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Tagebuchbericht über die Vorbereitungsreise
vom 11. - 16. Januar 96 nach Moldavien
Ursula Honeck
Die Idee, eine Informations- und Vorbereitungsreise nach Moldavien zu machen, wurde eigentlich erst Ende November geboren, als ich die 5000,-DM
vom Städtlifestverein für den Kauf von Herzklappen auf dem Konto hatte. Kurz vorher hatte ich einen Brief mit der dringenden Bitte um Herzklappen aus Moldavien erhalten. Zunächst überlegte ich, wie man das Geld am
besten nach Chisinau bringen könnte. Letztendlich war die sicherste Lösung, selbst auf private Kosten hinzufliegen und gleichzeitig "zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen". Nach dem letzten Transport
nach Moldavien, wo manches nicht so lief, wie wir es gerne gehabt hätten, war es sicher notwendig, Gespräche zu führen und damit einige Unklarheiten aus dem Weg zu räumen. Außerdem sollte die Kinderklinik, die in
einer Nacht- und Nebelaktion im Frühjahr mit Hilfsgütern versorgt wurde, und die Krebsklinik, die neu als Abladestation dazu kommen sollte, besichtigt werden. Der Gedanke, alleine diese Reise anzutreten, verursachte
doch etwas komische Gefühle in der Magengegend, aber spontan erklärte sich Marlies Albrecht bereit, mich zu begleiten. Jetzt fehlte uns nur noch die Einladung der Klinik in Chisinau für das Visum und ein
Dolmetscher, der uns die fünf Tage zur Seite stehen sollte. Deshalb telefonierte ich mehrfach mit dem katholischen Pfarrer in Chisinau, der sehr gut deutsch kann. Er war nicht sehr begeistert, für uns seine Zeit zu
opfern, versprach aber, sich um jemanden zu kümmern. Da ich lange nichts von der Klinik und vom Herrn Pfarrer zu hören bekam, setzte ich mich mit unseren Freunden Gusti und Herrn Munteanu, die uns bis jetzt jedesmal
nach Moldavien begleitet hatten, in Verbindung. Beide waren sehr beunruhigt, uns alleine in Moldavien zu wissen und entschlossen sich, spontan Urlaub zu nehmen und mit dem Zug nach Chisinau zu fahren. Das war für
uns natürlich die optimale Lösung, zumal wir heute noch ohne Dolmetscher am Flughafen stehen würden, wenn wir uns auf den Pfarrer verlassen hätten.
Am Donnerstag den 11.Januar traten wir dann voll bepackt (aber nicht nur mit unseren eigenen Dingen, sondern mit Kleidung, Stiefeln, Schokolade,
Spielsachen und Seife) die Reise an. Schon alleine die Fahrt mit dem Zug war ein Abenteuer. Endlich in Frankfurt angekommen waren wir froh, als wir die schweren Koffer aufgegeben hatten. Nach einem herrlichen Flug
landeten wir gegen 14.00 Uhr in Budapest. Um nach Chisinau weiterzufliegen, wurden wir mit einem Kleinbus auf einen anderen Flughafen gebracht. Schon bei dieser Fahrt hatten wir Sorge, ob auch unser Gepäck mitkommen
würde, und als wir die doch recht veralteten Maschinen auf dem Rollfeld sahen, war uns doch etwas komisch zu Mute. Um 15.00 Uhr ging es dann endlich weiter. In der kleinen vollbesetzten Maschine war es eng, kalt und
zugig. Trotz Rauchverbot hielt sich keiner dran, und die Luft war dementsprechend. Nach einiger Zeit wurde es so warm, daß man es fast nicht aushalten konnte. Doch da das Flugzeug relativ ruhig flog und man den
Gästen russischen Champagner servierte, war die Sache halb so schlimm. Pünktlich um 18.00 Uhr(Ortszeit) landeten wir auf dem stockdunklen Flughafen von Chisinau. Jetzt erst sahen wir, daß die meisten Maschinen
eingeschneit und die Pisten total vereist waren. Ein bissig kalter Wind kam uns entgegen, egal, wir waren erst mal da. Und wieder der bange Blick nach unseren Koffern. Im Flugzeug, wo hinten alles Gepäck lose
gestapelt war, hatten wir sie nicht gesehen. Nach einigen Verständigungsschwierigkeiten konnten wir dann mit Gepäck die Zollkontrolle passieren und waren erleichtert , als wir Herrn Dr. Manolache, den Herzchirurgen,
erblickten. Diese Hürde hatten wir geschafft. Wir stiegen in das auch innen vereiste Auto und fuhren zu unserem "Nobelquartier", welches unsrer Mannschaft sicher noch in Erinnerung ist. Marlies war erst
einmal erschrocken über den "Komfort" und die "Sauberkeit" ( Gottlob haben wir die Mäusekegel auf dem Fenstersims erst kurz vor der Abreise entdeckt ), außerdem war es so kalt, daß wir
überlegten, was wir nachts alles anbehalten sollten. Herr Dr. Manolache veranlaßte aber, daß am nächsten morgen wenigstens die Heizung etwas überschlagen war, und das Wasser lauwarm aus der Leitung kam. Nach dem
Abendessen in einem kleinen Restaurant mit moldavischer Volksmusik, versuchten wir, bis zur Nasenspitze mit der dünnen Decke zugedeckt, einzuschlafen.
