"Enthalten" sich Zeugen Jehovas wirklich des Blutes?
| Die meisten Zeugen Jehovas sind aufrichtig davon überzeugt, dass es eine schwere Sünde ist, eine Bluttransfusion anzunehmen. Grundlage dafür ist die biblische Aussage, dass wir uns „des Blutes enthalten“ sollten (Apostelgeschichte 15:29). Viele verwirrt jedoch - und das ist nur zu gut zu verstehen - die Haltung der Wachtturm-Gesellschaft bezüglich verschiedener Blutbestandteile oder Blutprodukte wie Albumin, nicht-synthetische EPO (Erythropoietine), Impfstoffe, Immunoglobuline und Gerinnungsfaktoren für Bluter. Es scheint nicht möglich zu erklären, warum die Wachtturm-Gesellschaft es einem Zeugen erlaubt, diese Bestandteile anzunehmen, während es auf der anderen Seite eine Übertretung des Gesetzes Gottes ist, andere Bestandteile wie Plasma, Blutplättchen, rote und weiße Blutkörperchen anzunehmen. Veranlasst durch diese Widersprüche traten in jüngster Zeit ohne viel Aufsehen eine Reihe von Ältesten und Mitglieder von Krankenhaus-Verbindungskomitees zurück. Darüber hinaus gibt es gewichtige Anzeichen, dass die Wachtturm-Gesellschaft in naher Zukunft ihre Blutpolitik gänzlich fallen lassen wird. [1] | „... Veranlasst durch diese Widersprüche traten in jüngster Zeit eine Reihe von Ältesten und Mitglieder von Krankenhaus - Verbindungskomitees zurück ...“ |
Wichtige Fragen bleiben ohne Antwort
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Diese Abbildung stammt aus der Erwachet!-Ausgabe vom 22. Oktober 1990
(englische Fassung). Man sieht, dass Blutplasma 55% des Blutes ausmacht. Da es die
Wachtturm-Gesellschaft den Zeugen erlaubt, alle einzelnen Plasmabestandteile getrennt
für sich zu sich zu nehmen, ist es nur vernünftig, zu fragen, warum sie Plasma als
solches verbietet. Mitglieder des Krankenhaus-Verbindungskomitees bekommen diese Frage bei ihrer Arbeit von Ärzten in aller Welt vorgelegt. Sie ihrerseits haben versucht, Antworten vom Brooklyner Bethel und verschiedenen Wachtturmzweigbüros zu erhalten. Bisher wurde ihnen einfach gesagt, sie sollten die Angelegenheit auf sich beruhen lassen und nicht weiterfragen. Warum kann oder will die Wachtturm-Gesellschaft diese wichtige Frage nicht beantworten? Da man nirgendwo in der Bibel eine Stütze dafür finden kann, dass bestimmte Blutfraktionen oder Blutprodukte erlaubt sind, ist es nur konsequent zu fragen: Worauf stützt die Wachtturm-Gesellschaft ihr teilweises Verbot von Blut und Blutderivaten? |
Aus Jehovas Schöpfung lernen
| „... praktisch alle Blutbestandteile können die Plazentaschranke überwinden.“ | Gegenwärtig lehrt die Wachtturm-Gesellschaft, dass die erlaubten Blutprodukte
sich auf diejenigen beschränken, die während der Schwangerschaft die Plazentaschranke
überwinden können, und dass ein Zeuge sie auf dieser
Grundlage guten Gewissens annehmen kann. [2]
Die Überlegung dabei ist folgende: Wenn Jehova Gott erlaubt, dass diese
Produkte von der Mutter auf das Kind übergehen, dann kann man logischerweise
schlussfolgern, dass Gott dadurch nicht sein eigenes Gesetz übertritt.
Das erscheint vernünftig, wäre da nicht die von den medizinischen
Wissenschaften bewiesene Tatsache, dass praktisch alle
Blutbestandteile die Plazentaschranke überschreiten
können. [3] Foto von Lennart Nilsson |
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Sind nur die untergeordneten Blutbestandteile erlaubt?
| Manchmal wird argumentiert, dass die von der Gesellschaft erlaubten Blutprodukte nur winzige Blutfraktionen darstellen. Auch diese Art der Argumentation ist nicht schlüssig, da Albumin, das im Plasma enthalten ist und dessen Verwendung von der Gesellschaft gebilligt wird, einen viel größeren Prozentsatz des Blutvolumens (2.2%) ausmacht als manche verbotenen Blutbestandteile, wie weiße Blutkörperchen (1%) oder Blutplättchen (0.17%), die Zeugen Jehovas ablehnen müssen. Weiterhin erfordert die von der Gesellschaft erlaubte Behandlung von Blutern das Sammeln und Lagern beträchtlicher Mengen an Blut (bis zu 2500 Blutspenden für eine einzige Behandlung), und auf der anderen Seite verbietet die Wachtturm-Gesellschaft den Zeugen, ihr eigenes Blut zu lagern. Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen? [4] | „...die von der Gesellschaft erlaubten Blutprodukte [stellen] nur winzige Blutfraktionen dar.“ |
Was können wir aus dem Kontext der biblischen Aussagen über die Verwendung von Blut lernen?
