Die Symbolik der Kirche als das Schiff auf dem Meer

Von Sirus Laia, Münster in Westfälen


Script eines Kurzrefarats zum Einstieg in das Thema

1. Die Schiffssymbolik als eine Reihe von Symbolik. Die Schiffssymbolik bei den Kirchenvätern ist mit einer Reihe von anderen Metaphern verwandt, je nach dem welcher Teil des Schiffes hervorgehoben wird: der Mastbaum und Antenne als Bild für das Kreuz; das böse Meer als Symbol der bösen Welt; Odysseus als der Christ auf der Reise in die himmlische Heimat; die Versuchung der Sirenen als das Bild dessen, was den Christen aus dem Weg zum Heil abbringen kann; das Schiff des Petrus als Symbol des römischen Primats; der Schiffbruch und die Planke als Symbol der Buße; und natürlich gehört auch dazu die Symbolik der Arche Noah. Wir werden uns aber in der heutigen Seminarsitzung auf die Symbolik der Kirche als das Schiff auf dem Meer beschränken. Die andere Symbolik wird aber nebenbei in den Texten, die wir gemeinsam lesen sollen, erwähnt, auch wenn nicht alle.

2. Voraussetzung für das umfassende Verständnis der patristischen Schiffssymbolik. Der Vergleich oder sogar die Gleichsetzung von Schiff und Kirche ist schon bei Tertullian (Über die Taufe 12) zu lesen, findet aber allgemeine Verbreitung seit dem 4. Jh (etwa bei Ambrosius, Lukaskommentar VI, 39 und Augustinus, Sermo 20) (vgl. Lexikon der chritl. Kunst). Die Schiffssymbolik bei den Kirchenvätern ist zweifelsfrei als Entfaltung der biblischen Schiffsszene, wie der Arche Noah im AT und des Fischbootes des Petrus im NT. Aber, wie es H. Rahner festgestellt hat, die vorhandene nautische Vorstellung der antiken Kultur hat auch Einfluß auf die Schiffssymbolik der Väter geübt. Daher muß etwas auch von der antiken Schiffsvorstellung vorgestellt werden.

3. Die Schiffssymbolik in der Antike. Die Seefahrt war für den antiken Menschen von der Spannung zwischen Tod und Leben, Angst und Freude geprägt. Das treffendste Wort, das dieses Spannungsverhältnis zusammenfaßt, ist kaloj kindunoj (herrliche Todesgefahr). Einerseits ist das Meer für die Schiffahrt immer todesgefährlich, nicht nur weil das Meer so todbringend ist, sondern auch schon weil das Material des Schiffes selbst gebrechlich ist (Rahner 244). Andererseits aber sieht der antike Mensch darin eine Herausforderung, oder genauer gesagt eine von “Götterzorn herausfordende Tollkühnheit”, so hat es H. Rahner formuliert (244). Das Grauen der Seefahrt ist also mit der Freude verbunden. Um das Meer zu befahren muß man den Mut haben. Und Mut gehört zu den Eigenschaften der Götter (“geradezu ein Merkmal der Göttlichen im Menschen”, Rahner 316). Sie segnen auch solchen Mut mit Erfolg. Eine günstige Seefahrt kommt nur mit göttlicher Hilfe zustande (vgl. Rahner 245). Schon die Namen der antiken Schiffe verraten uns das: Nike, Soteria, Tropaia, Fides, Pietas, Salus, Triumphus (Rahner 245, Schiffsnamenskatalog von E. Cartault). “Ein immer offenes Grab, ein seefahrender Tod”, so hat ein Römer das Schiff beschreibt (Rahner 315), und doch es ist das Symbol für alle Hoffnungen, Vorzeichen für irdische Glück (Artemidor), und in der christlichen Deutung: Sinnbild des christlichen Hoffens (Clemens von Alexandrien) (Rahner 316).

4. Die Schiffssymbolik im AT. Und damit kommen wir zu der Schiffssymbolik im Alten Testament. In ihm wird der bildliche Audruck aus der Seefahrt kaum gebraucht, obwohl das Volk Israel mit der Schiffskultur der Nachbarn (u.a. Ascher, Phönizier, Philister) in Berührung gekommen war (Gen 49,13; Deut 33,19; Ri 5,17). Nur in zwei Stellen ist solcher Ausdruck zu finden: in Buch der Sprichwörter 23,34 (wie von den Bewegungen eines Schiffes hin und hergeworfen fühlt sich ein Betrunkener); und in Buch Ijob 9,26 (eine schnelle Überfahrt wird zum Bild für Dahinschwinden des Lebens) (s. Das große Bibellexikon 2118). Das AT selbst hat zwei Schiffsszene, die später bei den Kirchenväter lebhaft geblieben sind. Die erste ist die Arche Noah und Jona, der vor Gott fliehen wollte und sich auf der Schiffahrt nach Tarsisch begab; wobei bei den Kirchenvätern nicht die Schiffssymbolik der Jonageschichte besonders im Vordergrund steht, sondern die Symbolik von “ins Meer geworfen zu sein, und drei Tage lang im Bauch des Fisches bleiben zu müssen”; eine oftgebrauchte Symbolik für die Taufe.

5. Die Schiffssymbolik im NT. Ähnlich wie mit dem AT ist auch im NT der bildlicher Ausdruck aus dem Schiffswesen kaum zu finden. Der Hebräerbrief bezeichnet die Hoffnung auf Gottesverheißung als ein “fester Anker unserer Seele” (6,19), und der Jakobusbrief vergleicht die Zunge mit Ruder eines Schiffes (3,4f.). Das NT kennt aber einige Schiffsszenen:

  • Die Seefahrt des Paulus (Apg 7)
  • Der Seewandel Jesu (Mk 6, 45-52; Mt 14, 22-27; Joh 6, 16-21)
  • Die wunderbaren Fischfänge (Luk 5, 1-11; Joh 21, 1-4); wobei hier der einleitende Satz, der sagt, daß Jesus vom Boot aus lehrte, sich in der Vätertheologie zu der Symbolik des römischen Primats entfaltet hat. Wir werden es noch in den Texten nachher sehen.
  • Die Stillung des Sturmes (Matt. 8, 23-27; Mk 4, 35-41; Lk 8, 22-25). Diesen Abschnitt will ich auch vorlesen.

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