BUCHAUSZUG
Auf der Suche nach Christlicher Freiheit
Kapitel 9: Blut und Leben, Gesetz und Liebe
von
Raymond Franz
(Übersetzung: Herbert Raab)
Teil 1
Der Buchstabe tötet, aber der
Geist macht lebendig.
2.Korinther 3:6, Herder.
it der folgenden Darlegung verfolge ich keinesfalls die Absicht, darauf hinzuweisen, dass die Verwendung von Blut nicht ohne schwerwiegendes Risiko sei. dass es ein solches Risiko gibt, ist einfach eine Tatsache. Es soll hier auch nicht darüber gesprochen werden, ob jemand, der sich selbst und ohne Druck allein aus religiösen Gründen dazu entschließt, Transfusionen (eigentlich die Übertragung von Blutkomponenten und Blutbestandteilen) abzulehnen, falsch handelt. Selbst Handlungen, die an sich eigentlich richtig sind, werden verkehrt, wenn sie mit einem schlechten Gewissen begangen werden. Der Apostel drückt das so aus: Wohl dem, der sich nicht zu verurteilen braucht bei dem, was er für recht hält. . . . Alles, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde. Ob angesichts der Tatsachen, die in diesem Kapitel besprochen werden sollen, bestimmte Bedenken in bezug auf Blut ein Zeichen für ein starkes oder ein schwaches Gewissen sind, das zu beurteilen überlasse ich dem Leser.
Man sollte zur gleichen Zeit aber auch auf keinen Fall unterschätzen, welch eine große Verantwortung eine Organisation trägt, wenn sie in solch kritischen Angelegenheiten ihren eigenen Standpunkt zum Maßstab für die Gewissensentscheidung des einzelnen macht. Was sich innerhalb der Wachtturm-Gesellschaft auf dem Gebiet des Blutes ereignet hat, illustriert in eindrucksvoller Weise, wie starres Denken in Gesetzeskategorien eine Organisation in einen Wust von Ungereimtheiten führen kann, deren nachteilige Folgen dann möglicherweise ihre Mitglieder zu erleiden haben.
Ursprünglich, in den späten vierziger Jahren, hatte die Organisation ein vollständiges Verbot erlassen, Blut in irgendeiner Form anzunehmen, ob es nun Vollblut war oder Blutbestandteile. Dann fügte sie im Laufe der Jahre neue Vorschriften hinzu, die immer mehr auf fachlich-technische Aspekte des Themas hinausliefen. Die nachfolgende Tabelle gibt im wesentlichen die heutige Haltung der Organisation zur Frage der Verwendung von Blut wieder:
Unzulässige Blutbestandteile und Verfahren |
Zulässige Blutbestandteile und Verfahren |
|
______________________ | ______________________ | |
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Heutzutage teilt die Organisation die Blutbestandteile in "Haupt"- und "Neben"-Bestandteile ein (Das Ergebnis dieser Aufteilung ist in der Tabelle zu sehen). Die Einteilung an sich macht schon deutlich, wie willkürlich und inkonsequent die Entscheidungen sind. Wo hat Gott Menschen die Macht erteilt, solche Entscheidungen zu treffen? Auf welcher Grundlage wird hier eingeteilt einfach aufgrund eines bestimmten Prozentanteils am Gesamtgehalt? Wenn ja, wo macht man die Trennung zwischen "Haupt"- und "Neben"-Bestandteil? Entscheidet man etwa aufgrund dessen, wie lebenswichtig die Rolle ist, die jeder Bestandteil spielt? Und falls das so ist, wonach legt man fest, wie wichtig er ist?
Der frühere Leiter des medizinischen Stabes der Wachtturm-Zentrale, ein approbierter Arzt und Chirurg, sagte einmal, er habe Probleme, zu unterscheiden, was ,Haupt'- und was ,Neben'-Bestandteil sei? ,Wenn jemand einen bestimmten Blutbestandteil zur Rettung seines Lebens benötigt, dann sei dieser für ihn ein "Haupt"-Bestandteil.' Die Inkonsequenz geht aber in Wirklichkeit noch viel weiter.
Wenn die Frage gestellt wird, warum sie nicht die Verwendung aller Blutbestandteile verbietet, erklärt die Wachtturm-Gesellschaft bis heute die Änderungen in ihren Richtlinien, nach denen der Gebrauch der aufgelisteten Bestandteile zugelassen ist, mit dem Argument, diese würden nur in sehr "geringen Mengen" verwendet und das sei damit eine Frage der persönlichen Gewissensentscheidung. Bei nahem betrachtet deutet allerdings alles entweder auf Unkenntnis oder auf ein Verdecken von Tatsachen hin Tatsachen, die so überzeugend sind, dass sie die Haltung der Organisation als unsinnig entlarven. Man denke nur einmal an folgendes:
Wenn die Wachtturm-Gesellschaft vollmundig gegen die Verwendung von "Vollblut" wettert, so hört sich das für viele Zeugen sehr eindrucksvoll an. In den 1950er und 1960er Jahren waren Transfusionen von Vollblut zwar üblich, heute sind sie jedoch auffallend selten. In den meisten Fällen gibt man dem Patienten den speziellen Blutbestandteil, den er benötigt. Das meiste Blut wird unmittelbar nach dem Spenden in eine Anzahl von Komponenten zerlegt (Plasma, Leukozyten, Erythrozyten [rote Blutkörperchen], usw.). Diese werden für eine künftige Verwendung gelagert. Die meisten schickt man gewöhnlich direkt an medizinische Einrichtungen. Wenn ein Zeuge mit der Frage einer Transfusion konfrontiert ist, geht es daher in der großen Mehrzahl der Fälle nicht um Vollblut, sondern um irgendeinen Bestandteil.