Wenn man sich die Zeit nimmt und sorgfältig alle biblischen Berichte im Zusammenhang mit Blut studiert,
dann wird ganz deutlich, dass, wo immer der unerlaubte Gebrauch
von Blut erwähnt wird, es immer in einem Zusammenhang mit dem
Essen von Blut
geschieht, wie es auch die Wachtturm-Gesellschaft
selbst verschiedene Male anerkannt hat. |
Jedes Mal,
wenn das Blutverbot in der Bibel erwähnt wird, ist es im
Zusammenhang mit seiner Verwendung als Nahrungsmittel,
und demnach betrifft das Verbot nur Blut als Nährstoff.
Wachtturm 15.11.1958, S.703 |
Entspricht eine Bluttransfusion dem Essen von Blut?
„Transfundiertes Blut kann vom Körper nicht als Nährstoff genutzt
werden, genausowenig wie ein transplantiertes Herz oder eine Niere“
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Es gab eine Zeit, als die Wachtturm-Gesellschaft
dies so lehrte. [5] Etwa ab der Mitte der 60er Jahre erkannte sie an, dass
transfundiertes Blut nicht verdaut wird, sondern im Körper ähnlich wie ein Organtransplantat
erhalten bleibt. Tragischerweise waren bis dahin schon viele Zeugen Jehovas an
einer verweigerten Bluttransfusion gestorben. Da die leitende Körperschaft glaubte,
dass das Ende unmittelbar vor der Tür stehe
[6] und dass die Wissenschaften bald für effektive
Blutersatzprodukte sorgen würde [7] , wurde das Blutverbot beibehalten; allerdings wurden
im Laufe der Zeit mehr und mehr einzelne Blutprodukte erlaubt.
[8] Die gegenwärtige Blutpolitik entwickelte sich über
Jahre hinweg auf eine nicht nachzuvollziehende Art und Weise
und man kann viele Parallelen zu den früheren Verboten von Impfstoffen und Organtransplantationen, welche
die Gesellschaft aufgestellt hatte, ziehen. [9]
Um einen Nährwert aus dem Gebrauch von Blut zu erhalten, müsste man es, einfach gesagt, essen und verdauen, so dass es in seine Bestandteile zerlegt werden kann, um dem Körper als Nährstoff zu dienen. Durch eine Bluttransfusion wird dem Körper kein solcher Nährwert zugeführt. Der Wachtturm versuchte diese Tatsache dadurch zu umgehen, indem er argumentierte, dass eine Bluttransfusion sich nicht von einer intravenösen Ernährung mit Dextrose oder Alkohol unterscheidet. Dieser Vergleich führt jedoch in die Irre, da Zucker und Alkohol im Gegensatz dazu vom Körper ohne Abbau zu seiner Ernährung gebraucht werden können. Transfundiertes Blut kann vom Körper nicht als Nährstoff genutzt werden, genausowenig wie ein transplantiertes Herz oder eine Niere. Stelle Dir zwei Patienten vor, die keine Nahrung zu sich nehmen können, und die in das Krankenhaus eingeliefert werden. Der eine erhält eine Bluttransfusion, der andere eine intravenöse Ernährung. Welcher der beiden erhält Nahrung und wird überleben? Ärzte verschreiben natürlich niemals Bluttransfusionen, um Mangelernährung zu beheben, sondern um etwas, was der Körper verloren hat, zu ersetzen, wobei es sich normalerweise um die roten Blutkörperchen handelt, die für den lebenswichtigen Sauerstofftransport gebraucht werden. Man kann also nicht belegen, dass eine Bluttransfusion eine Ernährung mit Blut darstellt oder mit dem Essen von Blut gleichzustellen ist. Demnach fehlt dem kritischen Schritt, den die Gesellschaft braucht, um ihre Blutpolitik biblisch zu stützen, jegliche Grundlage. |
Wie rechtfertigt die Wachtturm-Gesellschaft ihr teilweises Blutverbot?
