Teil
1 (Nachbereitung)
Sven Glückspilz
präsentiert den längsten 1.Mai-Nachbereitungs-Text aller Zeiten
incl. häufig gestellter Fragen (FAQ) und historischer 1.Mai-Hitliste
1.Kapitel - Der
revolutionäre 1.Mai 2000 in Berlin
In einem
Jahr mit dreizehn Monden... dreizehn Mal zog nun die revolutionäre
1.Mai-Demo durch Berlin, und wie der Tagesspiegel einmal so richtig bemerkte,
gibt es im Frühjahr drei Dinge, auf die Verlass ist: Ostern folgt
auf den ersten Frühlingsvollmond, am 1.Mai gibt es abends Randale
und am 2.Mai verkündet der Innensenator, dass das Polizeikonzept
ein voller Erfolg und die Schäden niedriger als im Vorjahr waren.
Auch den Inhalt des Nachbereitungstextes der Antifaschistischen Aktion
Berlin (AAB) und/oder
der kommunistischen Autonomen möchte ich hier kurz verraten: Der
1.Mai war ein großer Sieg, die Bullen haben den Krawall provoziert,
nächstes Jahr wird alles noch besser.
War sonst noch was?
Ach ja: Medien und Parteien zeigten sich erschreckt über den hohen
Anteil jugendlicher Randalierer ohne politischen Hintergrund...
All dies nachzulesen in bürgerlichen wie linksradikalen Medien jedes
Jahr seit 1988 in den Tagen nach dem 1.Mai.
Nach dem Zusammenbruch
des "real-existierenden-Sozialismus" hatte der us-amerikanische
Yuppie-Philosoph Fukuyama das "Ende der Geschichte" verkündet.
Im großen und ganzen lag er damit völlig falsch, es sei denn,
er kannte den Berliner 1.Mai und hielt ihn für den Dreh- und Angelpunkt
der Menschheitsgeschichte. Im "Dreißig-Plus"-Block der
Alten auf der 1.Mai- Demo 2000 wurde bestimmt mehr als einmal darüber
sinniert, was denn die diversen Mai- Ereignisse der 90er Jahre voneinander
unterscheidet... und wann war noch mal diese Mai-Demo, bei der die Schlägerei
mit den Maoisten war?... und wann gab es überhaupt keine revolutionäre
Mai-Demo in den 90ern?...
Ich habe mir neben den folgenden Überlegungen die Mühe gemacht,
eine Chronologie zum 1.Mai seit 1987 zusammenzustellen. Ohne Anspruch
auf Objektivität und Vollständigkeit, aber mit dem Anspruch
auf konstruktiv-kritische Sichtweise. Checkt sie aus, Brüder und
Schwestern, damit ihr wisst, welche Zeit es ist...
Viele ältere
Linksradikale haben sich über die Jahre vom "Event" Mai-Demo
verabschiedet; manche, indem sie statt aktiver Teilnahme nur noch am Rande
mitlaufen, andere, indem sie statt am Rande mitzulaufen nur noch vom Fenster
aus zuschauen oder nicht mal mehr das. Ihr Fehlen macht sich zahlenmäßig
auf der Demo nicht bemerkbar, was wohl bedeutet, dass es doch nicht so
viele "ältere Linksradikale" gibt oder dass die Lücke
durch andere Leute aufgefüllt wurde.
Ich finde den revolutionären 1.Mai weiterhin richtig und wichtig
als "Kampftag" der radikalen Linken, und ich würde mir
wünschen, dass diejenigen, die das "sinnentleerte Ritual"
beklagen, ihren Teil zur Verbesserung beitragen. Ich habe keineswegs die
Hoffnung, dieser Text werde gelesen von denen, die betrunken auf der Demo
mitstolpern, aus der zwanzigsten Reihe Flaschen werfen und abends von
den Bullen verprügelt und verhaftet werden. Und auch die vielen,
die jedes Jahr gemütlich mitspazieren und sich keine weiteren Gedanken
über Sinn und Inhalt der Demo machen, gehören wohl nicht zu
den paar hundert aufmerksamen Interim-LeserInnen in Berlin.