Die Inkonsequenz der Richtlinien der Wachtturm-Gesellschaft, welche Bestandteile zulässig sind und welche nicht, wird gut an ihrer Haltung gegenüber Plasma anschaulich. Wie aus der Abbildung zu ersehen ist, die der Ausgabe von Erwachet! vom 22.Oktober 1990 entnommen wurde, macht Plasma etwa 55 Prozent des Blutvolumens aus. Offenbar wurde es von der Wachtturm-Gesellschaft wegen des Volumenanteils auf die Liste der verbotenen "Hauptbestandteile" gesetzt. Doch Plasma besteht in Wirklichkeit bis zu 93 % aus einfachem Wasser. Was sind nun die Bestandteile der restlichen 7 %? In erster Linie Albumin, Globuline (davon die Immunglobuline als wesentlichste Bestandteile), Fibrinogen und Gerinnungsfaktoren (für Hämophiliepräparate benötigt). Und das sind genau die Bestandteile, die die Organisation als für ihre Mitglieder zulässig aufführt. Plasma ist verboten, und dennoch sind seine wesentlichen Bestandteile zugelassen vorausgesetzt, sie werden dem Körper getrennt zugeführt. Jemand sagte einmal dazu, das sei so, als ob ein Arzt die Anweisung gegeben hätte, eine bestimmte Person dürfe keine Schinken- und Käsebrote mehr essen; es sei ihr aber gestattet, das belegte Brot auseinanderzunehmen und die Brotschnitte, den Schinken und den Käse einzeln, nicht als Sandwich, zu essen.
Leukozyten, oft "weiße Blutkörperchen" genannt, sind ebenfalls verboten. In Wirklichkeit ist der Ausdruck "weiße Blutkörperchen" ziemlich irreführend. Die meisten Leukozyten im Körper eines Menschen befinden sich nämlich eigentlich außerhalb des Blutkreislaufs. Der menschliche Körper enthält an die 2 bis 3 kg Leukozyten, und nur etwa 2 - 3 % davon sind im Blutkreislauf. Die übrigen 97 - 98 % sind im Körpergewebe verteilt und bilden das Abwehr- oder Immunsystem.
Das bedeutet, dass jemand, der ein Organtransplantat empfängt, damit zusammen mehr körperfremde Leukozyten in seinen Körper aufnimmt, als wenn er eine Bluttransfusion erhalten hätte. Da die Wachtturm-Organisation inzwischen Organtransplantationen erlaubt, wird ihre unnachgiebige Haltung gegenüber Leukozyten, während sie gleichzeitig andere Blutbestandteile zulässt, sinnlos. Man könnte sie nur mit Hilfe von verschlungener Argumentation verteidigen, nicht auf irgendeiner moralischen, rationalen oder logischen Grundlage. Die willkürliche Aufteilung des Blutes in "Haupt"- und "Neben"bestandteile hat gleichfalls keine vernünftige Basis. Die Organisation verbietet Blutplasma obwohl es hauptsächlich aus Wasser besteht offenbar wegen seines Volumenanteils (55 % des Blutes), und doch verbietet sie auch Leukozyten, die weniger als ein Prozent des Blutes ausmachen!
dass es für diese Haltung weder moralische noch logische Gründe gibt, sieht man auch daran, dass Muttermilch Leukozyten enthält, und zwar mehr, als in einer vergleichbaren Menge Blut zu finden ist. Blut enthält etwa 4.000 bis 11.000 Leukozyten pro Kubikmillimeter, während Muttermilch während der ersten paar Monate der Laktation bis zu 50.000 Leukozyten pro Kubikmillimeter aufweisen kann. Das ist fünf- bis zwölfmal mehr als der Gehalt im Blut.
Damit bleiben noch Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Blutplättchen auf der Verbotsliste übrig. Wie steht es nun um die zulässigen Bestandteile?
Man muss als wichtigen Punkt im Sinn behalten, dass die Wachtturm-Organisation sich bei ihrer Argumentation sehr stark auf die Bestimmungen im mosaischen Gesetz stützt, nach denen das Blut geschlachteter Tiere ausgegossen werden musste, was ihren Einwand gegen jedes Lagern von Menschenblut rechtfertigen soll. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass die zulässigen Blutbestandteile von ihr als eine nur unerhebliche Menge an Blut bezeichnet werden. Nun vergegenwärtige man sich einmal die folgenden Tatsachen in bezug auf die Bestandteile, die die Organisation als zulässig einstuft:
Einer dieser Bestandteile ist Albumin. Albumine werden in erster Linie bei Verbrennungen und schweren Blutungen eingesetzt. Jemand mit Verbrennungen dritten Grades über 30 bis 50 Prozent seiner Körperoberfläche müsste etwa 600 Gramm Albumin erhalten. Das würden die Richtlinien der Wachtturm-Gesellschaft erlauben. Wieviel Blut benötigt man, um diese Menge zu extrahieren? Es wären 10 bis 15 Liter erforderlich, um diese Menge an Albumin herzustellen. Das ist wohl kaum eine "geringe Menge." Außerdem ist klar, dass die vielen Liter Blut, denen das Albumin entzogen wird, gelagert und nicht "ausgegossen" wurden.
