Deutsche in Südafrika: eine Einleitung

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Südafrika ist weltweit wahrscheinlich bekannt für seine Politik (Apartheid bis Mandela) und seine reichen Bodenschätze (Diamanten, Gold und Platin). Dass es hier auch eine ganze Reihe von Deutschen gibt, wissen wohl wenige. Und ob das Thema überhaupt irgend jemand interessiert ? Hm, mal sehen.

Wenn Sie Information über Südafrika generell suchen, sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Vielleicht versuchen Sie es mit diesem Link zur Seite des Verbands Deutschsprachiger Unternehmen (VDU). Die Information ist etwas veraltert aber die Bilder sind sehr schön.

Oh, und dann noch ein kleiner Hinweis um Mißverständnisse zu verhindern:
Auf "Bundesdeutsch" ist ein Afrikaner das was man in Südafrika einen Schwarzen nennen würde. Dagegen meint ein Südafrikaner mit dem Wort Afrikaner das was ein Bundesdeutscher einen Buren nennt. Ich werde mich generell an die bundesdeutsche Version halten.

Geschichte
Solange es in Südafrika Europäer gegeben hat, waren Deutsche dabei. Zu Anfang, im 17. Jahrhundert sollen zeitweise mehr Deutsche als Holländer hierher gekommen sein. Aber aus verschiedenen Gründen haben sie nie eine getrennte Gruppe gebildet und wurden schnell in die bestehende holländische Bevölkerung integriert. Man sagt, dass fast die Hälfte der Vorväter der Buren aus Deutschland gekommen sein sollen. Namen wie Botha (Both aus Gotha), Neethling (Nöthling), Schutte (Schütte) und Kruger (Krüger) zeugen von diesem Einfluss.

Unter den Engländern zog es auch weiterhin viele Deutsche in die Kapkolonie und die neueren britischen Kolonien. Die Engländer siedelten des öfteren ganze Gruppen an (z.B. in Philippi und Kaffraria) da die Deutschen als zuverläßige, genügsame und fleißige Siedler bekannt waren. Missionare der Hermannsburger, Berliner, Herrnhuter und der Rheinischen Mission kamen in fast alle Gegenden des südlichen Afrikas. Andere Deutsche sympatisierten mit den Buren und zogen in die neugegründeten Burenrepubliken, wo manche es zu Amt und Würden schafften. Und besonders die Entdeckung der Diamanten in Kimberley und Gold auf dem Witwatersrand zog viele abenteuerlustige oder geschäftssüchtige Deutsche gen Süden. Am Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man fast ohne Unterbrechung von Nordtransvaal aus über Osttransvaal, Natal, die Ostkap bis nach Kapstadt alle paar Kilometer auf irgendwelche Deutsche treffen.

Der Strom aus Deutschland wurde in diesem Jahrhundert durch die Weltkriege zweimal unterbrochen. Doch zwischen den Weltkriegen, wie auch in den Aufschwungsjahren in den 1950gern und 60gern kamen viele, denen es in Deutschland zu eng, zu kalt oder einfach aussichtslos erschien.

Heute
Wieviele Deutsche es heute in Südafrika gibt, ist sehr schwer zu sagen. Wen bezeichnet man überhaupt als Deutschen ? Jeden, der Deutsch spricht, oder nur den, der Deutsch als Muttersprache oder sogar als Haussprache spricht ? Nur den, der einer deutschen Kirchengemeinde oder einer deutschen Schulgemeinde angehört ? Denn auch heute, und vielleicht sogar gerade heute, werden die deutschsprachigen Südafrikaner durch Heirat oder Assoziation sehr schnell in entweder die englische oder die afrikaanse (burische) Gesellschaft integriert. Während sich durch die Weltkriege eine gewisse anti-deutsche Einstellung unter anderen weissen Südafrikanern breitgemacht hatte, ist davon heutzutage kaum noch etwas zu spüren. Schätzungsweise mindestens die Hälfte aller jungen Deutschen in Südafrika heiratet heute einen Nicht-deutschen.

Dazu kommt, dass der Strom sich in den vergangenen Jahren gedreht hat, und sehr viel mehr Deutsche das Land verlassen, als sich hier neu niederlassen. Das hat mit den schwierigeren Umständen hier zu tun, den schlechteren Aussichten auf ein gutes Leben, usw. Aber auch die Politik der heutigen Regierung, die es potenziellen neuen Einwanderern sehr schwer macht, sich hier niederzulassen, ist daran schuld.

Alles in allem gibt es irgendwo zwischen 80 und 160 Tausend Deutsche in Südafrika (das sind die, die sich selbst als Deutsche bezeichnen würden), wobei die wirkliche Zahl wohl eher am unteren Ende dieses Spektrums steht. Eine verschwindend kleine Zahl bei einer Gesammtbevölkerung von 40 Millionen. Sogar unter den 5 Millionen Weissen, ein verschwindend kleiner Prozentsatz.