Die Kritik von links am "Ritual 1.Mai" verstehe ich vor allem
als Frustration über das Missverhältnis zwischen (Medien-)Hype
rund um den Tag und realem politischen Ausdruck und Wirken. Aber das liegt
an allen Beteiligten, auch an denen, die die Beine hochlegen und schlau
kritisieren. Hinter der Resignation vermute ich auch das Ohnmachtgefühl
von Vereinzelung und zerfallen(d)en Gruppenstrukturen, wodurch Menschen
dem Massenauflauf des revolutionären 1.Mai plötzlich scheinbar
hilflos gegenüberstehen. Das negative am Ritual ist doch, dass da
etwas ohne Nachdenken und ohne Kreativität wiederholt wird. Ein kreativ
von vielen gestalteter revolutionäre 1.Mai wäre natürlich
viel besser als "nur" die jährliche Abstimmung mit den
Füßen gegen "das System". Leider haben die vielen,
die das "Ritual 1.Mai" aus linker Sicht kritisieren, bisher
wenig dagegen unternommen (mich selbst eingeschlossen). Wo sind auf der
Demo die einfallsreichen Transparente und Parolen jenseits von Hoch-die-nieder-mit?
Wo sind die anderen möglichen Aktionsformen: Gesänge, Tanz,
Musik, Verkleidungen, Straßentheater, Aktionen an der Demoroute
wie Besetzungen, Beschallungen...? Die vielgescholtene AAB hat sich da
bisher noch als eine der ideereicheren Gruppen erwiesen, auch was den
Umgang mit Außenstehenden (vor allem Medien) angeht. Ansonsten treten
vor allem die unvermeidlichen Splittergruppen mit ihren schon immer todlangweiligen
Pamphleten auf den Plan.
Ich rufe darum schon mal vorsorglich auf zu einer Walpurgis-Transparent-Mal-Aktion
2001! Wenn ein paar Leute sich die Mühe machen, vorher Stoff, Farbe
und Stangen zu besorgen, könnten an geeigneter Stelle - im Mehringhof,
oder auch auf einem öffentlichen Platz - am Vorabend des 1.Mai 2001
massenhaft schöne Transparente gemacht werden, und bei so einem Zusammenkommen
fällt den Leuten vielleicht auch noch mehr ein...
Bei den militanten
Auseinandersetzungen ist es auch nicht besser: Flaschen und Steine gegen
gepanzerte Fahrzeuge, überwiegend spontane Aktionen - denn es gibt
nur noch wenige, die sich die Mühe machen, Krähenfüße,
Farbbeutel, Mollis, irgendwelche pfiffigen Fallen oder auch Störsender
gegen Bullenfunk vorzubereiten.
Diese formalen Möglichkeiten widerlegen natürlich nicht den
Vorwurf, der 1.Mai als ein symbolischer Tag im Jahr werde viel zu wichtig
genommen, es komme viel mehr auf die anderen 364 Tage an. Stimmt! Trotzdem
sehe ich im 1.Mai potentiell mehr "Tradition" als "Ritual",
und deshalb gehe ich auch weiter hin.
Beunruhigend finde
ich, dass Vor- und Nachbereitung des revolutionären 1.Mai auch ritualisieren.
Gab es früher vorher wie nachher lebhafte Diskussionen zwischen verschiedenen
politischen Strömungen (leider oft auch sehr ätzend und destruktiv),
so ist es in den letzten drei Jahren recht still geworden. Es wirkt, als
habe sich eine Mischmenge aus v.a. AAB und kommunistischen Autonomen gebildet,
die quasi automatisch für die Demo zuständig sind.
Alles, was schlecht ist, wird ihnen von außen vorgeworfen; für
alles, was gut läuft. klopfen sie sich selbst auf die Schulter. Andere
beteiligte Gruppen treten kaum in Erscheinung. Das finde ich umso bedenklicher,
als auch die Gegenseite - Innensenat und Bullen - sich auf dieses Spektrum
einschießt und versuchen könnte, durch Angriffe auf die Vorbereitung
des Demo diese weiter auszuhebeln. Ein Verbot der AAB steht vielleicht
aktuell nicht an, auch wenn es vorstellbar ist, aber es gibt ja auch davor
repressive Möglichkeiten, um Gruppen zu sprengen oder wenigstens
zu lähmen. Angekündigt wurde von den Bullen bereits, im nächsten
Jahr "verantwortliche" Leute vor Ort anhand von Fotos zu identifizieren
und direkt einzuschüchtern. Vielleicht sollte es nächstes Jahr
mal wieder mit einer breiteren und öffentlicheren Vorbereitung versucht
werden...!?