Ähnlich verhält es sich mit den Immunglobulinen (Gammaglobulinen). Um genügend Gammaglobulin zur Injektion herzustellen (Personen, die in gewisse südliche Länder reisen, darunter auch Zeugen Jehovas, unterziehen sich einer solchen Impfung zum Schutz gegen Cholera), sind an die 3 Liter Blut als Grundlage nötig. Das ist immer noch mehr Blut, als im allgemeinen für eine übliche Transfusion eingesetzt wird. Und nochmals: Das Gammaglobulin wird aus gelagertem Blut gewonnen, nicht aus "ausgegossenem."
Bleiben noch die Hämophiliepräparate (Faktor VIII und IX). Ehe diese Präparate in Gebrauch kamen, lag die durchschnittliche Lebenserwartung eines Bluters in den 1940er Jahren bei 16,5 Jahren. Heute kann ein Bluter dank der aus dem Blut gewonnenen Präparate ein normales Lebensalter erreichen. Um die Menge an Präparaten herzustellen, die einen Bluter über eine solche Zeitspanne am Leben erhalten kann, sind Auszüge aus schätzungsweise 10.000 Litern Blut erforderlich. Auch wenn die Hämophiliepräparate selbst nur einen Bruchteil dieser Gesamtmenge ausmachen, muss man angesichts der Herkunft fragen, wie gesagt werden kann, hier sei nur eine "geringe Menge" Blut im Spiel?
Die Verwendung eines jeden dieser Blutbestandteile bringt offensichtlich mit sich, dass große, ja enorme Mengen von Blut gelagert werden. Einerseits verfügt die Wachtturm-Organisation, dass die Gabe dieser Bestandteile zulässig sei und damit auch die mit der Gewinnung und Herstellung verbundene Lagerung , doch andererseits sagt sie, sie sei gegen jede Lagerung von Blut, da diese in der Bibel verurteilt werde. Und allein darauf beruft sie sich bei ihrem Verwendungsverbot von autologem Blut (eine gewisse Menge Eigenblut einer Person wird gelagert und während oder nach einem chirurgischen Eingriff dem Kreislauf wieder zugeführt). Es ist eindeutig, dass diese Haltung willkürlich, inkonsequent und in sich widersprüchlich ist. Man kann nur schwer glauben, dass diejenigen, die eine solche Politik formuliert haben, wie auch die Schreiber der Erklärungen und Rechtfertigungen, nicht über die Tatsachen informiert sind und die Inkonsequenz und Willkürlichkeit nicht zu sehen vermögen. Doch das allein könnte sie davor bewahren, mit ihrer Haltung auch noch als unredlich bezeichnet zu werden.
In Sachen Gesundheit und medizinischer Behandlung Entscheidungen vorzugeben dieses zu verbieten und jenes zu erlauben heißt, sich auf gefährlichem Boden zu bewegen. In einem Fall erzeugen wir vielleicht eine irrationale Angst, in einem anderen Fall wiegen wir jemanden in falsche Sicherheit. Weise und bescheiden ist es, die Verantwortung für die Entscheidung solcher Alternativen dort zu belassen, wo sie eigentlich hingehört, nämlich beim Gewissen des einzelnen.
Wachtturm-Artikel über das Blut betonen die "kompromisslose" Haltung, die die Organisation gegenüber dem Blut einnehme, und loben häufig die eigenen Vorgehensweisen als Schutz der Gesundheit und des Lebens ihrer Mitglieder. Nur selten jedoch, wenn überhaupt, liest man irgendwelche Meldungen oder Erfahrungen, die gegen diese Vorgehensweisen sprechen.
In neueren Artikeln wird behauptet, die Politik der Organisation habe Mitglieder davor bewahrt, sich AIDS zuzuziehen. Ein Artikel in Erwachet!, Ausgabe vom 8.Oktober 1988, stellt diese Behauptung auf. Derselbe Artikel weist auf Seite 11 darauf hin, dass Anfang 1985 die meisten der 10.000 Amerikaner, die damals an einer schweren Form der Bluterkrankheit litten, mit dem Aids-Virus infiziert worden waren. Die Erwachet!-Ausgabe vom 22.Oktober 1990 aktualisiert das auf Seite 8: Die Reihen der Bluter, von denen die meisten mit Gerinnungsfaktoren auf Plasmabasis behandelt werden, lichteten sich. In den Vereinigten Staaten wurden 60 bis 90 Prozent von ihnen mit Aids infiziert, bevor man ein Verfahren einführte, bei dem die Medikamente erhitzt und so die Aidsviren abgetötet werden. Ähnlich stellt der Wachtturm vom 15.Juni 1985 in einem Artikel mit der Überschrift "Großbritannien, Blut und Aids" auf Seite 30 fest, dass "etwa 70 Millionen Einheiten des Faktor-VIII-Konzentrats" aus den Vereinigten Staaten eingeführt wurden, um britische Bluter zu behandeln, und fährt dann fort: Durch den Import dieser Blutprodukte scheint der AIDS-Erreger nach Großbritannien gelangt zu sein.