Freitag, 12.Januar. Gusti und Herr Munteanu waren die ganze Nacht in einem mit musizierenden Zigeunern vollbesetzten Zug durchgefahren und kamen
dementsprechend erschöpft, aber pünktlich um 8.15 Uhr in Chisinau an. Bei unserem herzlichen Wiedersehen waren alle Strapazen so gut wie vergessen. Um 9.00 Uhr trafen wir uns in der Klinik, um das Programm für die
kommenden Tage zu besprechen. Ich hatte für jede Station, die wir besuchen wollten, einen Fragebogen vorbereitet. Innerhalb von einer Stunde waren alle Besuchstermine festgelegt, nur der katholische Pfarrer war
nicht erreichbar.
So besichtigten wir zunächst die Notfallaufnahme, die Notrufzentrale und einige Stationen der 1600 Betten Klinik, die meistens vollbelegt ist.
Jährlich werden 23.000 Patienten ambulant behandelt, davon sind 11.000 Notfälle. Das Einzugsgebiet umfaßt 3.000.000 Menschen in einem Umkreis von 150 km. Derzeit sind dort 300 Ärzte, 800 Assistenten und 600
Pflegepersonen tätig. Die Klinik hat 28 Abteilungen, also alles außer Onkologie, Cardiologie, Psychiatrie und Gynäkologie. Über die Andeutung, daß wir im Mai einen Rettungswagen nach Chisinau bringen werden, war man
sichtlich erfreut, da nur 14 Krankenwagen für den ganzen Kreis Chisinau vorhanden und meist nur wenige aus technischen Gründen einsatzbereit sind. Ein Rettungshubschrauber, zuständig für das ganze Land, ist auf dem
Flugplatz stationiert.
Auf den Stationen hat sich, außer der winterlichen Temperatur, nicht viel verändert. Derzeit können keine Herzoperationen durchgeführt werden,
da man keine Oxygenatoren (Einmalartikel) für den externen Kreislauf während einer Operation hat. Es fehlt auch an Nahtmaterial, Anästhesiezubehör und sonstigen Medikamenten. Überall hörte man Lob über unsere
Hilfslieferungen, die immer noch zu den wertvollsten und umfangreichsten zählen. So spürte man auch ganz deutlich die Freude über unsere Anwesenheit, man hat Hoffnung, daß wir wieder weiter helfen. Auf der
Herzchirurgieabteilung besuchten wir einige operierte und noch nicht operierte Patienten, überall waren wir bekannt und wurden freudig begrüßt, und man fragte uns, ob wir auch wieder Herzklappen mitgebracht hätten.
Wie jedesmal hatte ich einen Brief mit Inhalt von einer Todtnauer Bürgerin zur Weiterleitung an ein bedürftiges Kind bei mir. So gingen wir in die Kinderabteilung und fanden spontan einen kleinen Jungen, schwer
krank, schon dreimal am Herz operiert, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, dem der Brief zukommen sollte. Im gleichen Zimmer lagen zwei kleine Mädchen mit angeborenem Herzfehler, die dringend operiert werden
müssen, es fehlt aber das Geld für die Medikamente, die zu einer Operation benötigt werden. Beide ohne Vater, eines mit fünf und das andere mit sieben Geschwistern, beide Mütter haben nur eine kleine Rente, die es
nicht einmal ermöglicht, die Kinder zu besuchen, weil die Fahrt mit dem Bus unerschwinglich ist. Marlies und ich hatten, wie so oft, den gleichen Gedanken. Wir entschlossen uns spontan, beide für die Medikamente (je
250,-DM ) aufzukommen. Der Kinderarzt war sichtlich gerührt und wollte versuchen, bis Montag vielleicht doch die Mütter der Kinder in die Klinik zu holen.
