Die Geschichte von Ray Hemming
Die Wachtturm-Gesellschaft schließt ein AJWRB-Mitglied aus

 

Ray HemmingWir haben die letzten Monate genau verfolgt, wie sich die Geschichte von Ray Hemming entwickelte und können nun einige Einzelheiten mitteilen. Sein Fall veranschaulicht deutlich, dass die WTG innerhalb der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas zur gegenwärtigen Zeit trotz gegenteiliger Behauptungen keinen Raum für eine Diskussion der Blutfrage und selbst nicht für Gespräche darüber einräumt. Darüber hinaus ist er auch ein symbolisches Beispiel für die Opfer, die AJWRB-Mitglieder auf der ganzen Erde im Interesse des Wohlergehens ihrer Mitbrüder zu bringen bereit sind. Es stimmt nachdenklich zu sehen, wie eine Organisation, die von den Regierungen der Welt für ihr Mitglieder Freiheit und Menschenrechte verlangt, ihren eigenen Mitgliedern gegenüber die gleichen Rechte mit Füßen tritt.


28. September 1999

Liebe Brüder,

Wenn es eine Doktrin gibt, die die Menschen mit Zeugen Jehovas in Verbindung bringen, dann ist es ihre Lehre zur Verwendung von Blut und ihre Verweigerung von Bluttransfusionen. Diese Doktrin ist ein wesentlicher Teil ihres Glaubensgebäudes. Es war eine Lehre, an die ich aufrichtig geglaubt habe, und für die ich zu sterben bereit war. In Bezug auf meine Kinder glaubte ich, dass im Notfall blutfreie Verfahrensmethoden eine Lösung bieten würden, aber Bluttransfusionen kamen für mich in einem solchen Fall für die Kinder nicht in Frage. Ich hoffte, dass sich die Angelegenheiten letztendlich zum Guten wenden würden. Mein Glaube wurde bald auf eine harte Probe gestellt.

Ungefähr 3 Jahre nach meiner Taufe erkrankte meine Tochter, die damals sieben Jahre alt war, an einer schweren Mandelentzündung. Sie hatte dadurch stark an Gewicht verloren und war ziemlich schwach. Unser Kinderarzt überwies uns zu einer Konsultation an ein nahe gelegenes Krankenhaus, und deren Ärzte gaben uns den Rat, die Mandeln entfernen zu lassen. Aber die Ärzte erklärten sich nicht damit einverstanden, die Operation durchzuführen, ohne im Notfall auf Blut zurückgreifen zu können, auch wenn es sich um eine ziemliche Routineoperation handelte. Ich erinnere mich, wie ich ihn ziemlich erregt darum bat, unsere Blutbroschüre "Jehovas Zeugen und die Blutfrage" zu lesen, die wir zu jener Zeit alle benutzten - es gab zu jener Zeit noch keine Krankenhaus-Verbindungskomitees (KVKs). Er sagte, dass er die Broschüre schon gelesen hätte und verweigerte jede weitere Diskussion. Damit hatten wir eine Wahl zu treffen - sollten wir es riskieren und dem Ärzteteam zustimmen? In unserer Verblendung war das für uns gar keine Option, wir nahmen Zuflucht zu einer anderen Heilmethode, der Homöopathie. Glücklicherweise brachte die erhaltene Hilfe unsere Tochter durch diese kritische Periode, und sie erlangte ihre Kraft und Gesundheit wieder.

An diesem Thema können sich die Menschen, die wir im Dienst antreffen, wie an keinem anderen Thema ereifern. Es ist ein Thema, das wir und andere, mit denen ich zusammen gearbeitet haben, im Dienst wegen der emotionalen und ablehnenden Haltung, die es oft hervorrief, zu vermeiden suchten. Niemals in meinen kühnsten Träumen hätten ich mir vorstellen können, dass ich einmal für die Meinung eintreten würde, die Haltung der Gesellschaft enthielte in der Blutfrage gravierende Irrtümer. Diese Blutfrage führte letztendlich dazu, dass ich von den Zeugen Jehovas ausgeschlossen wurde.

Alles begann eines Tages, als ich im Internet Informationen hinsichtlich der Generation von 1914 suchte. Ich stieß auf eine Web-Site mit dem Titel "Neues Licht in der Blutfrage"; ich war sprachlos. Diese Web-Site wurde von Leuten betreut, die Älteste und KVK-Mitglieder waren und die noch innerhalb der Organisation waren. Wie geht das an, dachte ich.

Die enorme Datenfülle, die ich in biblischer und wissenschaftlicher Hinsicht vorfand, die Erfahrungen derjeniger, die von dieser Doktrin betroffen waren, die Geschichte des Wachtturms mit sich ständig verändernden Lehren in Bezug auf medizinische Fragen, waren für mich der Anlass „starke Verschanzungen umzustoßen“ (2. Korinther 10:4). Ich legte ein Teil der Informationen in Form eines Briefes an einen Ältesten dar, der ein Glied des KVK war. Ich erhielt keine Antwort. Ich sandte dann Briefe an Brüder, die in den Versammlungen als ernannte Männer dienten und lud sie ein, diese Angelegenheit zu kommentieren, aber keiner antwortete. Diese Brüder, die einmal eng mit unserer Familie und mir verbunden waren, gingen daran, mich zu melden. Ich erhielt bald darauf Besuch durch die Ältesten.