Während alle diese Artikel den Schutz aufgrund der Politik der Organisation in bezug auf Blut über den grünen Klee loben, gibt es da etwas, auf das sie ihre Leser hinzuweisen versäumen. Alle jene Bluter, die auf diese Weise infiziert worden waren, steckten sich nämlich in erster Linie durch eine Quelle an, die die Wachtturm-Gesellschaft offiziell für zulässig erklärt hatte: Faktor-VIII-Bluterpräparate, gewonnen aus Plasma. Wie Erwachet! vom 22.Oktober 1990 auf den Seiten 7 und 8 zeigt, sind einige Fälle von Aidsinfektion auch aufgrund von "Gewebetransplantationen" aufgetreten, die die Organisation ebenfalls als "zulässig" bezeichnet.
All das zeigt, wie töricht und auch vollkommen verkehrt es ist, wenn eine Organisation meint, sie habe die Weisheit und die von Gott verliehene Autorität, ein komplexes Normengefüge mit fachlichen Unterscheidungen zu entwickeln und dieses dann Menschen als verpflichtende moralische Vorschrift aufzwingen zu dürfen, indem für sie entschieden wird, in welchem Fall und unter welchen Umständen eine Sache außerhalb oder innerhalb der persönlichen Gewissensfreiheit liegt.
Das mit der Übertragung von Blut und Blutbestandteilen oder -fraktionen verbundene Risiko besteht. Es ist aber gleichzeitig auch wahr, dass Menschen bei Operationen infolge massiver Blutungen sterben können. Damit käme natürlich die Verwendung von Eigenblut, das bis zu einem Eingriff gelagert wird, Personen entgegen, die Infektionen durch Blut vermeiden wollen. Und doch maßt sich, wie wir schon gesehen haben, die Organisation die Machtbefugnis an, zu erklären, dies sei keine Sache der eigenen Entscheidung. Sie verbietet selbst die Verwendung von Blut, das "während der Operation gesammelt wird" (wobei während der Operation etwas Blut in einen Plastikbehälter abgeleitet und später dem Körper wieder zugeführt wird). Und viele tausend Menschen sind bereit, ihr Recht, in solch lebenswichtigen Dingen eine eigene Entscheidung zu treffen, abzutreten und einer Organisation zu gestatten, für sie zu entscheiden, obgleich deren Geschichte zeigt, dass sie nicht bereit ist, die Verantwortung für den Schaden zu übernehmen, den ihre Anweisungen vielleicht verursachen. Fast völlig nur mit günstigen Aussagen und Erfahrungsberichten vollgestopft, bekommen sie selten, wenn überhaupt, die negativen Faktoren genannt.
Man führe sich nur ein einziges Beispiel vor Augen, das aus einem Artikel der Zeitschrift Discover vom August 1988 stammt. Ab einem Alter von 42 Jahren waren einer Zeugin über einen Zeitraum von mehreren Jahren rezidivierende Blasentumoren entfernt worden. Bei diesem letzten Mal hatte sie übermäßig lange mit dem Arztbesuch gewartet, sie hatte starke Blutungen und war schwer anämisch. Sie bestand darauf, keine Transfusion erhalten zu wollen, und diese Weigerung wurde respektiert. Eine ganze Woche lang versuchten Urologen ohne Erfolg, die Blutungen zu stoppen. Ihr Blutbild verschlechterte sich weiter. Die Ärztin, die den Artikel schrieb, schildert, was dann geschah:
Als ihre Blutwerte weiter sanken, kam Frau Peyton allmählich in Atemnot. Die Körperorgane benötigen zur Funktion eine gewisse Menge Sauerstoff. Dieser Sauerstoff wird durch Hämoglobinmoleküle in den roten Blutkörperchen aus den Lungen an die Peripherie transportiert. . . . Das medizinische Team verabreichte Frau Peyton zusätzlichen Sauerstoff durch eine Atemmaske, bis sie praktisch reines O2 einatmete. Die wenigen roten Blutkörperchen, die sie noch hatte, waren voll beladen doch es gab nicht genug davon. um den von ihrem Körper benötigten Brennstoff zu transportieren.
Ihr Lufthunger nahm zu und ihre Atemfrequenz stieg. Sie wurde immer benommener, und schließlich machten zwangsläufig die Herzmuskelfasern klar, wie verzweifelt sie Sauerstoff nötig hätten. Sie bekam schwerste, lebensbedrohliche Brustschmerzen.
