für einen neuen Kalender vorlegte. Am 24. Februar 1582 wurde er von ihm in der päpstlichen Bulle „Inter gravissimas“ verkündet. Der für uns wichtigste Inhalt bestand in folgenden Punkten:
1. Um die Jahreszeiten wieder in Übereinstimmung mit dem Kalender zu bringen, werden 10 Tage ausgelassen; auf den 4. Oktober 1582 folgt sofort der 15. (nicht etwa der 14., denn dann fielen nur 9 Tage aus. Man muß die dazwischenliegenden Tage berücksichtigen). Daraus läßt sich eine lustige Quizfrage ableiten: Was geschah in Rom zwischen dem 4. und dem 15. Oktober 1582? Die Antwort, daß gar nichts passierte, weil es diese Tage nicht gibt, werden Sie jetzt ohne Schwierigkeiten geben können.
2. Die Schaltregel wird geringfügig geändert: Grundsätzlich bleibt es beim alten, aber die Säkularjahre, das sind die, die mit zwei Nullen enden (1600, 1700, 1800), erhalten nur dann einen Schalttag, wenn sie sich durch 400 und nicht nur durch 4 teilen lassen. 1600 ist also ein Schaltjahr gewesen, aber 1700, 1800 und 1900 nicht, denn sie sind zwar durch 4, aber nicht durch 400 restlos teilbar.
3. Die Wochentagszählung wird nicht unterbrochen; der 4.10.1582 war ein Donnerstag. Darauf folgte sofort Freitag, der 15.10.1582.
4. Die Osterfestberechnung wird geändert. Hier liegt der eigentliche Kern der Reform. Man blieb bei der alten Regel des Sonntags nach dem Frühlingsvollmond, aber die Berechnung wurde komplizierter. Dafür stimmen auch heute noch die nach den Gregorianischen Regeln bestirnmten Ostersonntage fast immer mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Das Osterfest kann übrigens zwischen dem 22. März und dem 25. April hin- und herschwanken.
 
Der Frühling wandert immer noch
 
Die Gregorianische Kalenderreform war äußerst geschickt angelegt. Die Abweichungen vom bisherigen Julianischen Kalender hielt man so gering wie möglich, denn das auf die Reform folgende Säkularjahr 1600 war in beiden Kalendern ein Schaltjahr (es ist durch 4 und 400 ohne Rest teilbar), und die erste Differenz gab es erst im Jahre 1700. Gegenüber dem Julianiachen Kalender fielen innerhalb von 400 Jahren 3 Schalttage aus (immer in den drei vollen Jahrhunderten, die nicht durch 400 teilbar sind). Pro Jahr ergab sich also eine Verkürzung von 3 Tagen / 400 Jahren = 0,0075 Tage pro Jahr. Somit folgt für die Jahreslängen:
 
Tatsächliches Sonnenjahr: 365,2422 Tage
Julianisches Jahr:  365,2500 Tage
Gregorianisches Jahr (Jul. Jahr - 0,0075): 365,2425 Tage
 
 Die Abweichung zum tatsächlichen Jahr ist also im Gregorianischen Kalender ziemlich gering; sie wächst erst in rund 3300 Jahren auf einen Tag an. Trotz der Genauigkeit des Gregorianischen Kalenders verschieben sich aber die Anfänge der Jahreszeiten noch immer ein wenig. So fällt z.B. der Frühlingsanfang nicht ständig auf den 21. März, sondern manchmal auch auf den 20. März. Das liegt daran, daß sich die Exaktheit des Kalenders nur innerhalb eines sehr großen Zeitraums auswirkt. Innerhalb einer Zeitspanne von einigen Jahrzehnten kann dagegen auch der Gregorianische Kalender die Minuten und Sekundenüberschüsse des natürlichen Jahres nur mit der groben Waffe ganzer Tage ausgleichen. So summiert sich langsam doch wieder ein Fehler, der in den vollen Jahrhunderten im Gegensatz zum Julianischen Kalender durch den ausgefallenen Schalttag allerdings wieder ausgeglichen wird. Aber bis dahin läßt sich das Anwachsen des Fehlers nicht vermeiden. So ergibt sich für die Jetztzeit die folgende Tabelle:
 
Frühling Sommer Herbst Winter
Spätester Beginn 1903 21.3. ... 19 Uhr 22.6. ... 15 Uhr 24.9. ... 6 Uhr 23.12. ... 0 Uhr
Frühester Beginn 2096 19.3. ... 14 Uhr 20.6. ... 7 Uhr 21.9. ... 23 Uhr 20.12. ... 21 Uhr
 
Sie sehen daran genau die Regel der Einleitung bestätigt: Das Gregorianische Jahr ist ein kleines bißchen zu lang, genau 0,0003 Tage, und daher rutschen die Jahreszeiten rückwärts. Aber wenn man bedenkt, wie stark sie sich ohne Schaltung veränderten, sind diese kleinen Differenzen wirklich nicht so schlimm.
 