Nach einer bescheidenen Mahlzeit in der Kantine fuhren wir in die zu Anfang erwähnte Kinderklinik, wo wir von Frau Dr. Matragun, allen an der
Nachtaktion im Mai Beteiligten gut bekannt, herzlich empfangen wurden. Diese Kinderklinik ist die einzige für ganz Moldavien, mit zehn Abteilungen und 235 Betten. Im Durchschnitt werden täglich 10 Kinder ambulant
und 600 Kinder jährlich stationär behandelt. Dort arbeiten 100 Ärzte und ca. 50 Pflegepersonen. Schwerpunkte sind rheumatische Erkrankungen, Herzkrankheiten, Verbrennungen, Hepatitis und Infektionen, daneben
Krankheiten im Augen- und HNO-Bereich. Auf meine Frage: "Woran mangelt es am meisten?", kam die spontane Antwort:"An allem!!!" .Um uns selbst ein Bild zu machen, ließen wir uns einzelne Stationen
zeigen, angefangen in der Stationsküche. Außer drei vergammelten Blecheimern, wo die Suppe aufbewahrt wird und ein paar Töpfen in dem sonst leeren Schrank, war nichts vorzufinden. Der einzige Kühlschrank auf Station
hatte schon längst den Geist aufgegeben, und die Spüle sah auch nicht sehr appetitlich aus. Die Krankenzimmer waren erschreckend eng, alte kleine Betten, wo sich Mütter mit ihren Kindern das enge Lager teilten.
Bettwäsche mußte selbst mitgebracht werden, Waschbecken waren aus der Wand gerissen, eine Babywaage und eine desolate Schreibtischlampe waren das einzige Inventar auf dem Untersuchungstisch. An den Fenstern waren
manchmal Vorhänge, aber meistens Eisblumen zu sehen. Viele Zimmer waren derzeit gar nicht belegt, weil es zu kalt und zu feucht war. Fand man irgendwo Bodenbelag, war dieser durch die Feuchtigkeit angefault und
hatte Riesenlöcher. Die Sanitäranlagen waren mit denen im Krankenhaus von Orhei gleichzusetzen. Es wunderte uns nicht mehr, daß man uns dringend um Desinfektions-, Putz- und Waschmittel und vor allem um RATTENGIFT
gebeten hatte. Natürlich zeigte man uns auch stolz die Zimmer, wo unsere Mannschaft im Mai die Betten hingebracht hatte. Auf einer anderen Station lagen sehr viele kleine Patienten mit schwersten Verbrennungen in
ihren Bettchen. Man sah auf den ersten Blick, daß es hier an Wundauflagen, Verbandsmaterial und sterilen Tüchern fehlte. Überhaupt war es für uns nicht begreiflich, wie das gut gehen konnte, wenn eine Mutter in
Straßenkleidung, weil sie nichts anderes hatte, im gleichen Bett mit ihrem Kind mit offenen Brandwunden lag. So war es verständlich, daß man uns nicht nur um medizinische Dinge, sondern auch um Nachthemden und
Morgenröcke für die Mütter bat. Nach dem doch sehr bedrückenden Rundgang nahmen wir im Stationszimmer bei einem Gläschen Sekt Abschied, wobei es Schwierigkeiten gab, überhaupt mehrere geeignete Trinkgefäße
aufzutreiben, aber in der Not benutzten wir Kaffeetassen. Wieder sahen wir die Hoffnung in den Augen der beiden Ärztinnen, die es kaum erwarten können, bis wir im Mai wiederkommen.
Nach einer kurzen Verschnaufpause fuhren wir zu der Patientin, die letztes Jahr durch unsere Hilfe "zum zweitenmal geboren wurde", wie
sie immer so schön sagt. Herr Dr. Manolache hatte ihr im Dezember 94 zwei Herzklappen eingesetzt. Sie war so glücklich uns an ihrem Tisch zu haben, und man spürte über Sprachbarieren hinweg, daß alleine die Sprache
des Herzens zählte. Überhaupt hatten wir auf dieser Reise sehr viele Augenblicke der seelischen Verbundenheit, ohne die gleiche Sprache zu sprechen.