Die Ärztin, die den Artikel schrieb, berichtet über ihre Empfindungen beim Betreten des Krankenzimmers:
Als ich in den Raum ging, [...] war ich erschreckt über die Szene, die ich da vor mir hatte. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit aller war eine große Frau mit einer Sauerstoffmaske, die nach Luft schnappte und schneller atmete, als es menschenmöglich schien. Am Kopfende des Bettes waren drei Bekannte, Mitverbundene ihrer Kirche [Zeugen], die ihr beistanden. . . . An ihrer Seite standen mehrere Ärzte einer überwachte ihren sinkenden Blutdruck, ein weiterer entnahm einer Arterie etwas Blut. Die Flüssigkeit, die langsam die Kanüle füllte, hatte die Konsistenz von Hawaii-Punsch; ihre Untersuchung ergab einen Hämatokrit-Wert von nur 9 [normal wäre 40 gewesen]. Vom Bettgeländer hing ein Beutel mit kirschrotem Urin. Die Frau lag im Sterben. Ihre EKG-Kurven wiesen die tiefen Abfälle auf, die auf ein gepeinigtes Herz hinweisen. Es wäre nur eine Sache von Stunden, und der Schaden, für den sie standen, würde irreversibel werden.
Die Frau erlitt einen Herzstillstand. Ein Team von Ärzten begann mit kardiopulmonaler Reanimation, gab Epinephrin und Atropin, dann eine Elektrostimulation. Das Herz fing an zu schlagen, hörte dann wieder auf. Noch eine kardiopulmonale Reanimation, weiteres Epinephrin und Atropin, nochmals Elektrostimulation und wieder kardiopulmonale Reanimation. Das ging eine Stunde lang so weiter, bis keine Hoffnung mehr bestand und es keinen Sinn mehr hatte. Die Patientin war tot und konnte nicht wiederbelebt werden.
Die Ärztin, von der diese Schilderung stammt, charakterisierte die Frau nicht einfach als fanatisch. Sie schreibt:
Es handelte sich, so sagte man mir, um eine intelligente Frau, die vollkommen verstand, welche Folgen ihre Entscheidung habe. Aber ihr Urteil entsprang, so schien es mir, einem blinden Fleck, den ihr Glaube bei ihr verursacht hatte.
Hier war eine Frau, die das wiederholte Problem hatte, von Zeit zu Zeit operiert werden zu müssen. Da ihr das bekannt war, hätte ihr vielleicht die Eigenblutkonservierung als sichere und ratsame Verfahrensweise zusagen können. Das "theokratische Gesetz" schloss das jedoch aus. Der Gehorsam gegenüber dem "theokratischen Gesetz" ließ ihr in dieser Sache keine eigene Wahl.
Wäre die Politik der Organisation wirklich biblisch begründet, dann wäre jedes Leiden, das eine Folge des Festhaltens an dieser Politik ist wie schädliches Aufschieben oder Vermeiden von Operationen aus Besorgnis oder Unsicherheit in Blutdingen; selbst der Verlust des Lebens, weil man sich Gott gegenüber verpflichtet fühlt, alle Blutbestandteile bis auf die "erlaubten" zurückzuweisen , einfach als Leiden anzusehen, dem sich zu stellen ein Diener Gottes bereit sein muß. Viele Zeugen Jehovas halten in dieser Hinsicht sehr aufrichtig an den Maßstäben der Organisation fest. Einige haben sogar mitangesehen, wie ihre kleinen Kinder als Folge davon starben, und es wäre ein grausames Unrecht, zu unterstellen, dies sei auf einen Mangel an elterlicher Liebe zurückzuführen. Sie haben einfach angenommen, dass die Maßstäbe und Vorgehensweisen der Organisation wie komplex oder sogar verwirrend sie auch immer sein mögen biblisch begründet und damit von Gott angeordnet seien. Und dabei gibt es nur wenige Ansprüche, die auf noch schwächeren Beinen stehen.
Wie schon bemerkt, dreht sich vieles in der Argumentation der Wachtturm-Gesellschaft um Texte aus den Hebräischen Schriften, großenteils aus den Bestimmungen des mosaischen Gesetzes. Obwohl die Gesellschaft anerkennt, dass Christen nicht unter diesem Gesetz stehen, wird oft der Text aus 1.Mose 9, Verse 1-7 angeführt. Dort heißt es:
Und Gott fuhr fort, Noah und seine Söhne zu segnen und zu ihnen zu sprechen: Seid fruchtbar, und werdet viele, und füllt die Erde. Und Furcht vor euch und Schrecken vor euch wird weiterhin auf jedem lebenden Geschöpf der Erde und auf jedem fliegenden Geschöpf der Himmel sein, auf allem, was sich am Erdboden regt, und auf allen Fischen des Meeres. In eure Hand sind sie jetzt gegeben. Jedes sich regende Tier, das am Leben ist, möge euch zur Speise dienen. Wie im Fall der grünen Pflanzen gebe ich euch gewiss das alles. Nur Fleisch mit seiner Seele seinem Blut sollt ihr nicht essen. Und außerdem werde ich euer Blut, das eurer Seelen, zurückfordern. Von der Hand jedes lebenden Geschöpfes werde ich es zurückfordern; und von der Hand des Menschen, von der Hand eines jeden, der sein Bruder ist, werde ich die Seele des Menschen zurückfordern. Wer Menschenblut vergießt, dessen eigenes Blut wird durch Menschen vergossen werden, denn im Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht. Und ihr, seid fruchtbar, und werdet viele, lasst die Erde von euch wimmeln, und werdet viele auf ihr.