Die schon immer gemachten Drohungen von Demo-Verboten sind in den letzten
drei Jahren realer geworden. Zum 1.Mai 2000 wurden Auflagen gerichtlich
durchgesetzt, die in früheren Jahren nicht durchgekommen waren und
die deutlich gegen die Demo an sich gerichtet waren. Denn was ein tumber
Verwaltungsrichter nicht weiß, die Bullen aber sehr wohl, ist, dass
Seitentransparente und die Dicke von Transparentstangen mit der Militanz
einer Demo herzlich wenig zu tun haben. Die Zukunft der revolutionären
1.Mai-Demo könnte durchaus eine weitere Verschärfung der Auflagen
oder ein Verbot sein, wobei der Innensenat sicher dabei auch abwägen
wird, wie viel zusätzliche Randale er sich dadurch möglicherweise
einhandelt.
Die Begleitumstände des 1.Mai 2001 lassen sich natürlich jetzt
noch nicht absehen, z.B. die Frage einer Nazi-Mobilisierung. Grundsätzlich
fände ich es sinnvoll, zu überlegen, ob es nicht geht, die Dreieinigkeit
Fest-Demo-Randale weiter zu entzerren. Die Feste blieben in den letzten
Jahren vor allem deshalb verschont, weil die Randale sich an der Demo
entzündete. Das gefährdet aber wiederum die Demo. Ich fände
es toll, wenn es möglich wäre, dass Leute friedlich aufs Fest
gehen können, ohne dort abends mit Kind und Kegel von den Bullen
abgeräumt zu werden, weil an der Ecke ein paar Leute loslegen (wie
1997 am Mariannenplatz); wenn eine große Demo geschlossen und ausdrucksstark
durch den Kiez und am besten ins Regierungsviertel zöge; und wenn
schließlich am Abend dort, wo es möglich und verantwortbar
ist, die Lage eskaliert. Wenn es knallt, sollten alle, die nicht dabei
sein wollen, die Chance haben, rechtzeitig zu gehen. Wenn dann zu wenige
Menschen übrigbleiben, kann es eben nicht knallen - Militanz, die
sich abhängig vom "Massenrückhalt" durch Besoffene
und Schaulustige macht, ist doch eine Farce.
Eine Farce war auch
das Ende der 1.Mai-Demo 2000. Es gab mit Sicherheit bei den Bullen auch
welche, die draufhauen wollten, gerade angesichts der Hetze in den Vortagen.
Andererseits hatten die Bullen vorher zweimal "deeskaliert",
nämlich bei den Auseinandersetzungen Wiener Str./Ohlauer Str. und
Ohlauer Brücke / Ecke Bürknerstr.; in beiden Fällen zogen
sie sich in zugespitzten Situationen zurück, wo sie ebensogut die
ganze Demo hätten angreifen und letztlich aufmischen können
- trotz der entschlossenen Gegenwehr -, Verstärkung und Wasserwerfer
waren schon da. Wie schnell so eine Demo kaputt zu machen ist, haben wir
letztes Jahr am Kottbusser Damm erlebt, wo eine ziemlich kleine Bullentruppe
sich zweihundert Meter weit durch die Demo prügelte, oder auch am
1.Mai 1993, als die Bullen die Demo in Mitte am Mühlendamm sprengten.
Auf unserer Seite war viel Entschlossenheit und Wut zu spüren, nicht
zuletzt wegen der Innenpolitik der Vortage: die unverhohlene Ankündigung,
die Demo anzugreifen, verbunden mit den Auflagen und verbaler Zündelei
von Werthebach und Saberschinsky (vermutlich mit dem Ziel, durch das vorherige
Hochkochen hinterher behaupten zu können, nur durch ihre kluge Taktik
sei alles glimpflich abgelaufen); dazu die nazifreundliche Demopolitik
von Innenbehörde und Verwaltungsrichtern... dass es spätestens
nach der Demo im Kiez knallen würde, war klar wie nur was.