Es war offensichtlich, dass der Kontrollmechanismus, wie er in dieser Organisation wirkt, jeden offenen Kommentar von vornherein unmöglich machte; alle fürchteten sich, selbst im privaten Rahmen, mit mir zu sprechen.

Bald wurde ein Rechtskomitee gebildet. Die Anklage? Abtrünnigkeit! In der Hoffnung, sie zum kritischen Nachdenken über diese Lehre zu veranlassen und vielleicht etwas in ihren Herzen in Gang zu bringen, stimmte ich zu, bei der Sitzung anwesend zu sein. Ich erwartete niemals, dass sie sich in dieser Sache meiner Meinung anschließen würden, denn das hätte sie in die gleiche Lage wie mich gebracht. Es gab vier Sitzungen, die erste mit drei Ältesten, die zweite, dritte und vierte mit vier Ältesten.

Ich glaube, dass ich sie bis zu einem gewissen Grad dazu gebracht habe, die Blutfrage aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Jesus Christus besprach die Anbetung Gottes und sagte „lernt, was dies bedeutet: 'Ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer'“. Er zeigte dies, indem er das Beispiel Davids anführte, während er von Saul davonlief. Ein Priester gab ihm einige der Schaubrote aus dem Tempel zum Essen, was unter dem mosaischen Gesetz verboten war. Der gleiche Grundsatz würde logischerweise auch heute anzuwenden sein: Selbst wenn wir unter dem Gesetz stünden, so zeigt Jesus, dass der Geist hinter dem Gesetz die Liebe ist. Die religiösen Führer wollten das nicht anerkennen und nahmen deswegen Anstoss daran, dass die Apostel am Sabbat Weizenkörner pflückten. Verlangt Gott wirklich das Opfer tausender Männer, Frauen und Kinder aufgrund dieses Gesetzes? Erscheint dies vernünftig, wenn wir über Jesu Worte nachdenken? Jesus sagte „lernt, was dies bedeutet“. Jehovas Zeugen haben dies in Verbindung mit der Blutfrage noch nicht gelernt.

Viele Punkte konnte ich anführen: Die Tatsache, dass sich Zeugen Jehovas sowieso nicht wirklich des Blutes enthalten, sondern viele Einzelbestandteile akzeptieren. Die Tatsache, dass Seren (mit Blutbestandteilen) vom Standpunkt des Wachtturms auf der Basis, es handle sich nicht um Blut, annehmbar wurden und dass sie inzwischen anerkennen, dass Bluttransfusionen im Wesentlichen eine Verpflanzung von Körpergewebe darstellen. Entspricht das einem Essen von Blut? Ich denke nicht. Was für eine Grundlage für die Verweigerung von Blut bleibt also noch übrig?

Weiterhin legte ich ihnen einige Fragen vor, die die Web-Site "Neues Licht in der Blutfrage" aufgeworfen hat. Die Ältesten fragten, warum ich diese Fragen nicht mit den Brüdern vom Londoner Bethel besprochen hätte, wahrscheinlich in der Hoffnung, einen Teil der Verantwortung abwälzen zu können. So befolgte ich ihren Rat und schickte einen Brief. Die Antwort, die zurückkam, war genau wie ich erwartet hatte. Sie machten keinen Versuch, auf meine Fragen einzugehen. Ich glaube nicht, dass das das Ergebnis im Sinne der Ältesten war, denn das nächste Treffen war erst nach mehreren Wochen und erst, nachdem ich sie daran erinnert hatte.

Am Ende der letzten Sitzung informierten sie mich davon, dass ich ausgeschlossen würde. Das war für mich keine Überraschung. Ich appellierte dann an ihre Demut: „Glaubt ihr, dass so Jehovas Gerechtigkeit aussieht und dass ihr die Liebe des Christus angewandt habt?“ ich erwähnte dies, weil diese Männer wussten, wie ich für die Versammlung gearbeitet hatte und die Aufrichtigkeit, mit der ich mich einbrachte. Der Vorsitzende sagt kühl, dass ich in „Harmagedon sterben werde“, wenn ich so weitermachen würde. Ich verließ die Sitzung mit einem „Auf Wiedersehen“.

Die Ironie des Ganzen ist, dass der Wachtturm seine Position bezüglich des Blutes schnell ändern könnte, wie es in ähnlichen Fällen schon früher praktiziert worden war, und diese Brüder müssten dann umschwenken und die neue Verfahrensweise verteidigen. Es geht deshalb in dieser Sache nicht um die Wahrheit oder um die Loyalität zu Christus oder zum eigenen Gewissen, sondern um Loyalität gegenüber den Anweisungen der Gesellschaft.

Herzlichst

Ray Hemming

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letzte Aktualisierung: 28. 12. 1999
Web-Adresse: http://geocities.datacellar.net/athens/ithaca/6236/hemming.htm

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