| Kein angesehener moderner Arzt oder Wissenschaftler würde heute den Standpunkt vertreten, dass eine Bluttransfusion eine Ernährung mit Blut darstellt oder dem Essen von Blut gleichkommt. Vielmehr geht es um eine Verpflanzung eines Organes oder eines flüssigen Gewebes, wie es auch die Gesellschaft selbst anerkennt. [10] Um diese Tatsache zu umgehen, stellte der Wachtturm für Zeugen ein neues Gesetz auf, dass es falsch ist, mit Hilfe von Blut Leben zu erhalten. Das Problem dabei ist, dass wir in der Bibel im Hinblick auf den Gebrauch von Blut nirgends eine Einschränkung, die in diese Worte gefasst ist, finden können. Ist „Essen“ und „Leben erhalten“ das Gleiche, so wie der Wachtturm argumentiert? Viele Dinge tun wir, um unser Leben zu erhalten, wie Trinken, Atmen, Schlafen usw. Essen ist nur einer der Bereiche, die nötig sind, um unser Leben zu erhalten. Dieses Jonglieren mit Worten ist sowohl unehrlich als auch gefährlich, und es verschleiert die Wahrheiten des Wortes Gottes und „geht über die Dinge hinaus, die geschrieben stehen.“ (1. Korinther 4:6) | „... der Wachtturm stellte für Zeugen ein neues Gesetz auf, dass es falsch ist, mit Hilfe von Blut Leben zu erhalten.“ |
Enthalten sich Jehovas Zeugen wirklich des Blutes?
| „Und so bedeutet
auch das Gebot sich des Blutes zu enthalten, überhaupt kein Blut in den Körper
aufzunehmen.“
Du kannst für immer im Paradies auf der Erde leben, S. 216 |
Die meisten Zeugen Jehovas würden mit einem überzeugten JA antworten! Aber wie diese kurze Betrachtung der Tatsachen gezeigt hat, ist das nicht der Fall; die Antwort ist NEIN. Kannst Du erklären, warum die Wachtturm-Gesellschaft den Gebrauch von Blutprodukten wie Albumin, EPO, Blutseren, Immunoglobuline und Behandlungen von Blutern mit den Gerinnungsfaktoren VIII und IX erlaubt, da diese eindeutig dazu gebraucht werden, um Leben zu erhalten? Kann man das aufrichtig als „sich des Blutes enthalten“ ansehen? Es ist unverkennbar, dass das nicht möglich ist. Die medizinische Anwendung von Blut ist entweder richtig oder verkehrt. Wenn sie falsch ist, dann kann man sich nicht heraussuchen, von welchen Blutbestandteilen oder Blutfraktionen man sich enthalten will, genausowenig wie man ein bisschen Hurerei oder ein bisschen Götzenanbetung betreiben kann. Eine solche Argumentation ist mit einem gravierenden Mangel behaftet. |
Die Menschenleben, die ein Aufrechterhalten des Blutverbotes fordert
| In den vergangenen Jahrzehnten
haben zahllose Zeugen Jehovas loyal an dem Verbot von Impfstoffen und Organtransplantationen
festgehalten. In manchen Fällen kostete sie das sogar ihr Leben. Wir fragen uns, wie wohl ihre Hinterbliebenen
und Freunde empfunden und reagiert haben mögen, als die Wachtturm-Gesellschaft
schließlich „neues Licht“ erhielt und ihre frühere Einstellung verwarf. [9]
Das Titelblatt der Erwachet -Ausgabe vom 22. Mai 1994 „ zierten“ die Bilder von 26 Jugendlichen im Alter bis zu 17 Jahren mit der Schlagzeile: „Jugendliche, die Gott den Vorrang geben“. Darin verkündet die Zeitschrift: „In alter Zeit waren Tausende von Jugendlichen bereit zu sterben, weil sie Gott den Vorrang gegeben haben. Heute ist es nicht anders, nur spielt sich das Drama in Krankenhäusern und Gerichtssälen ab - es geht um Bluttransfusionen.