Wie es dann aber anfing, war, so glaube ich, ein reines Missverständnis.
Die Demo-Spitze umrundete einmal den Oranienplatz, um Platz für die
Nachkommenden zu schaffen, und rannte einfach so - ohne verfolgt zu werden,
just for Fun - zurück zum Anfang des Platzes. Das Bullenspalier rannte
einfach nebenher. Aus Richtung Moritzplatz rückten weitere Bullen
nach, vielleicht als Verstärkung, vielleicht, weil sie wirklich jemanden
festnehmen wollten, aber weitab vom Geschehen (Das ominöse Funk-Protokoll,
das die taz abdruckte, beweist gar nichts und wurde von den Bullen recht
überzeugend erklärt). Die Leute, die aus der Oranienstraße
auf den Platz kamen, sahen die entgegenkommenden Leute und die daneben
rennenden Bullen und glaubten wohl irrtümlich, einen Bullenangriff
zu sehen, woraufhin sie die Bullen mit allem eindeckten, was sie gerade
zur Hand hatten. Die Demo-Spitze musste vor dem Bombardement panisch in
Deckung gehen. Erst nach dieser Initialzündung kamen weitere Bullen
über Erkelenzdamm und Leuschnerdamm (also von Süden und Norden)
auf den Platz gestürmt, und vom Moritzplatz her begann der Angriff
der Wasserwerfer. Die Bullen waren sehr schnell sehr massiv vor Ort, vielleicht
dachten sie, sie könnten alles gleich am Platz im Keim ersticken.
Auf jeden Fall waren sie nicht überrascht. Aber es ist falsch, zu
behaupten, sie hätten den Krawall angezettelt. Dafür haben sie
danach umso brutaler zugelangt, uniformiert und zivil.
Noch etwas zur Demo
konkret. Soweit ich's mitbekommen habe, waren die Durchsagen aus dem Lautsprecherwagen
diesmal besser, verständlicher und situationsangemessener als 1999.
Die nervtötende (tschuldigung, ich meine: avantgardistisch-moderne)
Musik von Atari Teenage Riot, der Sound zum Krawall, der 1999 mehr ein
Sound zum Massaker war, blieb uns erspart. Nicht erspart blieben uns leider
die hohlen Sprüche eines kommunistischen Autonomen, in Erinnerung
ist mir zum Beispiel das pathetische Hochlügen der Zahl der DemoteilnehmerInnen
und der proletarisch daherkommende Aufruf an die prügelnden Bullen,
sozusagen ihren Klassenstandpunkt zu erkennen und sich "nicht verheizen
zu lassen" von ihren Vorgesetzten. Wenn die Lage so eskaliert ist
wie abends am Oranienplatz, wäre es wohl angemessener, der Lautsprecherwagen
gibt Informationen und Aufrufe an die TeilnehmerInnen der Demo durch als
hilflose Appelle an die Bullen!
Fazit
Der 1.Mai 2000 war in meinen Augen insoweit ein Erfolg, als das Abschreckungs-
und Aufmischungskonzept der Staatssicherheitsorgane (wieder mal) nicht
aufgegangen ist und die ritualhafte Zahl von 15.000 Menschen, die von
links gegen das herrschende System auf die Straße zu bringen sind,
weiterhin aktuell ist.
Ein Erfolg war meiner Meinung nach auch, dass die symbolische Bedrohung
des Regierungsviertels offenbar sehr ernst genommen wurde - vermutlich
von der Gegenseite ernster als von uns. Während des ganzen Tages
waren die Bullen massiv in Mitte präsent, abends hatte sie starke
Sperrkräfte zwischen Kreuzberg und Mitte stehen. Hatte da wohl ein
Innensenator Angst um seinen Job?
Der Zusammenhang zum "global action day" hingegen fand leider
nur wenig Beachtung - woran lag das?
In Sachen Antifa-Mobilisierung sah es weniger gut aus. Die letzte erfolgreiche
1.Mai-Demo der Nazis war am 1.Mai 1996 in Marzahn, aber die war viel kleiner
und hatte längst nicht so einen langen bekannten Vorlauf und bundesweite
Bedeutung wie die Versuche der Jahre danach. Für die Nazis war der
1.Mai 2000 meines Wissens das erste Mal in der jüngeren Geschichte,
dass sie eine zentrale Demo am 1.Mai relativ unbehelligt durchziehen konnten.