Die Ausbreitung des Gregorianischen Kalenders
 
Viel weniger geschickt war jedoch die Art, in der der Gregoriauische Kalender verkündet wurde. Und die Geschichte seiner Ausbreitung liest sich deshalb teilweise spannend wie ein Kriminalroman.
Sofort im Jahre 1582 nahmen den neuen Kalender lediglich Spanien, Portugal und Italien an. Andere Länder, insbesondere die protestantischen, widersetzten sich dem päpstlichen Kalender. Und die Kirche machte es ihnen auch leicht; unvorsichtigerweise hatte man vergessen, dem nenen Kalender auch eine wissenschaftliche Erklärung mitzugeben, und so prasselte bald eine Flut von beschimpfenden Flugblättern auf ihn. So warf man ihm etwa vor, er stehle durch das Auslassen von 10 Tagen den armen Bauern 10 Tage ihres Lebens und bereite den Zugvögeln Schwierigkeiten, die nun nicht mehr wüßten, wann ihre Zugzeiten seien!
Auch Bücher dieser Art gab es. Im Jahre 1584 erschien z. B. in Dresden ein kleines Büchlein „Ein kurtzweiliges Gespräch zweier meissnerischer Bauern über den neuen Bäpstischen Kalender.“ Die Bauern Merten und Bebel wissen darin genau zu berichten, warum der Kalender reformiert worden sei. Der Papst habe den neuen Kalender nämlich nur gemacht, weil er fürchte, der Jüngste Tag komme zu früh. Nun habe er aber durch den neuen Kalender Christus verwirrt, und dieser wisse nun nicht mehr, wann er denn eigentlich zum Gericht zu erscheinen habe, so daß der Papst noch länger seine Bubenstücke aufführen könne!
Oder noch eine kleine Kostprobe: 1590 veröffentlichte man ein Gedicht: „Der Weiber Krieg wider den Bapst, darumb das er zehen tage aus dem Calender gestohlen hat.“ Der Verfasser meint darin, die Weiber würden die Männer während des ganzen Jahres unter dem Pantoffel halten, nur nicht in der Karwoche. Da könnten sie endlich in die Trinkstube gehen. Durch die Auslassung von zehn Tagen wird nun das angemaßte Recht der Frauen verletzt, da die Männer jetzt zwei Karwochen geltend machten, einrnal nach dem neuen und dann nach dem alten Kalender. Deshalb führten sie große Klagen und wollten den Kalender wieder abschaffen. Eigentlich sollte der Verfasser doch nun dem nenen Kalender dankbar sein, denn danach konnte er ja seiner besseren Hälfte zwei Wochen pro Jahr entkommen. Aber mitnichten! Er erträgt lieber die Hölle, die die Frauen auf Erden bereiten, als auf ewig mit den Papisten in der richtigen Hölle zu braten.
Neben einer Flut solch wüster Beschimpfungen standen aber auch wissenschaftlich begründete Ablehnungen. Vor allen Dingen warf man der Reformkommission Papst GREGOK XIII. vor, sie sei immer noch bei der vereinfachten Berechnung des Ostervollmondes geblieben, obwohl jetzt bereits durchaus gute astronomische Tafeln zur Verfügung ständen. Erstaunlicherweise verteidigte sich die Kirche immer noch nicht, und prompt fiel daher der neue Kalender auf mehreren deutschen Reichstagen wegen des Widerstandes der protestantischen Reichsstände durch.
Endlich erschien im Jahre 1603 die genaue Begründung des Gregorianischen Kalenders; der päpstliche Astronom CHRISTOPHER CLAVIUS veröffentlichte sein Werk „Explicatio Romani Calendarii a Gregorio XIII Pontifex Maximus restituti“ -- genaue Erklärung des durch Papst GREGOR XIII. reformierten Kalenders. Doch zu dieser Zeit war man bereits so weit, daß ein Gegner des neuen Kalenders den päpstlichen Astronomen CLAVIUS als Bestie, Esel und Dickbauch titulierte.
Auf die Dauer aber ließ sich der Widerstand nicht fortsetzen. Der nene Kalender war doch sehr gut konstruiert und setzte sich in den katholischen Ländern rasch durch. So ging etwa Frankreich vom 9. zum 20. Dezember 1582 zu ihm über, Holland und Flandern vom 21. Dezember zum 1. Januar 1583. Es entstand gerade in Ländern, wo Protestanten und Katholiken nebeneinander wohnten, ein großes Durcheinander -- die einen rechneten noch im alten, die anderen bereits im neuen Stil. Einen anderen Kalender dagegenzusetzen, hätte das Durcheinander nur noch vergrößert. JOHANNES KEPLER, Deutschlands größter Astronom und, obwohl überzeugter Protestant, ein entschiedener Anhänger des neuen Kalenders, sprach das schon in einem Brief vom 10. Februar 1597 aus: „Was will denn das halbe Deutschland machen? Wie lange will es sich von Europa abspalten? Die Kalenderrechnung wurde angenommen von Bayern, Österreich, Steiermark, allen Bischöfen, Italien, Ungarn, Polen. Übrig sind nur die Könige der nordischen Länder, die durch das Meer von uns getrennt sind. Auf was sollen wir warten? Etwa darauf, daß ein Deus ex machina hervortritt und all jene Regierungen mit dem Licht des Evangeliums erleuchtet? Wer möchte es wagen, einer Regierung einen besseren Kalender vorzuschlagen? Denn nachdem bestimmte Verbesserungen vorgenommen wurden, könnte niemand in einem so kleinen Teil Europas ohne weiteres und ohne Verwirrung anzurichten, eine andere einführen. Man muß also entweder die alte Form beibehalten oder die Gregorianische einführen.“
KEPLERs Überlegungen waren völlig richtig. Unaufhaltsam setzte sich der Gregorianische Kalender durch.
 