Es wird behauptet, dass diese Gebote immer noch auf alle Menschen Anwendung finden, da alle von Noah und seinen Söhnen abstammen. Es wird unterstellt, dass die Bestimmungen über Blut im mosaischen Gesetz daher einfach als Wiederholung oder nähere Ausführung der früher aufgestellten Grundbestimmung zu betrachten und folglich noch in Kraft seien. Andernfalls wäre es sinnlos, Texte daraus als für das Thema von Bedeutung anzuführen, da Christen nicht unter dem mosaischen Gesetz stehen. Die dem Noah gegebene göttliche Bestimmung über Blut gilt angeblich bis in alle Ewigkeit.
Wenn dies so ist, sollte dasselbe dann nicht auch für die Begleitgebote gelten, "fruchtbar zu sein und viele zu werden", "die Erde von euch wimmeln" zu lassen und "viele auf ihr" zu werden"? Und wenn auch das stimmt, welche Rechtfertigung hat die Wachtturm-Gesellschaft dafür, dass sie nicht nur dazu ermuntert, ledig zu bleiben, sondern verheirateten Zeugen auch rät, "kinderlos" zu bleiben? Unter der Überschrift "Elternschaft heute" heißt es im Wachtturm vom 1.März 1988 auf Seite 21, da für die Erfüllung des Predigtauftrags nur noch eine "begrenzte Zeit" zur Verfügung stehe, sei es daher angebracht, dass sich Christen fragen, wie es sich auf ihren Anteil an diesem wichtigen Werk auswirken wird, wenn sie heiraten oder, sofern sie verheiratet sind, wenn sie sich ihren Wunsch nach Kindern erfüllen. Es wird zwar anerkannt, dass Elternschaft ein Teil des Auftrags Gottes nach der Sintflut war, doch dann heißt es (Seiten 25, 26): Heute ist das Hervorbringen von Kindern kein ausdrücklicher Bestandteil der Aufgabe, die Jehova seinem Volk übertragen hat. . . Ob ein Ehepaar in der heutigen Zeit des Endes Kinder haben möchte oder nicht, ist eine persönliche Angelegenheit, die jedes Paar selbst entscheiden muss. Doch da ,die verbleibende Zeit verkürzt ist', würden Ehepaare gut daran tun, sorgfältig und gebetsvoll zu erwägen, was dafür und was dagegen spricht, in der heutigen Zeit Kinder zu haben. Wenn Jehovas Worte an Noah, ,fruchtbar zu sein und zu wimmeln', in dieser Weise als nicht mehr zutreffend beiseite geschoben werden können, wie kann man dann konsequent das Argument vorbringen, Seine Worte in bezug auf Blut seien aber weiter in Kraft, und auf dieser Grundlage auch die Aussage rechtfertigen, die Verfügungen über Blut im mosaischen Gesetz seien für Christen heute noch gültig?
Was jedoch noch mehr ins Gewicht fällt: Den Worten aus 1.Mose wird eine ganz andere Bedeutung unterlegt als das, was sie eigentlich meinen. Wer den Text liest, wird feststellen, dass Gott hier über Blut allein im Zusammenhang mit dem Töten von Tieren und danach mit dem Töten von Menschen spricht. Wenn das Blut von Tieren ausgegossen wurde, erkannte man damit an, dass ihnen das Leben (zur Speise) nur aufgrund göttlicher Zustimmung, nicht durch Naturrecht, genommen wurde. Beim Menschen forderte das Vergießen von Blut das Leben dessen, der es vergossen hatte, weil menschliches Leben eine Gabe Gottes ist und Er nirgendwo erlaubt hat, dass Menschen es willentlich nehmen dürfen. Das vergossene Blut getöteter Tiere und Menschen steht für ihr verlorenes Leben. Dasselbe trifft auch auf die regelmäßig angeführten Texte aus dem mosaischen Gesetz zu, in denen gefordert wurde, das Blut müsse "ausgegossen" werden. In allen Fällen ist ganz eindeutig das Blut getöteter Tiere gemeint. Das Blut stellte genommenes Leben dar, nicht Leben, das noch in einem Tier ist.
Bluttransfusionen geht aber keine Tötung von Tieren oder Menschen voraus. Hier kommt das Blut von einem lebenden Spender, und dieser Spender bleibt auch weiter am Leben. Statt jemandes Tod zu versinnbildlichen, wird dieses Blut zu genau dem entgegengesetzten Zweck verwandt, nämlich zur Erhaltung von Leben. Ich sage das nicht, um Bluttransfusionen als erwünschte Praxis darzustellen, die ohne Zweifel richtig ist, sondern nur um zu zeigen, dass zwischen der Verfügung aus 1.Mose über das Töten von Tieren und das Essen ihres Blutes sowie der Verwendung von Blut bei Transfusionen kein wirklicher Zusammenhang besteht. Eine solche Parallele besteht einfach nicht.
Im Dezember 1981 schrieb ein Mann, der damals mit Jehovas Zeugen studierte, an die Wachtturm-Gesellschaft und brachte seine Schwierigkeit zum Ausdruck, die Vorgehensweise bei Blutübertragungen mit den Schriftstellen in Einklang zu bringen, die als Grundlage angeführt werden. In seiner Darlegung der Texte kommt er zu Schlussfolgerungen, die den gerade getroffenen ähnlich sind:
Die zuvor angeführten Passagen scheinen mir also zu zeigen, dass die Verbote in der Bibel gegen den Blutgenuss sich nur auf die Situation beziehen, wo der Mensch das Opfer tötet und das Blut dann verwendet, ohne es Gott zurückzugeben, der allein das Recht hat, Leben zu nehmen.