Der Einfluss der Deutschen ist wichtig, aber oft nicht besonders offensichtlich. Es gibt wenige Deutsche in Politik oder der Hochfinanz. Das hat verschiedene Gründe. Erstens haben sich viele Deutsche in ländlichen Gebieten angesiedelt und tendieren dazu Farmer zu sein und zu bleiben, eher als in die Stadt zu ziehen und in die Finanzwelt oder Politik einzusteigen. Zweitens neigen die Deutschen eher zu praktischen Berufen wie Automechaniker, Elektriker, Ingenieur, Apotheker, Geologe, usw. Drittens neigt die deutsche Gesellschaft (wie viele andere kleine Gruppen) dazu, sich in ihren Strukturen von der restlichen Bevölkerung abzuschotten und sich auf seine eigene Kirchen und Schulen zu beschränken.

Und doch sollte der Beitrag der Deutschen zur Entwicklung Südafrikas nicht unterschätzt werden. Gerade deutsche Missionare haben viel mehr Betonung auf die Erhaltung der Eingeborenensprachen gelegt als andere Missionen und haben viel Arbeit in Grammatiken und Wörterbücher gesteckt, bevor sie Bibel, Katechismus und Gesangbücher in diese Sprachen übersetzten. Viele deutsche Ortsnamen (Berlin, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Wupperthal, Breslau, Wartburg, Potsdam, Braunschweig, Lüneburg, Harburg, usw.) bezeugen den Einfluss der Deutschen. Und wo wäre die Platinindustrie heute ohne Hans Merensky, der die Platinablagerungen um Rustenburg herum entdeckt hat.

Andererseits sind die Deutschen in Südafrika auch keine Engel. Sie unterscheiden sich nicht in ihrer politischen Auffassung von Engländern oder Buren. Die Deutschen sind über das ganze politische Spektrum verteilt und es gibt Deutsche in allen politischen Parteien - von extrem konservativ bis hinüber ins kommunistische Lager. Die meisten Deutsch-Südafrikaner haben nach 1948 die Nationale Partei und ihre Politik unterstützt und davon profitiert. Und selbst wenn man sie nicht direkt unterstützt hat, hat man trotzdem (und gern ?) vom System profitiert.

Zukunft

Die Zukunft Südafrikas ist natürlich schwer vorherzusehen. Aber in Bezug auf die Deutschen zeichnen sich einige Tendenzen schon recht deutlich ab, die sich wohl noch verschärfen werden:

1) Auswanderung: Der "Brain Drain" wird auch in Zukunft viele Deutsche erfassen, die sich anderswo ihr Glück suchen werden. Das ist besonders unter gut qualifizierten Leuten der Fall, die ohne Probleme anderswo Arbeit finden. Aber auch viele Schulabgänger und Studenten verlassen das Land.

2) Wenig Einwanderer: Im Gegensatz zur Vergangenheit, wo eine pro-europäische (und vor allem pro-deutsche) Regierung regelrecht Deutsche ins Land gelockt hat, ist die heutige Regierung eher anti-Einwanderung, vor allem aus Europa. Auch besteht keine besonders guten politische und wirtschaftliche Beziehung zwischen dem neuen Südafrika und Deutschland, sodass sich diese Tendenz in Bezug auf deutsche Einwanderer vorerst kaum ändern wird. Dazu kommt, dass die wirtschaftliche und politische Situation Südafrikas, mit der extremen Kriminalität, auf Einwanderer nicht gerade verlockend wirkt.

3) Assimilation: Die Deutschen in Südafrika differenzieren sich kaum von der restlichen weissen Bevölkerung und werden weiterhin in die englische und afrikaanse Gesellschaft aufgenommen und integriert werden. Auch eine Integration in eine neue "gesamt-südafrikanische" Gesellschaft ist sehr wahrscheinlich.

4) Apathie: Schwindendes Interesse an deutschen Gemeinden und Vereinen ist heute schon sehr deutlich und wird sich weiter ausbreiten. Zum Teil ist das auf weltweite Entwicklungen zurück zu führen: zum einen die fortschreitende Individualisierung der abendländischen Welt, die einen Einsatz in gegebenen Strukturen als unnötig belastend ansieht, zum anderen die Säkularisierung der westlichen Gesellschaft, die eine Opferbereitschaft für Kirchen aller Art immer weiter reduziert. Andererseits liegt das auch an den vorher angesprochenen Punkten und der immer kleiner werdenden Deutschsprachigen im Land.

5) Rückzug der Deutschen weltweit: Die Bundesrepublik wird durch innenpolitischen und innereuropäischen Druck ihre Hilfen an Auslandsdeutsche weiter reduzieren - besonders unter der jetzigen Regierung wird das deutlich werden. Kirchen und Vereine sind sowieso nie offiziell unterztützt worden. In den letzten Jahren wurden die Konsulate in Durban und Johannesburg geschlossen. Demnächst wird bestimmt die finanzielle Unterstützung der deutschen Schulen reduziert werden.

Fazit: In ein bis zwei Generationen wird es in Südafrika kaum noch bodenständige Deutschen geben. Für uns, die davon direkt betroffenen sind, ist das natürlich schwer zu schlucken, aber für Südafrika und die Weltgeschichte ist das letzt endlich von keiner großen Konsequenz.

Bitte beachten Sie: Die auf dieser Seite ausgedrückte Meinung ist meine eigene und hat mit keiner der Organisationen, über die ich Information bereitstelle, auch nur im Geringsten irgend etwas zu tun.

Joachim Schubert
Johannesburg, Südafrika


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