Der 30. Februar und die Oktoberrevolution
 
Interessant sind dabei noch die Verhältnisse in den nordischen Ländern. Insbesondere in Schweden wußte man für Jahrzehnte nicht genau, was man nun eigentlich tun sollte. Erst wurde der Gregorianiche Kalender eingeführt, dann wieder abgeschafft, schließlich wieder übernommen, aber mit einer anderen Osterregel. Erst 1844 (!) kam der gesamte Gregorianische Kalender einschließlich der Osterregel in Gebrauch. Unterdessen hatte man sogar einmal im Jahre 1712 dem Februar 30 Tage geben müssen. Es hat also tatsächlich einmal einen 30. Februar gegeben – eine andere schöne Quizfrage, aber wohl nur für Spitzenkönner.
Das Übergewicht, das der Gregorianische Kalender bald in der gesamten Welt erreichte, ließ schließlich auch die letzten Staaten Anfang dieses Jahrhunderts zu ihm übergehen. 1875 übernahm ihn Ägypten, 1912 führte ihn der Revolutionär Dr. SUN YAT SEN in China ein, ab 1927 gilt er in der Türkei. Besonders interessant sind die Verhältnisse in Rußland und in Griechenland. Rußland führte den neuen Kalender 1918 ein – dadurch ist die erstaunliche Tatsache zu erklären, daß die Sowjetunion heute den Jahrestag der Oktoberrevolution immer im November, und zwar am 7. und 8.11. begeht. Denn als das Winterpalais am 25.10.1917 gestürmt wurde, galt noch der alte Julianische Kalender. Durch die Einführung des Gregorianischen Kalenders schob sich die Oktoberrevolution in den November hinein, und zwar um genau 13 Tage vom 25.10. auf den 7.11. Dreizehn Tage deshalb, weil die Differenz zwischen dem Julianischen und dem neuen Gregorianischen Kalender immer mehr anwächst. In den vollen Jahrhunderten fallen ja im neuen Kalender die Schalttage aus. Um ein Julianisches Datum in ein Gregorianisches umzuwandeln, muß man
zwischen 1500 und 1700 ... 10 Tage addieren
zwischen 1700 und 1800 ... 11 Tage addieren
zwischen 1800 und 1900 ... 12 Tage addieren
zwischen 1900 und 2100 ... 13 Tage addieren
Die Jahre 1600 und 2000 sind in beiden Kalendern Schaltjahre!
Deshalb mußte auch, als man in Griechenland den neuen Kalender einführte, der 1. Oktober alten Stils in den 14. Oktober 1923 neuen Stils umgetauft werden.
Bewußt haben wir eben übrigens „neuer Stil“ und nicht etwa Gregorianischer Kalender gesagt, denn der neue Kalender der Griechen unterscheidet sich ein wenig vom Gregorianischen Kalender. Er bildet nicht die letzte Entwicklung auf dem Gebiet der Kalender. Obwohl sein Siegeszug unaufhaltsam war, gibt es am Rande dieses Weges einige amüsante Vorgänge, in deren Verlauf man versuchte, den Gregorianischen Kalender wieder abzuschaffen oder leicht zu verändern. Das interessante ist dabei zweifellos die Einführung des französischen Revolutionskalenders.

