Propaganda: Teil 1

Indoktrination und Manipulation

 

ES IST SCHON EINIGERMAßEN ÜBERRASCHEND, dass sich die überwiegende Anzahl der Artikel in Verbindung mit der Blutfrage mit „medizinischen Gründen“, die gegen Bluttransfusionen sprechen, beschäftigt, da die Gesellschaft ja behauptet, sie stütze sich beim Blutverbot einzig und allein auf die Bibel. Die religiösen Argumente werden am Anfang der Artikel jeweils in wenigen Absätzen behandelt, und das selbst in Artikeln, die sich ausschließlich mit dieser Frage befassen; der Rest der Artikel behandelt dann in endlosen Ausführungen die Gefahren einer Blutübertragung.

In ihrem Bemühen zu beweisen, wie gefährlich Bluttransfusionen sind, erhält die Gesellschaft durch Artikel in medizinischen Zeitschriften oder in der Tagespresse große Unterstützung. Es liegt in der Natur der medizinischen Behandlung, dass Bluttransfusionen grundsätzlich gefährlich sind. Bluttransfusionen werden ja nur angewandt, wenn der Patient sich in Lebensgefahr befindet. Wäre der Patient nicht in der Gefahr, durch die Folgen einer Krankheit oder eines Unfalls sein Leben zu verlieren, so wäre es nicht nötig, das komplizierte Verfahren einer Transfusion des Blutes eines anderen Menschen anzuwenden. Blut ist immerhin ein flüssiges Organ, und eine Bluttransfusion ist demnach immer auch eine riskante Organtransplantation. Jeder Mensch ist zudem immunologisch völlig einzigartig. Die Gefahren, die sich daraus für Organtransplantationen ergeben, werden in allen Einzelheiten in ernsthaften medizinischen Zeitschriften erörtert. In den Artikeln, in denen Ärzte sich gegenseitig dringend zur Vorsicht mahnen, findet die WTG natürlich einen endlosen Vorrat an nützlichen Zitaten. Indem sie diese Zitate in cleverer Weise aneinanderreiht, erweckt sie den Eindruck, dass die Annahme einer Bluttransfusion fast so gefährlich ist wie russisches Roulette.

„Eine Flasche Blut ist eine Bombe“ ... „Das Blutspenden kann mit dem Übersenden einer geladenen Pistole an eine arglose oder unvorbereitete Person verglichen werden. . . “ Jehovas Zeugen und die Blutfrage, 1977, S. 41
„'Ein geladenes Gewehr'
• „Die amerikanische Öffentlichkeit wird ständig vor den Gefahren der Trunkenheit am Steuer, des Rauchens, des Krebses, der Narkotika usw. gewarnt“, heißt es in „Oasis“, einer Zeitschrift, die für Angestellte der Sozialversicherung der USA herausgegeben wird. „Aber“, so ist weiter zu lesen, „hat man je eine Warnung vor Bluttransfusionen vernommen? Über Transfusionsgefahren steht ein recht umfassender Aufschluss zur Verfügung .... in Ärztezeitschriften und dergleichen, doch man hört sehr wenige, falls überhaupt irgendwelche Warnungen. Sicherlich wird nicht jede Transfusion eine Reaktion oder eine Krankheit zur Folge haben, aber ein Autor sagte dazu: ,Es ist genauso, als ob man flüssiges russisches Roulett spiele.' Nicht jeder betrunkene Autofahrer verursacht einen tödlichen oder anderen Unfall, nicht jeder Raucher bekommt Lungenkrebs, . . . nicht mit jedem geladenen Gewehr wird jemand erschossen, aber dennoch warnt man uns vor den möglichen Gefahren. . . . Jeder, der eine Bluttransfusion verabreicht, sollte, genauso wie der Generalstabsarzt vor dem Rauchen warnt, die Beteiligten davor warnen, dass Bluttransfusionen jemandes Gesundheit ebenso gefährden wie ein geladenes Gewehr.“
(Der Wachtturm, 1. September 1976, S. 528, Fettdruck im Original, der gleiche Ausdruck „ russisches Roulett“ wird auch im Wachtturm vom 15. Oktober 1975, S. 638 und in den Erwachet!-Ausgaben vom 8. April 1991, S. 29 und 22. Oktober 1990, S. 9 gebraucht.)

Zeugen Jehovas, jung wie alt, sind demnach einem endlosen Strom an Schauergeschichten über die Gefahren von Bluttransfusionen ausgesetzt. Diese Begebenheiten entsprechen zwar den ursprünglichen Tatsachen, aber der Gesamteindruck, den die Gesellschaft vermittelt, gibt ein verzerrtes Bild wieder. Diese Vorgehensweise ist unehrlich und irreführend.