Ich war jedoch besonders von der folgenden Aussage gegen Ende seines Briefes beeindruckt:
Ein weiterer Punkt bei dieser Sache hat mir zu denken gegeben: Jehovas Zeugen sagen, Gott verbiete das Essen von Blut deshalb, weil es das Leben darstelle, das in seinen Augen sehr wertvoll ist, und weil er dem Menschen durch das Verbot, Blut zu essen, den Wert des Lebens nachdrücklich vor Augen führen wolle. Das leuchtet mir auch sehr ein. Ich kann allerdings nicht erkennen, warum das Symbol mehr Wert haben soll als die Wirklichkeit, für die es steht.
Zugegeben, in den meisten Fällen haben Blutübertragungen nur wenig Wert oder sind sogar schädlich. Und doch ist bei einem sehr geringen Prozentsatz der Fälle Blut das einzig mögliche Mittel, Leben zu erhalten, bis eine andere Behandlung möglich ist, z.B. bei massiven inneren Blutungen, die nicht sofort gestoppt werden können. In einer solchen Situation jemanden sterben zu lassen, nur um das Symbol für Leben zu schützen, scheint mir ein Widerspruch in sich zu sein und zu heißen, dem Symbol ein größeres Gewicht zu geben als der Wirklichkeit, für die es steht.
. . . Wie Jehovas Zeugen glaube auch ich fest daran, dass ein wahrer Christ bereit sein sollte, sein Leben im Glauben an Gott zu geben, wenn das von ihm gefordert wird. Aber es zu geben, wenn Gott es nicht wirklich fordert oder wünscht, hat für mich nicht den geringsten Wert.
Gesetze, die das Ausgießen von Blut gebieten, als Grundlage für das Verurteilen einer Lagerung von Blut zu nehmen, heißt letztendlich, den eigentlichen Sinn dieser Gesetze zu verkennen. Der Textzusammenhang zeigt, dass die Israeliten deshalb das Blut getöteter Tiere ausgießen mussten, damit sichergestellt war, dass das Blut nicht gegessen wurde, nicht, damit sie es nicht aufbewahren konnten. Ein Aufbewahren stand überhaupt nicht zur Debatte. Solche Gesetze in derartiger Weise anzuwenden, ist unlogisch und reine Manipulation von Tatsachen; es wird ihnen eine Bedeutung aufgezwungen, die sie weder direkt noch indirekt hatten.
Da Christen nicht unter einem geschriebenen Gesetz stehen, sondern unter dem "königlichen Gesetz der Liebe" und dem "Gesetz des Glaubens", verdienen diese Punkte gewiß ernsthaftes Erwägen und Nachsinnen. Zeigen wir wirklich Wertschätzung für die Kostbarkeit des Lebens, wenn wir uns in entscheidenden Situationen von willkürlichen Vorgehensweisen etwas vorschreiben lassen? Zeugt es von Liebe zu Gott oder von Nächstenliebe, das ohne eindeutige Aussage in Gottes Wort als Stütze zu tun?
Der Text, den die Wachtturm-Gesellschaft zweifellos am häufigsten in ihrer Argumentation verwendet, steht in Apostelgeschichte 15:28, 29. Diese Verse haben die Entscheidung eines Konzils in Jerusalem zum Inhalt; es heißt dort unter anderem: . . . euch von Dingen zu enthalten, die Götzen geopfert wurden, sowie von Blut und von Erwürgtem und von Hurerei. An späterer Stelle in diesem Kapitel wird anhand der Schrift gezeigt, dass damit kein bindendes Gesetz aufgestellt wurde. Das ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil die Erklärung die wichtigste Grundlage für das Argument der Gesellschaft ist, die Bestimmungen im mosaischen Gesetz seien auf das Christentum übertragbar. Obwohl das erst später besprochen wird, kann schon gesagt werden, dass sich der dringende Rat, sich "von Blut zu enthalten", eindeutig auf das Essen von Blut bezieht. Der Wachtturm vom 1.September 1978 (Seite 23) zitiert denn auch Prof. Eduard Meyer mit den Worten, der Sinn von "Blut" sei hier der Blutgenuss, der durch das Noah und damit der gesamten Menschheit Gen. 9,4 auferlegte Gebot untersagt wird. Dieser "Genuss" fand durch Essen statt.