Am Samstag fuhren wir, nach einem "reichlichen" Frühstück in Gustis Zimmer (Herr Munteanu hatte Kaffee und einen Heizofen bei seinem
Sohn, der in einer Klinik in Chisinau arbeitet, organisiert) durch eine herrliche Winterlandschaft nach Orhei. Es war Neujahr und daher kein Verkehr auf den eisglatten Straßen. Nach einem längeren Gespräch mit dem
Klinikdirektor und zwei Ärzten, machten wir einen Rundgang durch die Klinik. Wer den letzten Film gesehen, oder Margrets Bericht gelesen hat, wird sich sicher daran erinnern, daß es in diesem Krankenhaus Ärger
gegeben hat, weil Betten und Matratzen in einem feuchten Lager vor sich hin gammelten anstatt benutzt zu werden. Margret hatte damals mit dem eisernen Besen durchgekehrt, und das hatte seine positive Wirkung. In den
Zimmern, die wir besichtigten, waren unsere Betten, Bettwäsche und Matratzen. Die Waschbecken seien in der neuen Klinik installiert worden. In der Hoffnung, daß es im Mai keinen Schnee mehr hat, und kein Feiertag
ist, werden wir uns dann davon überzeugen können. Nach einem abschließenden Rundgang durch die Frauenklinik machten wir uns auf den Weg in die orthodoxe Pfarrei. Wie jedesmal wurden wir herzlich empfangen und
bestens bewirtet. Es war Feiertag, Neujahr, und die ganze Verwandtschaft von Pfarrer Johann war zu Besuch. So machten wir nach dem Essen noch einen gemeinsamen Ausflug zu einem Kloster mit großen Ländereien, die
aber erst wieder im Aufbau sind. Anschließend führten wir bei Kerzenlicht (der Strom war für zwei Stunden abgedreht) noch vorbereitende Gespräche für unseren nächsten Hilfstransport. Nach einigen Gedenkminuten an
unsere Mannschaft in Gustis Zimmer, legten wir uns gut aufgewärmt durch Herrn Munteanus Heizofen und einem Gläschen Rotwein in unsere "Eistruhe".
Sonntag, 14.Januar. Bei Minus 10 Grad, aber strahlendem Himmel, Fahrt in die Innenstadt, ich sollte in einem Hotel Zündkerzen für eine
Standheizung, die in Moldavien nicht zu bekommen waren, abgeben. Anschließend Besuch und Gespräch beim Metropoliten Vladimir, natürlich mit dem üblich gedeckten Tisch. Um 13.00 Uhr sollten wir bei der katholischen
Kirche sein, man hatte den Pfarrer inzwischen erreicht. Nach einer kurzen, etwas kühlen Begrüßung gab er uns zu verstehen, daß er sehr wenig Zeit habe, und wir besser einen Termin am Montag ausmachen sollten. Bei
dieser Gelegenheit stellte er uns auch eine Dolmetscherin vor, die uns begleiten sollte (etwas spät, oder??). So fuhren wir zu einem Herzpatienten, der vor zwei Monaten drei Herzklappen von uns bekommen hatte.
Natürlich war die Freude groß, und der Tisch mit viel Liebe hergerichtet. Zwei Stunden später waren wir bei Herrn Dr. Manolache eingeladen. Er zeigte uns nach dem Essen einen sehr einducksvollen Film von einer
Herzklappenpoperation an einer 28-jährigen Patientin, die wir am Montag auf Station besuchten.
Montag, 15.Januar. Pünktlich um 10.00 Uhr trafen wir uns mit der Dame aus Moskau, bei der wir wieder für 5000,- DM Herzklappen bestellt hatten.
Trotz der verschiedenen Nationalitäten ( russisch, deutsch, rumänisch, moldavisch ) haben wir sehr gute Gespräche geführt und gefühlt, daß wir auf einer Wellenlänge sind. Abschließend übergaben wir im Beisein der
drei Kinder von der Herzstation dem Stationsarzt das Geld für die Medikamente. Es war so ein rührender Augenblick, daß alle Anwesenden Tränen in den Augen hatten. Leider war es nicht möglich die Mütter in die Klinik
zu bringen.