Kalender der Neuzeit
Der Französische Revolutionskalender

 
Paris im Jahre 1793. Die Französische Revolution strebt ihrem Höhepunkt zu. Am 21. Januar wurde König LUDWIG XVI. hingerichtet, die kirchlichen Besitzungen sind bereits enteignet, und der Gottesdienst wird durch eine neue Religion ersetzt, durch den „Kult der Vernunft“. Alles aus der alten Monarchie erscheint den Revolutionären verdächtig und schlecht – auch der Kalender. Er stammt von einem Papst, enthält die Feste der Kirche und erinnert mit seinem sonntäglichen Feiertag immer wieder an diese Herkunft. Das neue Regime kann deshalb den alten Kalender nicht übernehmen. Doch er soll nicht etwa verbessert werden, nein, ein vollständig neuer, ein moderner, dem aufgeklärten Zeitalter entsprechender muß geschaffen werden. Während MAXIMILIEN ROBESPIERRE seine Schreckensherrschaft immer weiter verschärft und die Königin MARIE ANTOINETTE geköpft wird, erläßt der Nationalkonvent am 5. Oktober 1793, 11 Tage vor der Hinrichtung der Königin, ein Gesetz, das eine völlig neue Zeitrechnung einführt. Sie ist wirklich die radikalste Abkehr von allem Hergebrachten, die es in der langen Geschichte des Kalenders gab. Ihre Hauptpunkte lauten:
 
1. Das Jahr beginnt mit der Herbst-Tagundnachtgleiche, nach dem alten Kalender ungefähr am 22. September. Neujahr selbst wird durch genaueste astronomische Berechnungen festgelegt.
2. Das Jahr wird in 12 gleich lange Monate zu 30 Tagen eingeteilt. Diese heißen nach den entsprechenden Jahreszeiten:  
3. Es werden 5 Tage angehängt mit dem Namen „Les Sans-culottides“, die „Ohne-Hosen-Tage“ (benannt nach den Soldaten der Revolutionsarmee, den Sans-culottes).
4. In den Schaltjahren kommt noch ein sechster „Sans-culottide“ hinzu. Die Schaltjahre selbst werden unregelmäßig eingelegt, und zwar nach astronomischen Berechnungen, so daß der Jahresbeginn, also der 1. Vendémiaire, immer genau mit dem Herbstanfang zusammenfällt.
5. Die Woche wird abgeschafft. An ibre Stelle treten sogenannte „Dekaden“, d. h. Zeiträume von je 10 Tagen, die dann der erste, zweite, dritte usw. genannt werden. Der 10. Tag soll ein Ruhetag werden.
6. Der Tag wird nicht mehr in 24 Stunden, sondern von Mitternacht zu Mitternacht nur noch in 10 neue Stunden geteilt. Jede neue Stunde enthält nicht mehr 60, sondern 100 minutes décimales, jede neue Minute 100 secondes décimales.
7. Die christliche Jahreszählung wird abgeschafft. Die Jahre sind vom Ausruf der Republik (21. September 1792) an zu zählen und heißen Jahre der Republik, „Les ans de la République francaise“.
 