“ Der Artikel auf Seite 9 mit dem Titel „Jugendliche, die Kraft besitzen, die 'über das Normale hinausgeht'“ gibt die Geschichte dreier Jugendlicher wieder, die starben, nachdem sie sich geweigert hatten, einer Bluttransfusion zuzustimmen. War ihr Opfer wirklich notwendig? Loyales Befolgen des Blutverbotes hat vielen Tausenden von Zeugen Jehovas ihr Leben gekostet. Trotz dieser Tatsache glauben viele Älteste, Mitglieder von Krankenhaus-Verbindungskomitees und langjährige Beobachter des Wachtturms, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Organisation ihre Blutpolitik revidiert und der Gebrauch von Blut und Blutprodukten eine Frage des Gewissens wird. Wir ermuntern Dich, die verbleibende Zeit zu nutzen, um alles Beweismaterial sorgfältig abzuwägen, so dass Du im Hinblick auf den Gebrauch von Blut oder einzelnen Blutbestandteilen oder -produkten eine bewusste und informierte Wahl treffen kannst. Erkundige Dich auch nach alternativen, blutlosen Therapieformen, aber tue dies unter der Anleitung und Betreuung eines qualifizierten Arztes, der Dich am besten über die Risiken aber auch den möglichen Nutzen sowohl einer Behandlung mit als auch ohne Blut(produkte) beraten kann. Die Frage, ob die Wachtturm-Gesellschaft diese Produkte gegenwärtig befürwortet oder nicht, sollte dabei keine Rolle spielen. |
 „Loyales Befolgen der Blutdoktrin hat Tausenden von Zeugen ihr Leben gekostet. ... War ihr Opfer wirklich notwendig?“
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| Die Vereinigung der Zeugen Jehovas
für eine Reform in der Blutfrage ist eine Gruppe von Zeugen
Jehovas aus vielen Ländern und schließt Älteste, andere
Funktionsträger der Organisation, Mitglieder
von Krankenhaus-Verbindungskomitees, Ärzte, Anwälte,
Mitarbeiter der Kinderfürsorge und andere Personen ein, die
freiwillig ihre Zeit und Energie dafür einsetzen, um für ein Ende der tragischen und fehlgeleiteten
organisatorischen Politik der Gesellschaft, die schon Tausende von Menschenleben, darunter
auch das Leben vieler Kinder, gefordert hat, zu kämpfen.
Web site: http://www.ajwrb.org/ (englisch) http://geocities.datacellar.net/athens/ithaca/6236/ (deutsch) Email: loyaler_reformer@hotmail.com |
Fussnoten/Referenzen:
1 - Decision on Admissibility of Application 28626/95, S.22, S.6; Information note no. 148, B.II. (a); Commission Report on Application 28626/95 adopted March 9, 1998, S.4, 17. II. The Council of Europe - European Commission of Human Rights.
2 - Wachturm, 1. Juni 1990 S.31.
3 - Walknowska, J., Conte, F.A.,Grumback, M.M. (1969). Practical and theoretical implications of fetal/maternal lymphocyte transfer, Lancet, 1, 119-1122; Simpson JL; Elias S., JAMA 1993 Nov. 17;270(19):2357-61; Isolating Fetal Cells in Maternal Circulation For Prenatal Diagnosis von Joe Leigh Simpson and Sherman Elias; Prenatal Diagnosis, Vol. 14: 1229-1242(1994); Early Human Development 47 Suppl. (1996) S73-S77.
4 - Der Wachtturm, 15. Juni 1985, S. 30.
5 - Vergewissert euch über alle Dinge;, revidierte Ausgabe vom 1.4.1957, S. 43; Wachtturm, 1. Dezember 1961, S. 718. Obwohl die WTG immer noch gelegentlich unterschwellig andeutet, dass eine Bluttransfusion eine Ernährung durch Blut darstellt, wurde diese Haltung, beginnend in den 60er Jahren, stillschweigend verworfen und wir lesen gewöhnlich Feststellungen wie „es ist falsch, unser Leben durch den Gebrauch von Blut zu erhalten“, obwohl dieser Ausdruck oder eine solche Idee in der Heiligen Schrift nicht zu finden ist.
6 - Wachtturm, 1. August 1968, S.464, §7; Wachtturm, 15. November 1968, S. 691; Die Nationen sollen erkennen, dass ich Jehova bin - 1971, Seite 217.
7 - Awake! 6/22/72 S.29-30.
8 - Erwachet! 22. September 1982 S.25.
9 - Impfstoffe siehe Golden Age, 5/1/29, S.502, Watchtower 12/15/52 S. 764. Organtransplantationen siehe Wachtturm, 15. Feb. 1967, S. 126; Wachtturm, 15. Juni 1980, S. 31.
10 - Erwachet!, 22. Oktober 1990, S. 9.
Copyright © 1998
Vereinigung der Zeugen Jehovas für eine Reform in der Blutfrage
letzte Aktualisierung: 28. 12. 1999
Web-Adresse: http://geocities.datacellar.net/athens/ithaca/6236/enthalt.htm
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