In Leipzig 1998 waren sie zwar mehr Leute, aber dennoch eingekesselt und
defensiv, während die Straßen drumrum teils von Antifas, teils
von Bullen beherrscht wurden. In Hellersdorf konnten sie sich relativ
frei bewegen - vor allem natürlich dank der massiven Bullenpräsenz,
aber auch, weil enttäuschend wenige GegendemonstrantInnen durchgekommen
waren. Dass die Nazis ihre Demo als Erfolg betrachteten, war ihren Gesichtern
und ihrer Stimmung deutlich anzumerken, als sie sich hinterher an den
Bussen versammelten. Kein Wunder, waren sie doch doppelt so viele wie
wir und hätten eine direkte Konfrontation nicht fürchten müssen,
anders als etwa am 12.März in Mitte! Die 100-150 AntifaschistInnen,
die vorher in ASOG genommen worden waren, hätten an diesen Kräfteverhältnissen
wenig ändern können. Dabei war es an diesem Tag möglich,
durchzukommen, auch ohne völlig verkleidet zu sein. Ich glaube nicht
so recht an die Geschichte, nur die Bullenblockade v.a. an den Bahnhöfen
hätte den Erfolg der Antifa-Mobilisierung verhindert. Viele Leute
haben sich erst gar nicht auf den Weg gemacht, haben sich von der nazi-freundlichen
Politik von Innensenat, Polizei und Gerichten abschrecken lassen und sind
lieber aufs Fest oder an den See gegangen. Und auch bei der albernen 13-Uhr-Demo
waren viele hundert Menschen, die in Hellersdorf besser aufgehoben gewesen
wären. Ob auch die Querelen um die AAB mit der Demobilisierung zu
tun hatten, wage ich nicht zu beurteilen - sind vielleicht die einen weggeblieben,
weil sie nicht einer AAB-Mobilisierung folgen wollten, und die anderen,
weil die AAB-Demo verboten war? Ich will's nicht hoffen, es wäre
allzu peinlich. Dass "unsere" Antifa-Mobilisierung so relativ
getrennt von dem bezirklichen Fest blieb, lag vielleicht weniger daran,
dass ein Kilometer dazwischen lag, sondern eher an der Langeweile, die
das Fest ausstrahlte, und an der eigenen Fremdheit vor Ort - Hellersdorf
ist auch ohne Nazi-Demo nicht gerade anziehend für unsereins, und
die jungen kurzhaarigen Männer an den Imbisstischen sehen auch am
2.Mai nicht gerade sympathisch aus. Die spontan entstandene Idee, geschlossen
von den Nazis wegzugehen und hin zum Fest, um dort Berührungsängste
zwischen AnwohnerInnen und Linksradikalen abzubauen, war an sich gut,
aber damit wäre letztlich die (Louis-Lewin-)Straße völlig
den Nazis überlassen worden, und das hätte ihren Triumph komplett
gemacht. Kurzum, die Antifa-Mobilisierung steht auf der Minus-Seite des
1.Mai 2000. Auch wenn die revolutionäre 1.Mai-Demo und die Randale
letztlich der NPD die Show gestohlen hat und die Medien sich in den Berichten
über Hellersdorf zurückhielten, lässt sich nicht leugnen,
dass das Nazi-Konzept der letzten Jahre greift: Durch penetrantes Nerven
und regelmäßiges bundesweites Mobilisieren besetzen sie nach
und nach Terrain am 1.Mai, politisch, medial... ignorieren lässt
sich das nicht, und nach dem Verlauf dieses Jahres in Hellersdorf sind
Verbote der Nazi-Demo noch unwahrscheinlicher als zuvor geworden. Dazu
fällt mir nichts ein, was nicht schon oft gesagt und geschrieben
worden wäre (breitere Bündnisse etc. pp.).
Soviel zum 1.Mai
2000 von Sven Glückspilz.
Teil 1 (Nachbereitung)
vor zu Teil 2 (FAQ)
vor zu Teil 3 (Chronologie)
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