Die „Ohne-Hosen-Tage“
 
Noch radikaler geht es bestimmt nicht mehr – und der Kalender war deshalb auch von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Die „Ohne-Hosen-Tage“ schaffte man bereits am 24. August 1795 oder am 7. Fructidor III wieder ab und ersetzte sie durch die unverfänglichere Bezeichnung „jours complémentaires“ (Ergänzungstage). Sie erinnern übrigens ziemlich stark an die Epagomenen des altägyptischen Kalenders (vgl. S. 24), der zusammen mit dem der alten Perser auch als Vorbild diente. Aber was damals im Altertum gut war, eignet sich noch lange nicht für ein modernes Staatswesen. Die fünf Zusatztage am Jahresende wirkten im normalen Alltag äußerst störend, zumal der Schalttag nur unregelmaßig hinzutrat.
Doch was den neuen Kalender schließlich zu Fall brachte, waren die Dekaden und die neue Tageseinteilung. Es erwies sich. daß man die siebentägige Woche einfach nicht aus dem Bewußtsein des Volkes verdrängen konnte. Zudem weigerten sich die Bauern, nun bei den Dekaden 9 Tage arbeiten zu müssen und nur am 10. ruhen zu können, während sie bisher nur 6 zu arbeiten brauchten. Trotz Strafandrohungen der Pariser Regierung war die Woche einfach nicht zu ersetzen. Und die neue Tageseinteilung schließlich setzte sich selbst in Kreisen der Regierenden nicht durch. Es wurden praktisch keine Uhren, die nach den neuen Stunden gingen, gebaut. NAPOLEON BONAPARTE schließlich schaffte den neuen Kalender im 13. Jahre seines Bestehens wieder ab. Vom 11. Nivôse XIV, dem 1. Januar 1806 an, galt in Frankreich wieder der Gregorianische Kalender mit allen seinen Einrichtungen, unrühmliches Ende einer trotz allem mit Elan und Geschick angepackten neuen Kalenderreform.
 
Der genaueste Kalender aller Zeiten
 
Besonders lange hielt sich der alte Julianische Kalender und die alte Osterfestberechnung bei den östlichen orthodoxen Kirchen. Schließlich aber nahmen auch sie zusammen mit Griechenland im März 1924 einen nenen Kalender an, der praktisch mit dem Gregorianischen Kalender identisch ist, sich aber doch ein wenig von ihm unterscheidet. Während dort alle vier Jahre ein Schalttag eingefügt wird, in den vollen Jahrhunderten aber nur dann, wenn sie sich ohne Rest durch 400 teilen lassen, sind in dem nenen Kirchenkalender alle vollen Jahrhunderte nur Schaltjahre, wenn sie durch 9 geteilt den Rest 2 oder 6 ergeben. Also wären von den Säkularjahren Schaltjahre:
 
im Gregorianischen Kalender 2000 2400 2800 3200 3600
im orthodoxen Kirchenkalender 2000 2400 2900 3300
 
Eine erste Abweichung gäbe es also erst im Jahre 2800; bis dahin laufen beide Kalender völlig gleich – alle vier Jahre gibt es auch im orthodoxen Kirchenkalender einen Schaittag, nur in den vollen Jahrhunderten muß man aufpassen. Der Vorteil der neuen Regelung liegt übrigens darin, daß so eine noch genauere Anpassung an den tatsächlichen Sonnenlauf erreicht wird, mit einer Abweichung von nur noch 2 Sekunden! Die Krone, der genaueste Kalender aller Zeiten zu sein, gebührt also weder dem Maya- noch dem Gregorianischen Kalender, sondern einzig und allein diesem Kirchen-kalender. Wieder eine schöne Quizfrage für besondere Experten. Die Osterfestberechnung wurde, beginnend mit dem Jahre 1924 ebenfalls dem Gregorianischen Kalender angepaßt, allerdings nicht ganz, sondern die Vollmonde werden streng astronomisch berechnet. Dadurch kann sich bin und wieder ein Unterschied ergeben.
 
Die faschistische Ara
 
Und noch eine kleine, letzte Episode müssen wir auf dem langen Weg des Gregorianischen Kalenders erwähnen; diesmal spielt sie sich in Italien ab. Am 28. Oktober 1922 führte dort BENITO MUSSOLINI seinen berühmten Marsch auf Rom durch, der ihm schließlich die Macht in Italien einbrachte. Von hier an zählte man später bis zum Jahre 1943 die Jahre der faschistischen Ära, allerdings nur zusammen mit den Gregorianischen Daten. Also z.B. 3. Januar 1925 = 3. gennaio 1925 - III E. F. (Era fascita) oder 27.10.1926 - anno IV. Auch das Ende dieser Ära kam sehr bald.
 