Es ist daher eine wichtige Frage, ob sich zeigen lässt, dass die Übertragung von Blut ein "Essen" von Blut ist, wie die Wachtturm-Organisation behauptet. Für solch eine Behauptung besteht nun wirklich keine vernünftige Grundlage. Natürlich gibt es in der Medizin Methoden "intravenöser Ernährung", wobei besonders aufbereitete Flüssigkeiten, die Nährstoffe wie Glukose enthalten, in die Venen infundiert werden und der Ernährung dienen. Eine Bluttransfusion ist jedoch, wie Mediziner wissen und die Wachtturm-Gesellschaft gelegentlich zugegeben hat, keine intravenöse Ernährung; eigentlich handelt es sich um eine Transplantation (von flüssigem Gewebe), nicht um die Infusion einer Nährlösung. Bei einer Nierentransplantation wird die Niere vom Empfänger nicht als Nahrung aufgenommen. Es bleibt eine Niere mit derselben Gestalt und Funktion. Das gleiche gilt beim Blut. Es wird bei der "Transplantation" in einen anderen Körper nicht als Nahrung aufgenommen. Es bleibt in Gestalt und Funktion dasselbe Flüssiggewebe. Es ist den Körperzellen nicht möglich, das transplantierte Blut als Nahrung zu verwerten. Dazu müsste das Blut zuerst einmal den Verdauungstrakt passieren und aufgeschlossen und aufbereitet werden, damit die Zellen es aufnehmen könnten es müsste also wirklich buchstäblich gegessen werden, um als Nahrung dienen zu können.
Wenn Mediziner meinen, eine Blutübertragung sei nötig, dann nicht, weil der Patient fehlernährt ist. Meistens geschieht es deshalb, weil der Patient unter Sauerstoffmangel leidet; nicht, weil ihm Nährstoffe fehlen. Und das ist auf das Fehlen genügender Transportstoffe für eine ausreichende Sauerstoffversorgung zurückzuführen, nämlich die Sauerstoff transportierenden roten Blutkörperchen. In einigen weiteren Fällen wird Blut aufgrund des Bedarfs an anderen Faktoren gegeben, z.B., wenn Gerinnungsfaktoren (wie Blutplättchen), Antikörper enthaltende Immunglobuline oder andere Bestandteile nötig sind, aber auch hier nicht als "Nährstoff."
In ihrem Bemühen, um die Tatsache herumzukommen, dass eine Transfusion kein Essen von Blut ist und keine "Ernährung" des Körpers bezweckt, versucht die Wachtturm-Gesellschaft oft, die Sache dadurch willkürlich auszuweiten, dass sie den Begriff "ernähren" mit dem Ausdruck "Leben erhalten" verbindet oder den ersten durch den zweiten ersetzt. Dieses Ablenkungsmanöver dient allein dem Zweck, das Thema zu vernebeln. Ernährung des Körpers durch Essen und Erhaltung des Lebens kann man nicht gleichsetzen. Essen ist nur eines der Mittel, Leben zu erhalten. Wir erhalten unser Leben auf viele andere ebenso wichtige Weisen aufrecht: durch das Atmen; indem wir Wasser oder andere Flüssigkeiten zu uns nehmen; dadurch, dass wir unsere Körpertemperatur innerhalb des Bereichs halten, in dem Leben möglich ist; schließlich auch durch Schlafen oder Ausruhen. In den Zitaten der Bibel über Blut ist nicht vom erweiterten Aspekt der "Erhaltung des Lebens" die Rede; es geht dort vielmehr um die spezifische Handlung, Blut zu essen, und zwar eindeutig das Blut von getöteten Tieren. Wenn ein Israelit Fleisch aß, das Blut enthielt, hing von diesem Blut nicht die "Erhaltung" seines Lebens ab dazu genügte allein schon das Fleisch, ob ohne oder mit Blut darin. Es ging nicht darum, ob durch das Essen des Blutes sein Leben "erhalten" wurde oder nicht. Das Essen von Blut an sich war verboten, und die Beweggründe oder die letzten Konsequenzen des Blutessens wurden in den Gesetzen zum Blut nicht behandelt.
Durch das ungerechtfertigte Einbringen des Konzeptes
von der "Erhaltung des Lebens" hat die Wachtturm-Organisation das Thema
vernebelt. Das erlaubt ihr, bei den Mitgliedern die Vorstellung durchzusetzen,
jeder, der eine Bluttransfusion annehme, zeige Verachtung für das
lebengebende Lösegeld, das Christus durch sein geopfertes Blut beschafft
hat. Wie doppelzüngig diese Argumentationsweise ist, erkennt man daran,
dass die Blutbestandteile, die die Mitglieder der Wachtturm-Organisation
erhalten dürfen, oftmals eben deshalb gegeben werden, um Leben zu
retten oder zu "erhalten", wie Faktor-VIII-Präparate, die man Blutern
gibt, oder Immunglobuline, die zum Schutz vor gewissen lebensbedrohenden
Krankheiten injiziert werden oder die Kleinkinder vor dem Tod aufgrund
einer Rh-Unverträglichkeit bewahren sollen. Es ist ungerecht und lieblos,
die Beweggründe von Menschen. die ihr Leben oder das von ihnen Nahestehenden
retten wollen, anzuzweifeln, nur weil sie sich nicht an bestimmte Vorschriften
und Verbote einer Religionsgemeinschaft halten, und ihnen einen Mangel
an Glauben zu unterstellen, wo es dafür ganz einfach keine Grundlage
in der Heiligen Schrift oder sonstwo gibt. Das ist der Versuch, ihnen Schuldgefühle
aufzubürden, die ihren Ursprung in menschlichen Maßstäben
haben, aber nicht in göttlichen.
letzte Aktualisierung: 12. 5. 2000
Web-Adresse: http://geocities.datacellar.net/athens/ithaca/6236/franz09a.htm
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