Anschließend Besuch in der Krebsklinik, mit der Margret im Mai 95 erste Kontakte aufgenommen hatte. Die Klinik, die einzige für ganz Moldavien,
wurde 1946 erbaut, 1991 erweitert und umfaßt 23 Hektar. Insgesamt hat sie 1050 Betten, und jährlich werden ca. 10.000 Patienten ambulant versorgt. Derzeit arbeiten dort 385 Ärzte, 500 Assistenten und 500
Pflegepersonen. Es sind dort sehr viele Kinder mit Leukämie. Natürlich machten wir einen Rundgang durch einige Stationen. Die Kinderstation machte im Gegensatz zu der Kinderklinik einen helleren, wärmeren Eindruck,
die Mütter schliefen in separaten Betten. Auf der Frauenstation trafen wir wieder auf verheerende Zustände. Zimmer, nicht beheizt, kein Waschbecken, kein Schrank, keine Vorhänge,bis zu acht Betten mit
Metallfederrösten ohne Matratzen, nur eine dünne Auflage, ohne Kissen, die Patientinnen in Straßenkleidung nur mit einer dünnen Decke zugedeckt, der Fußboden kalt ohne Belag, und das bei den derzeitigen
Temperaturen. Hier in der Klinik gibt es wenigstens einmal am Tag eine warme Mahlzeit, viele die nach Hause entlassen werden, haben Mühe gegen Hunger und Kälte anzukämpfen. So berichtete uns der Chefarzt, der selbst
bemüht ist Armen und Alten zu helfen, daß schon mindestens 10 , die er kannte, an Hunger und Kälte gestorben seien. Wir können am nächsten Tag wieder nach Hause fahren, aber diese bedauernswerten Menschen. Marlies
und ich schauten uns wieder an und entschloßen uns spontan zu helfen.
Am nachmittag mußten wir uns schweren Herzens von unseren Freunden aus Rumänien und von Herrn Dr. Manolache, die sich alle so rührend um uns
gekümmert hatten, verabschieden. Um 16.00 Uhr wurden wir von einem Kleinbus der katholischen Pfarrei abgeholt. Obwohl die junge Dolmetscherin und die andere junge Dame sehr nett waren, herrschte plötzlich eine ganz
andere Atmosphäre. Wir fuhren zu Anna und Olga, zwei querschnittsgelähmte Mädchen, denen wir im Mai Rollstühle gebracht haben, und die von Todtnauer Paten finanziell unterstützt werden. Leider konnte ich beiden
keine Hoffnung machen, daß wir hier in Deutschland eine Rehabilitatiosmaßnahme ermöglichen können. Dafür ist unser Verein zu klein, und die Paten wären überfordert. Dennoch haben sie sich sehr über unseren Besuch
gefreut. Beim anschließenden zehnminütigen Gespräch mit dem Herrn Pfarrer in der Kirche wurde der Eindruck, den die Mannschaft im Mai gehabt hatte, bestätigt. Mehr als einmal sagte der Pfarrer, daß er sich mit dem
Verteilen von Hilfsgütern überfordert fühle und es nicht gerne mache. Deshalb habe er auch sein Amt bei der Caritas Moldavien aufgegeben. Das war eine klare Aussage. Ich vergewisserte mich noch bei den jungen Damen,
daß genügend Hilfsgüter bei Caritas eingingen und strich diese Station sogleich als Abladestation.
An diesem unserem letzten Abend haben Marlies und ich noch lange keine Ruhe gefunden. Bei einem Gläschen Sekt ( Reagenzgläser aus einem Labor!
), den uns der Chefarzt von der Onkologie zum Abschied in unsere "Residenz" geschickt hatte, ließen wir noch mal alle Erlebnisse an uns vorüberziehen und waren beide der Meinung, daß diese Reise sehr
positiv für beide Seiten verlaufen war. Es war alles vorzüglich organisiert, und man hatte endlich mal Zeit gehabt sich näher kennenzulernen, was während des Transportes einfach nicht möglich ist.
Dienstag, 16.Januar. Pünktlich um 5.30 Uhr wurden wir abgeholt und zum Flughafen gefahren. Unsere Koffer waren nun um einiges leichter, wir
hatten der alten Dame an der "Hotelrezeption" noch allerhand dagelassen, worüber sie sich unendlich freute. Nachdem uns bei minus 20 Grad und vierzigminütiger Verspätung in dem unbeheizten Flughafengebäude
fast die Füße und Hände erfroren sind, durften wir endlich die Klappermaschine nach Budapest besteigen. Dort reichte es gerade noch den Anschlußflug nach Frankfurt zu bekommen. Und da passierte es , was wir am
Anfang befürchtet hatten. Man hatte unsere Koffer nicht aufgeladen, die standen bis zum Abend noch in Budapest. Unsre Laune war auf dem Nullpunkt, aber mit der Zeit sagten wir uns, es gibt wahrhaft Schlimmeres, das
haben wir selbst während dieser fünf Tage erlebt. So bin ich eben am Mittwoch nach Stuttgart gefahren und habe die Koffer abgeholt. In Chisinau wäre das nicht so einfach gewesen, oder ????
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