Um die Idee aufrechtzuerhalten, dass Bluttransfusionen nahezu einem Selbstmord gleichkommen, müssten wir davon überzeugt sein, der ganze medizinische Berufsstand - die Menschen, die mit Bluttransfusionen arbeiten, die auf dem Gebiet forschen und die sie verabreichen - sei sich der Gefährlichkeit ihrer Tätigkeit nicht bewusst oder sie würden sie zynischerweise leugnen, um ihr irgendwie gelagertes sadistisches Verlangen, Bluttransfusionen zu verabreichen, zu befriedigen. Die Gesellschaft hat sich nicht davon zurückgehalten, den Krankenberufen diese schlechten Beweggründe zu unterstellen, ja sie hat sogar behauptet, sie wären unter der Kontrolle Satans.

„Von allen Seiten wird der Glaube der Zeugen Jehovas angegriffen - von der Geistlichkeit der Christenheit, die die Königreichsbotschaft, die wir von Haus zu Haus verbreiten, hasst, von Abtrünnigen, die mit der Geistlichkeit der Christenheit zusammenarbeiten, von Medizinern, die uns und unseren Kindern Bluttransfusionen aufzwingen wollen, von atheistischen Wissenschaftlern, die den Glauben an Gott und die Schöpfung ablehnen, und von Personen, die uns zu Zugeständnissen in bezug auf unsere Neutralität zwingen wollen. All das wird von Satan, dem Herrscher der Finsternis und Unwissenheit, dem Feind genauer Erkenntnis, inszeniert.“ (Der Wachtturm, 1. Dezember 1989, S. 12; Hervorhebung durch uns)

Diese paranoide Haltung trägt kaum dazu bei, das Vertrauen in die medizinischen oder juristischen Argumente der Gesellschaft zu stärken. Wir haben bereits gezeigt, dass die WTG, im Gegensatz zu dem medizinischen Berufsstand, den Kriterien „unehrlich und irreführend“ genügt, zumindest wenn es um Gesundheitsfragen geht. Sollte man der WTG heute mehr Glauben schenken, wenn sie behauptet, eine Bluttransfusion wäre eine schreckliche Greueltat, als damals, als sie den Standpunkt vertrat, eine Mandeloperation wäre schlimmer als Selbstmord, oder Impfungen wären ein Verbrechen an der Menschheit, oder eine Herzverpflanzung würde dazu führen, dass dem Empfänger auch die Persönlichkeit des Spenders mit übertragen würde. Die Gesellschaft verlangt in der Tat von uns zu glauben, sie hätte ein genaueres Fachwissen auf dem Gebiet der Medizin als die Mediziner selbst. Die bisherige Geschichte bestätigt diese Auffassung nicht.

Aus Artikeln wie dem oben angeführten geht hervor, dass die Quelle für die Ablehnung von medizinisch notwendigen Bluttransfusionen nicht das Ergebnis einer wohldurchdachten Abwägung der Risiken ist, sondern die Vorstellung, Jehovas Zeugen seien Beteiligte in einem kosmischen Kampfes zwischen Gott und Satan. Anstatt anzuerkennen, dass die Mehrheit der im Gesundheitswesen Tätigen ehrliche, hart arbeitende Leute sind, die Leben retten wollen, sagt uns die Gesellschaft, sie seien unter einem satanische Einfluss, wenn sie uns „Bluttransfusionen aufzwingen“ wollen.
 

Wir wollen keinesfalls die wirklichen Gefahren von Bluttransfusionen verniedlichen. Wie jede komplizierte medizinische Operation kann eine Bluttransfusion gefährlich sein. Aber genauso wie die WTG eine endlose Liste von Artikeln über die Gefahren von Blut geschrieben hat, genauso könnte man solche Artikel über die Gefahren von Antibiotika, Operationen am offenen Herzen, psychiatrischen Drogen, ja selbst Mandeloperationen schreiben und diese mit Zitaten namhafter und weniger namhafter Quellen belegen. Niemand mit einem bisschen gesunden Menschenverstand würde jedoch auf die Idee kommen, dass diese medizinischen Verfahren aufgegeben werden sollten. Dass über die Einzelheiten und wie häufig diese verschiedenen Methoden angewandt werden sollen, ernsthafte Debatten geführt werden, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Die Tatsache bleibt bestehen, dass Bluttransfusionen wirkungsvoll Leben retten, und dies wird in Tausenden von Berichten aus der ganzen Welt belegt. Falls das nicht der Fall wäre, würde Blut nicht in dem jetzigen Ausmaß von Ärzten, deren Hauptanliegen es ist, Leben zu retten und Krankheiten zu heilen, verwendet.


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letzte Aktualisierung: 28. 12. 1999
Web-Adresse: http://geocities.datacellar.net/athens/ithaca/6236/manip1.htm

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