Kalenderreform: Ja oder nein?
 
Heutzutage schließlich wird der im Jahre 1582 eingeführte Kalender mit seinen Monaten, seiner Schaltregel und den Wochentagen auf der ganzen Welt benutzt. Die religiösen Kalender wie etwa der der Juden oder Mohammedaner sind nur noch zur Festlegung von besonderen Festen in Gebrauch. Auch die christliche Ara ist allgemein üblich – wenn auch ihre Epoche zum Teil als Zeitenwende bezeichnet wird und wir daher Jahre n. Ztw. oder V. Ztw. hätten. Auf dem Gebiet der Zeitrechnung haben wir also wirklich eine vorbildliche Einheit auf der ganzen Erde erreicht.
Dennoch werden immer wieder Stimmen laut, die eine Reform unseres Kalenders fordern. Kritisiert werden dabei weniger die Schaltregel oder etwa die klare Ausrichtung auf den Sonnenlauf als vielmehr die ungleiche Monatslänge und vor allem die Unvereinbarkeit des Jahres mit der Woche. In der Tat sind ja 52 Wochen nur 52 X 7 = 364 Tage lang; das Jahr aber hat 365 oder 366 Tage, so daß die Monatstage immer wieder auf andere Wochentage fallen. Es wäre für das Wirtschaftsleben tatsächlich einfacher, wenn man Woche und Jahr miteinander koppeln würde und den Monaten möglichst gleiche Längen gäbe – die Schwierigkeiten dieses Unterfangens sind allerdings beachtlich.
So wurden dem ehemaligen Völkerbund, der in den Jahren 1924, 1925 und 1926 einen Untersuchungsausschuß zur Kalenderreform einsetzte, nicht weniger als 185 Reformvorschläge aus 33 Ländern unterbreitet! Fast immer forderte man, das Jahr in Vierteljahre zu jeweils 91 Tagen zu gliedern. Jedes Vierteljahr sollte dann aus 3 Monaten zu zweimal 30 Tagen und einmal 31 Tagen Länge bestehen. Der übrigbleibende Tag (4 X 91 ergeben nur 364 Tage) würde dann ohne Wochentagsname ein Feiertag sein und etwa Silvester oder ähnlich heißen. Da 91 Tage genau 13 Wochen enthalten, fielen die Monatstage immer auf die gleichen Wochentage, und wenn man den verbesserten Kalender in einem guten Augenblick beginnen ließe, finge jedes Vierteljahr mit einem Sonntag an.
Der Haken all dieser Vorschläge liegt darin, daß sie die 2000 Jahre alte Wochenzählung unterbrechen müssen; etwas, was bisher sämtliche Reformen ängstlich vermieden - mit Ausnahme der französischen Revolutionäre, die aber auch prompt scheiterten. Die Tradition der alten Woche sollte zwar in unserer aufgeklärten Zeit kein Hindernis für eine notwendige Reform sein, doch es fragt sich, ob die Vorteile wirklich so groß wären, wenn man eine neue Regelung einführte. Zwar gibt es auch Vorschläge, die die Wochenzählung nicht unterbrechen, aber sie sind so kompliziert, daß sie kaum Aussicht auf eine rasche Verbreitung haben. Gerade hier aber liegt das Hauptproblem einer neuen Reform – sie müßte unbedingt von allen Staaten gleichzeitig in Gang gesetzt werden, und das dürfte nach dem gegenwärtigen Stand der politischen Beziehungen so gut wie unmöglich sein. Eine einseitige Kalenderreform ist dagegen bei der heutigen internationalen Verflechtung des Lebens ausgeschlossen – die eintretende Verwirrung wäre einfach nicht tragbar. Und so werden wir uns bestimmt für die nächsten Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte mit dem guten, alten Gregorianischen Kalender weiter begnügen müssen. Doch, ganz genau betrachtet, außer den nur historisch zu erklärenden ungleichen Monatslängen und der nicht hineinpassenden Woche ist er gar nicht so schlecht, und es gibt heute Dinge auf der Welt, die viel wichtiger sind als eine erneute Kalenderreform.


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