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SPK - Das sozialistische Patientenkollektiv
Alt oder krank zu sein ist in unserer mittelständischen Wohlfahrtsgesellschaft zunehmend ein Manko. Alte und kranke Menschen geraten viel zu oft in eine unverschuldete Isolation. Dies gilt umso mehr für geistig behinderte Menschen, die in psychiatrischen Anstalten von sogenannten ´gesunden´ Menschen therapiert werden. Was ´gesund´ bzw. ´normal´ ist, wird von unserer materialistisch orientierten Gesellschaft definiert. Zunehmend beschränkt sich diese Definition auf einige wenige plakative Begriffe. Damit wird auch automatisch eine Barriere zu den Menschen aufgebaut, die nicht zu dem Idealtypus des ´Gesunden´ gehören. Hinzu kommt, daß diese Menschen sich gegen die möglicherweise ungewollte Behandlung durch die sogenannten ´Gesunden´ nicht wehren können, da sie die vermeintlich Schwächeren sind. Über geistige Behinderung zu sprechen, ist bis zum heutigen Tage ein Tabu-Thema, ein Produkt unserer Hilflosigkeit.
Ärzte und Schulmedizin haben ein hohes Ansehen in unserer Gesellschaft und es wird nur selten an ihnen gezweifelt. Dies´ ist vermutlich auch der Hauptgrund, daß Zusammenschlüsse von Patienten zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen bislang eine Ausnahme blieben. Das ´sozialistische Patientenkollektiv´ (SPK, später : Patientenfront) war eine solche Interessensgemeinschaft, die den meisten vermutlich nicht einmal bekannt sein dürfte.
Es begann im Jahr 1964 als Dr.Wolfgang Huber (Abb. links), dessen Name eng mit dem SPK verknüpft ist, an der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg angestellt wurde. Seit 1965 wurde er auf eigenen Wunsch in der Psychiatrischen Polyklinik beschäftigt. Der Arzt und Psychiater Huber hatte es sich zur Aufgabe gemacht, eine Wissenschaft für Menschen zu betreiben. Seine gesamten Fähigkeiten, sein gesamtes Wissen widmete er den Interessen der Patienten, die zu ihm kamen. Durch ihn sahen sich die Patienten nicht länger in der Rolle eines Objektes; eine Rolle, die ihnen unser System aufzwang. Sie sollten nicht länger nur Versuchspersonen sein, die der Karriere und dem Profit von Ärzten dienten. Im Gegensatz zu vielen Kollegen, die durch den Einsatz gefährlicher Therapien versuchten, ihre Patienten im Sinne des konvetionellen Gesundheitsbegriffes zu ´heilen´, akzeptierte Dr.Huber die Krankheit seiner Patienten als solche; u.a. sorgte Dr.Huber dafür, daß Therapien wie etwa die Elektrokrampfherapie oder die Insulinschocktherapie nicht länger an den Patienten durchgeführt wurden, da ihr therapeutischer Nutzen äußerst zweifelhaft schien und in keinem Verhältnis zu dem Schaden stand, den diese Therapien hervorrufen können, sogar den Tod.
Dr.Hubers Idee einer Art ´Anti-Psychiatrie´ kollidierte mit der allgemein verbreiteten Auffassung seiner Kollegen. So erscheint es auch nicht verwunderlich, daß man sehr bald versuchte, ihn wieder los zu werden; insbesondere, nachdem er 1968 das erste selbstorganisierte Patientenkollektiv mit begründete. Dr.Kretz, der im Mai 1969 neuer Chef der Psychiatrischen Polyklinik wurde, forderte noch im gleichen Jahr die Abschaffung des Kollektives. Daraufhin starteten einige von Hubers Patienten eine Untersuchung über die Lebensbedingungen an der Psychiatrischen Polyklinik. Ihr Ergebnis präsentierten sie im Februar 1970 vor der lokalen Presse, prangerten die Zustände an der Klinik an und forderten ihrerseits den Rücktritt von Dr.Kretz. Dieses Ereignis kann heute als das erste selbstorganisierte Plenum von Patienten in der Welt angesehen werden. Die Offenlegung der Zustände an der Klinik hatte zur Folge, daß Dr.Kretz nicht zum Prorektor des medizinischen Fachbereiches der Universität Heidelberg gewählt wurde, obwohl er dafür bereits vorgeschlagen war. Trotzdem behielt er seinen Posten als Chefarzt an der Polyklinik.
Man legte Dr.Huber nahe, seine Arbeit an der Polyklinik niederzulegen. Man bot ihm sowohl finanzielle Anreize als auch einen Lehrstuhl an der Universität. Doch Huber lehnte ab. Schließlich erhielt Huber einen Brief von der Universitätsleitung, in der man ihn aufforderte, das Universitätsgelände mit rund 60 seiner Patienten zu verlassen und dieses in einem Umkreis von einem Kilometer nicht mehr zu betreten. Protestaktionen der Patienten waren die Folge; ein Hungerstreik wurde ausgerufen und die Medien eingeschaltet. Letztlich konnte erreicht werden, daß den Patienten einige Räume eines Universitätsgebäudes für ihr Kollektiv zur Verfügung gestellt wurden.
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Weitere Informationen zum SPK könnt Ihr auf der Homepage von Krankheit im Recht bekommen.
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Zuletzt aktualisiert am 17.Oktober 1998
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